Mark Beamon 01 - Der Auftrag
musste etwas lauter reden, damit man ihn trotz des chaotischen Lärms, der ständig im größten Büro des FBI herrschte, verstehen konnte.
»Willkommen in New York, Mark. Lass uns nach hinten gehen.« Joe Sheets deutete über das Gewimmel von Agenten und Büroangestellten auf die offene Tür zu seinem Büro.
Unzählige Erinnerungen stiegen in Beamon bei der Begegnung mit Sheets auf, den er seit Jahren nicht gesehen hatte. Sie waren Zimmergenossen in der Academy gewesen und rasch Freunde geworden während ihres zwölfwöchigen Lehrgangs – trotz der Tatsache, dass sie völlig unterschiedliche Menschen waren. Beamon war in den akademischen Fächern der Beste in seiner Klasse gewesen, aber weniger als durchschnittlich in allen sportlichen Disziplinen. Seine Leistungen waren sogar so schlecht gewesen, dass Sheets ihn angerufen hatte, als zum ersten Mal Frauen zur Ausbildung aufgenommen worden waren, nur um darauf hinzuweisen, dass Beamon mit seiner Zeit über eine Meile nicht einmal bei ihnen hätte mithalten können.
Sheets hatte in keinem Fach besonders geglänzt, aber überall solide Leistungen gezeigt. Fairness, Zuverlässigkeit und harte Arbeit hatten ihm eine Stelle als stellvertretender Direktor eingebracht und die Leitung des New Yorker Büros, was er nach Beamons Ansicht zu Recht verdiente.
Er schaute sich in dem geräumigen Büro seines Freundes um und deutete auf ein Bild an der Wand. »Herrgott, ist das von Bobby?«
Sheets setzte sich auf das etwas abgewetzte Sofa und lächelte. »Er nennt sich jetzt Robert und lebt in Chicago. Ist das nicht typisch, dass mein Sohn der einzige Künstler in der Welt ist, der nicht in New York leben will?«
Beamon lachte. Die Behauptung, dass Sheets und sein Sohn selten einer Meinung waren, wäre eine Untertreibung. Wenn er sich richtig erinnerte, verstand sein alter Zimmergenosse unter einem guten Gemälde ein Bild von pokerspielenden Hunden, und sein Sohn sah alle FBI-Agenten als Faschistenschweine. Ein wenig räumliche Distanz tat ihnen vermutlich ganz gut.
Beamon füllte sich einen Becher am Wasserbehälter in der Ecke und setzte sich zu ihm. »Man kann sie wohl nicht daran hindern, flügge zu werden.«
»Das kann man nicht«, stimmte Sheets zu und schaute auf seine Uhr. »Du bist spät dran. Unser Gast müsste jeden Moment hier sein.«
Beamon nickte und trank einen Schluck.
»Also, worum geht es eigentlich, Mark? Ich hätte ja gedacht, dass du mit dieser CDFS-Geschichte mehr als genug am Hals hast, um dir noch Sorgen über unsere Probleme mit organisierter Kriminalität zu machen.«
Beamon schaute sich um, ob die Tür richtig geschlossen war.
»Wir haben einen Tipp bekommen, dass sie eine Lieferung an DiPrizzio vergiften wollen.«
»Das CDFS? Wer hat euch das gesteckt?«
»Kam anonym.«
Ein zaghaftes Klopfen an der Tür unterbrach ihr Gespräch, und eine rundliche Frau streckte den Kopf herein. »Mr. DiPrizzio ist hier zu seiner Verabredung um drei Uhr.« Ihr Ton klang so gelangweilt, als ob der mächtigste Mafiaboss in New York um diese Zeit immer mal kurz vorbeischaute.
»Führen Sie ihn bitte in Konferenzraum zwei, Joan.«
Beamon stand auf und warf den zerknüllten Pappbecher in den Abfalleimer, den er um knapp einen Meter verpasste. »Dann mal los.«
Sheets hob den Becher auf und warf ihn hinein.
»Mr. DiPrizzio – ich bin Mark Beamon.« Die beiden Männer schüttelten sich die Hände.
»Ich kenne Sie aus der Zeitung, Agent Beamon. Freut mich, Sie zu treffen. Und es ist schön, Sie mal wiederzusehen, Agent Sheets.«
»Tony«, nickte Sheets, der ihn weniger aus Vertrautheit, sondern vielmehr aus Verachtung beim Vornamen nannte.
»Kennen Sie schon meinen Anwalt, Glenn Montrose?« DiPrizzio deutete auf den schwergewichtigen Mann, der neben ihm stand. Montrose reichte niemandem die Hand, sondern nahm wortlos Platz. Bei seinem Körperbau fiel ihm das Stehen etwas schwer.
Beamon beobachtete, wie DiPrizzio lässig durch den Raum ging und sich mit dem Rücken zur Wand setzte. Trotz seiner relativen Jugend – er war erst vor einer Woche siebenunddreißig geworden – strahlte er eine auffällige Selbstsicherheit aus. Falls er irgendwelches Unbehagen darüber empfand, aus unbekannten Gründen zum FBI zitiert worden zu sein, ließ er es sich nicht anmerken.
»Ich möchte nicht mehr Ihrer Zeit in Anspruch nehmen als nötig, Mr. DiPrizzio. Deshalb komme ich direkt zur Sache«, sagte Beamon.
»Dafür wäre ich Ihnen dankbar«, erwiderte DiPrizzio und
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