Mark Beamon 01 - Der Auftrag
rochen, selbst wenn sie schön anzusehen waren. »Ich bin so rasch ich konnte gekommen, Luis«, sagte er und tat, als sei er außer Atem.
»Ich nehme an, Sie haben das Päckchen noch nicht gesehen, das ich heute erhalten habe?« Colombar beschäftigte sich weiter konzentriert mit einer hellrosa Blumenzwiebel.
»Welches Päckchen?«
Colombar deutete mit seiner Schere nach hinten ins Gewächshaus. Perez schaute ihn fragend an, doch da Colombar schwieg, ging er in die angewiesene Richtung. Dort stand auf einem Tisch neben einigen Säcken mit Dünger und Erde eine Schachtel, die offenbar mit Federal Express geliefert worden war. Der Gestank wurde immer stärker.
Perez öffnete den Deckel. Der Geruch des verwesenden Kopfs raubte ihm fast den Atem. Hastig klappte er die Schachtel wieder zu und taumelte zurück, wobei er gegen Colombar stieß, der leise zu ihm getreten war.
»Lesen Sie die Karte«, befahl er.
Perez schluckte schwer und öffnete zögernd die Schachtel. Über dem Mund des Kopfes lag ein blutverschmierter Umschlag. Ein gelbes Auge starrte ihn an, als er mit spitzen Fingern danach griff und sich auf die andere Seite des Gewächshauses zurückzog.
WIE DU SIEHST, SIND ALLE LATINOS VERSAGER,
DU KASTRIERTER STUMMELSCHWANZ
GRUSS,
JOHN
»Ich hatte gehofft, Sie könnten dieses Briefchen für mich übersetzen, Alejandro. Mein Englisch ist leider nicht so besonders.«
Perez war drauf und dran, die Übersetzung ein wenig abzuschwächen, überlegte es sich jedoch anders. Colombars Englisch war zweifellos gut genug, dass er die Notiz verstanden hatte. Er fragte sich nur, warum Colombar es von ihm hören wollte.
Colombar lehnte sich gegen einen leeren Tisch, während er übersetzte; nur seine rechte Hand spielte unheilvoll mit der Schere. »Wissen Sie, wer das war?«
Perez versuchte, seine Nervosität zu verbergen. »Ich vermute, einer der Männer, den Sie hinter John Hobart hergeschickt haben.«
»Unser kleiner Plan hat nicht besonders gut funktioniert, nicht wahr?«, meinte Colombar.
Unser kleiner Plan?
Perez wischte sich den Schweiß von der Stirn und verzichtete wohlweislich darauf, seinen Chef zu korrigieren. »Anscheinend nicht.«
Das hatte Colombar offenbar hören wollen. Er wandte sich um und beschäftigte sich wieder mit der kranken Zwiebel. »Ich will, dass Sie diesen John Hobart finden. Danach rufen Sie mich an, und ich kümmere mich um alles Weitere.«
»Luis, das ist genau die Reaktion, die unser Mr. Hobart provozieren will«, erwiderte Perez bestürzt. »Wir müssen das FBI informieren. Es ist viel besser in der Lage, ihn zu finden. Vor allem jetzt, da er weiß, dass wir nach ihm suchen.«
»Nein«, entgegnete Colombar ruhig. »Sie machen ihn für mich ausfindig. Ich will die Augen dieses Mannes in meiner Hand halten.«
Perez schwieg. Seit er Colombar kannte, hatte er ihn nur zweimal in dieser Stimmung gesehen. Das Ausmaß seiner Wut konnte man üblicherweise daran ablesen, wie er reagierte. Eher harmlos war, wenn er in seinem einstudierten europäischen Spanisch schrie; eine Steigerung war das Gebrüll im Spanisch seiner Jugend; in rasendem Zorn hatte er auch schon mit bloßen Händen getötet, doch wirklich gefährlich wurde es, wenn er völlig ruhig blieb. Dann konnte man sich samt seiner Familie auf einen langsamen, qualvollen Tod vorbereiten.
»Ich reise sofort ab, Luis. Sollen wir die anderen über diese Entwicklung informieren?«
»Nein.«
30. Kapitel
In der N ä he von Baltimore, Maryland 8. M ä rz
Reverend Simon Blake schaute auf, als seine Frau mit einem silbernen Tablett, auf dem ein Becher stand, in den geräumigen Hobbykeller kam.
»Ich habe heiße Schokolade für die Kinder gemacht und dachte, du möchtest vielleicht auch einen Schluck«, sagte sie und stellte den Becher auf einen Tisch.
Blake betrachtete sie traurig und fragte sich, was sie von ihm denken würde, wenn sie wüsste, was er getan hatte. Alles war außer Kontrolle geraten, und zum ersten Mal in seinem Leben war er nicht sicher, was er tun sollte. Gottes Stimme war verstummt.
»Danke, Schatz«, sagte er und griff wieder nach dem Queue.
»Macht es dir Spaß?«
Der Billardtisch war ein Geschenk von ihr und den Kindern zu seinem Geburtstag gewesen. Erica hatte irgendwo gelesen, dass Billard eine besonders therapeutische und entspannende Freizeitbeschäftigung sei. Er spürte ihre Blicke und bemühte sich, möglichst fröhlich und lebhaft auszusehen.
»Und ob. Ich kann es mittlerweile schon ziemlich
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