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Marissa Blumenthal 02 - Trauma

Titel: Marissa Blumenthal 02 - Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. Er hatte die unangenehme Vorahnung, daß ihm Ärger ins Haus stand. Daß diese zudringlichen Frauen die weite Reise von Boston auf sich genommen hatten, war, um es milde auszudrücken, beunruhigend. Das Schlimmste war, daß sie möglicherweise ihre Suche nach Williams fortsetzen würden. Was zu einer Katastrophe führen konnte.
    Er beschloß, sich mit einigen seiner Verbündeten zu beraten. Nachdem er den Zeitunterschied ausgerechnet hatte, nahm er den Telefonhörer ab und rief Norman Wingate unter seiner Privatnummer an.
    »Charles!« rief Dr. Wingate erfreut. »Wie schön, deine Stimme zu hören. Wie geht es denn da unten?«
    »Es ist schon besser gegangen«, sagte Lester. »Ich muß etwas Wichtiges mit dir besprechen.«
    »Okay«, sagte Dr. Wingate. »Laß mich nur erst mal das Gespräch auf den Nebenanschluß legen!«
    Lester hörte, wie Wingate irgend etwas zu seiner Frau sagte. Nach einigen Minuten vernahm er, wie er den Hörer aufnahm. »Ich bin wieder da, mein Lieber«, sagte Dr. Wingate. Dann hörte Lester ein Klicken. Der Hauptanschluß war getrennt worden.
    »Wo liegt das Problem?« fragte Dr. Wingate am Telefon.
    »Sagt dir der Name Dr. Marissa Blumenthal etwas?«
    »Lieber Himmel, ja«, sagte Dr. Wingate. »Warum fragst du?«
    »Sie hat mein Büro zusammen mit einer Begleiterin namens Wendy Nelson soeben verlassen. Sie hatten mich wegen dieses Artikels über die tuberkulöse Eileiterblockierung aufgesucht.«
    »Mein Gott!« sagte Dr. Wingate. »Das ist doch kaum zu glauben: die sind in Australien! Und wir haben ihnen gegenüber noch so viel Großmut gezeigt.« Dann berichtete er in allen Einzelheiten von dem Versuch der beiden Frauen, in die Datenbank des Klinikcomputers einzudringen.
    »Haben sie dem Computer irgend etwas entnehmen können?« erkundigte sich Lester.
    »Wir glauben nicht«, sagte Dr. Wingate. »Aber diese Frauen sind Störenfriede. Da muß etwas unternommen werden.«
    »Ich bin zu dem gleichen Schluß gekommen«, sagte Lester. »Vielen Dank.«
    Lester legte auf und schaltete die Wechselsprechanlage ein. »Penny«, sagte er, »rufen Sie Kelly bei der Sicherheit an. Sagen Sie ihm, er soll seinen Arsch auf der Stelle herschwenken!«
    Ned Kelly hieß eigentlich nicht Ned Kelly, sondern Edmund Stewart. Aber im jugendlichen Alter hatte Edmund eine so starke Vorliebe für die Geschichten über den berüchtigten Wegelagerer Ned Kelly gehegt, daß seine Freunde ihn bald nur noch Ned nannten.
    Die meisten australischen Männer sonnen sich gern in dem Ruhm dieses gesetzlosen Außenseiters. Doch Ned ging weiter. Er ahmte ihn in allem nach, und zwar in solchem Maße, daß er sogar der Frau eines Mannes, mit dem er verfeindet war, die Hoden eines Jungbullen schickte. Lebenslang ein Verächter der Behörden und ein Kleinkrimineller, wurde er schließlich von allen Leuten Ned Kelly genannt. Der Name blieb an ihm haften.
    Lester riß sich vom Schreibtisch los und ging ans Fenster. Gerade jetzt, da alles glatt lief, mußte wieder so ein ärgerliches Problem auftauchen.
    Lester hatte aus bescheidenen Anfängen im Outback, dem australischen Busch, in Neusüdwales einen weiten Weg zurückgelegt. Im Alter von neun Jahren war er mit seinen Eltern aus England nach Australien gekommen. Sein Vater, ein Blechmetallarbeiter, hatte die liberale Einwanderungspolitik in der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg ausgenutzt. Sogar das Fahrgeld für die ganze Familie hatte die australische Regierung bezahlt.
    Von früher Jugend an zeigte Lester großen Lerneifer. Er sah darin die Möglichkeit, der bedrückenden Langeweile in der Weite des Inneren Australiens zu entrinnen. Im Gegensatz zu seinen Brüdern dürstete er nach Wissen und belegte Fernkurse, um die mageren Schulkenntnisse, die er in seiner winzigen Heimatstadt erworben hatte, zu erweitern. Das hatte ihm schließlich ein Medizinstudium eingebracht. Von da an warf er nie mehr einen Blick zurück. Hindernisse duldete er nicht. Wenn ihm jemand in die Quere kam, überrollte er ihn.
    »Was is’n los?« fragte Ned beim Eintreten. Hinter ihm kam Willy Tong, ein schlanker, aber muskulöser Chinese. Mit einem weithin hallenden Fußtritt schloß Ned die Tür und setzte sich auf die Couchlehne. Er war kein großer Mann, erweckte aber den Eindruck von Härte. Wie Carstans trug er zu Oberhemd und Krawatte Shorts. Auf dem Hemdärmel eingenäht war das Abzeichen der KlinikSicherheitsabteilung. Das sonnengebräunte Gesicht

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