Marissa Blumenthal 02 - Trauma
einstellen kann!«
»Ich hatte mal einen schlechten Marihuana-Trip«, gestand Wendy.
»Das war in Kalifornien. Immer wenn ich’s wieder mal versuchte, war es das gleiche. Da hatte ich vom Pott die Nase voll.«
»Vor kurzem habe ich in einem chinesischen Restaurant, das ich mit Robert besuchte, in einer Vision alles noch einmal erlebt. Sehr merkwürdige Sache.«
»Das hat es vielleicht ausgelöst«, sagte Wendy. »Mir kam es nämlich so vor, als sei der erste Mann ein Chinese gewesen. Zumindest ein Asiate.«
»Du tust, als wäre ich eine übergeschnappte Spinnerin«, sagte Marissa mit nervösem Auflachen. Geistige Phänomene, die sich ihrem Begriffsvermögen entzogen, bereiteten ihr Unbehagen.
»Was sollen wir jetzt machen?« fragte Wendy.
»Da die Tür abgeschlossen ist, haben wir kaum noch eine Möglichkeit«, sagte Marissa.
»Wir könnten doch in die Krankenstation auf der anderen Straßenseite gehen und von dort aus über die Fußgängerbrücke zur Klinik«, schlug Wendy vor.
»Fabelhafte Idee!« sagte Marissa. »Liegt auf der Hand, aber man muß schon ein Genie sein, um darauf zu kommen. Ja, so machen wir es!«
Wendy lächelte. Sie war stolz darauf, eine mögliche Lösung gefunden zu haben.
Wieder stiegen die beiden Frauen aus dem Auto und rannten zum Eingang der Krankenund der Notaufnahmestation gegenüber dem Hauptgebäude der Klinik. Über ihren Köpfen spannte sich die dunkle Fußgängerbrücke über die Straße.
Hier war die Tür nicht abgeschlossen, und Marissa und Wendy konnten ohne Schwierigkeiten hinein. Drinnen kamen sie über einen kurzen Flur in den Warteraum. Ein paar Männer saßen herum und blätterten in Magazinen. An der rechten Wand lag hinter Glas das Sicherheitsbüro. Direkt davor saß eine Aufnahmeschwester am Schreibtisch und las ein Taschenbuch.
»O weh«, sagte Wendy im Flüsterton.
»Nur keine Aufregung«, gab Marissa ebenso zurück. »Wir gehen einfach weiter und tun so, als ob wir hierhergehören.«
Die beiden Frauen näherten sich dem Schreibtisch und wollten gerade nach rechts in den Hauptflur einbiegen, als die Schwester ihr Buch sinken ließ.
»Kann ich Ihnen hel…«, begann sie, brach ab und sagte dann nur noch: »Entschuldigen Sie, Doktoren.«
Marissa und Wendy gaben keine Antwort, sondern lächelten die Frau nur an und gingen den Flur weiter entlang bis zu einer Wendeltreppe. Als sich die Tür zur Wendeltreppe hinter ihnen schloß, brachen sie in nervöses Kichern aus.
»Vielleicht ist es einfacher, als wir dachten«, sagte Wendy.
»Bloß nicht übermütig werden!« warnte Marissa. »Wenn wir jemandem in die Arme laufen, der uns kennt, wie zum Beispiel unseren Ärzten, dann klappt die Chose nicht.«
»Vielen Dank«, sagte Wendy. »Das hätte mir gerade noch gefehlt.« Dann stiegen sie die Treppe hinauf.
»Teufel noch mal!« murmelte Paul Abrums. Er hatte soeben den Asiaten in die Krankenstation der Frauenklinik gehen sehen. Sein Auftrag, der sich so einfach angelassen hatte, wurde zusehends komplizierter. Ursprünglich hatte er gemäß Anweisung nur Marissa beschatten sollen, feststellen, was sie im Schilde führte, und sie davor bewahren, etwas Illegales zu unternehmen. Aber dann war dieser geheimnisvolle Asiate auf der Bildfläche erschienen. Daraufhin hatte ihm Robert gesagt, er solle herausfinden, wer der Kerl war. Was war nun wichtiger? Paul wußte es nicht. Jetzt zwang ihn die Ungewißheit zum Handeln. Nachdem er die Frauen allein in die Klinik hatte gehen lassen, blieb ihm nichts anderes übrig, als dem Chinesenkerl nachzugehen.
Paul drückte die Zigarette aus, trabte über die Straße und riß die Kliniktür auf. Er konnte den Asiaten gerade noch nach rechts in einen Flur einbiegen sehen.
Schnell ging Paul weiter, wobei er aufmerksam die Umgebung musterte. Zuerst erblickte er den Schreibtisch, an dem eine Nachtschwester saß und einen Roman las. Als nächstes sah er den Warteraum, in dem ein paar Männer hockten und in Magazinen schmökerten. Hinter einer Glaswand zu seiner Rechten bewegte sich etwas. Paul verlangsamte den Schritt. Es war das Sicherheitsbüro. Drinnen sah er den Asiaten, dem er gefolgt war. Der Kerl unterhielt sich mit einem uniformierten Wachmann.
»Kann ich Ihnen helfen?« fragte die Frau am Schreibtisch. Sie hatte das Buch sinken lassen und sah Paul über die Brille hinweg an.
Paul trat an den Schreibtisch heran. Während er zerstreut eine kleine Metalldose mit Heftklammern befingerte, überlegte er, mit welchem Trick er sich
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