Marissa Blumenthal 02 - Trauma
Zusammenhang standen. Der Umfang der FCAForschung war ebenso eindrucksvoll wie die Klinik selbst. Es wurde ihnen rasch klar, daß die FCA in der Fötusund Befruchtungsforschung eine führende Rolle gespielt hatte, vor allem bei der Behandlung von Stoffwechselund Zivilisationskrankheiten durch Fötalgewebe.
Die meisten Artikel überflogen sie nur. Schriften, die sich mit Befruchtung im Reagenzglas befaßten, legten sie beiseite. Nachdem sie sich einen oberflächlichen Überblick verschafft hatten, wandten sie sich diesen Schriften zu.
»Ich bin beeindruckt, aber auch leicht verwirrt«, sagte Wendy nach einer halben Stunde. »Irgend etwas vermisse ich.«
»Mir geht es genauso«, sagte Marissa. »Wenn man diese Artikel hintereinander liest, geht daraus hervor, daß ihre prozentuale Erfolgsquote in erzielten Schwangerschaften pro Zyklus in jedem Jahr steigt. Zum Beispiel ging die Erfolgsquote für fünf Zyklen von 20 Prozent im Jahre 1983 auf fast 60 Prozent im Jahre 1987 in die Höhe.«
»Genau«, sagte Wendy. »Aber was ist 1988 passiert? Vielleicht handelt es sich da um Druckfehler.«
»Kann kein Druckfehler sein«, sagte Marissa. »Sieh dir mal die Daten für 1989 an!« Sie warf Wendy einen Artikel in den Schoß. Wendy prüfte die Zahlen. »Merkwürdig, daß sie hier nicht einmal die Schwangerschaftsrate pro Zyklus ausgerechnet haben, nachdem sie doch in allen vorhergegangenen Jahren eine große Sache daraus gemacht haben.«
»Es ist eine einfache Rechnung«, sagte Wendy. »Du kannst sie für fünf Zyklen selber ausführen.«
Wendy nahm ein Blatt Papier aus der Handtasche und rechnete es schriftlich aus. Als sie fertig war, sagte sie: »Du hast recht. Es ist das gleiche Ergebnis wie 1988 und ein viel schlechteres als 1987. Weniger als zehn Prozent Erfolge. Da muß etwas schiefgelaufen sein.«
»Nun sieh dir aber mal die auf die Anzahl der Patientinnen bezogenen Schwangerschaftsquoten an!« sagte Marissa. »Da haben sie auf einmal ihr Berichtsschema geändert. Sie reden nicht mehr von Schwangerschaftsquoten pro Zyklus, sondern im Verhältnis zur Patientinnenzahl. Und diese Quote stieg auch noch 1988 und 1989 an.«
»Warte einen Moment!« sagte Wendy. »Das halte ich für unmöglich. Ich will das mal an Hand einer Graphik darstellen. Ich muß mir nur ein Blatt Papier suchen.« Damit ging Wendy zu den Nachschlagewerken hinüber.
Inzwischen beugte sich Marissa wieder über die veröffentlichten Zahlen. Wie Wendy schon angedeutet hatte, erschien es unmöglich, daß die Erfolgsquoten pro Patientinnen ansteigen konnten, wenn die Quoten pro Zyklus abfielen. Und damit nicht genug, die Schwangerschaftsrate der Patientinnen erreichte im Jahre 1988 nicht weniger als 80 Prozent!
»Tärämtätä!« schmetterte Wendy und schwenkte triumphierend ein paar Blätter Millimeterpapier. Dann machte sie sich an die Arbeit und skizzierte rasch zwei Graphiken.
Wendy besah sich noch einmal prüfend ihre Arbeit und schob das Blatt dann Marissa über den Tisch hinweg zu. »Irgend etwas muß uns da entgangen sein«, sagte sie. »Dies hier ergibt für mich immer noch keinen Sinn.«
Marissa betrachtete gründlich die Graphiken, die Wendy gezeichnet hatte. Für sie ergaben sie ebensowenig Sinn. Daß die Kurven, die eigentlich miteinander in Beziehung stehen müßten, so auffallende Abweichungen zeigten, war ein Widerspruch.
»Das Verrückte daran ist«, sagte Wendy, »daß die Statistiken nicht gefälscht sein können. Wenn sie das nämlich wären, würden sie die Erfolgsquoten pro Zyklus ja nicht abfallen lassen. So dumm können sie doch nicht sein.«
»Ich weiß nicht, was ich davon halten soll«, sagte Marissa und gab die Graphiken zurück. Wendy faltete sie zusammen und steckte sie in die Handtasche.
»Schlafen wir eine Nacht darüber!« schlug Wendy vor.
»Vielleicht sollten wir zum FCA zurückgehen und Mr. Lester fragen«, sagte Marissa. »Aber vorher wollen wir nachsehen, ob unser Tristan Williams noch weitere Artikel geschrieben hat.«
Marissa und Wendy stellten alle FCA-Schriften aus den Journalen in die betreffenden Regalfächer zurück und gingen dann zu den Computerterminals, die Mrs. Pierce ihnen gezeigt hatte. Wendy setz-
te sich davor, und Marissa beugte sich über sie. Ohne große Schwierigkeiten gab Wendy dem Computer den Befehl, sämtliche von Tristan Williams verfaßte Artikel herauszusuchen. Nachdem sie die Executive-Taste gedrückt hatte, lieferte der Computer in Sekundenschnelle das Ergebnis.
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