Mark Beamon 01 - Der Auftrag
gefallen.
»Okay, Peter, wie viele von diesen Pilzen brauchen wir?«
»Hängt davon ab, wie viel Zeug Sie vergiften wollen.«
»Sagen wir mal … fünfzig Kilo.«
Manion tippte sich ans Kinn und rechnete. »Dafür braucht man eine ganze Menge Pilze. Annähernd eine Tonne.«
Hobart atmete tief durch. »So viel? Scheiße. Gibt es sonst noch was, das ich verwenden könnte?« Die Sache wurde komplizierter, als er erwartet hatte. Wie es oft der Fall war, hatte in der Theorie alles viel leichter ausgesehen.
»Wenn es darum geht, das Zeug bei der Herstellung damit zu versetzen, wahrscheinlich nicht. Sie brauchen diese Verzögerung, Mann. Nur dadurch funktioniert die ganze Sache. Bei Paraquat wäre sie zum Beispiel kürzer.«
Hobart horchte auf. Die DEA hatte Paraquat damals in den Siebzigern benutzt. »Das Entlaubungsmittel?«
»Ja, ist ein Herbizid. Zwei Tage Verzögerung – leicht zu kriegen. Ich glaube, es heißt heute StarFire. Zwei Tage bringen Ihnen aber nicht viel.«
Hobart überlegte. Manion hatte Recht, das genügte nicht. Es musste Orellanin sein. »Was ist mit dem Zeug, das wir direkt vergiften, bevor es auf der Straße abgesetzt wird?«
»Da gibt’s keine Probleme. Kaufen Sie sich einfach ein Rattengift auf Zyankalibasis.«
Hobart nickte. »Also – wie versetze ich das Zeug in einer Raffinerie mit Gift?«
Manion nahm einen Kartoffelchip von einem Teller voller schimmeliger Reste und begann ihn zu kauen. »Ach, das ist ganz einfach.«
6. Kapitel
Warschau, Polen 21. November
Das Krolikarnia galt als leidlich gutes Hotel, obwohl Hobart beim ersten Blick durch das dreckige Autofenster eher fand, dass es aussah wie ein Boxclub in Harlem. Er zwängte sich aus dem engen Taxi und streckte sich zum ersten Mal seit Ewigkeiten, wie ihm schien. Mit einem tiefen Atemzug versuchte er, die Erinnerung an die halsbrecherische Landung auf dem Flughafen Okecie zu verscheuchen und die noch abenteuerlichere Fahrt vom Flughafen zum Hotel.
Hobart gab dem Taxifahrer zwanzig amerikanische Dollar und ging zum Kofferraum, um sein Gepäck zu holen. Die ehemals kommunistischen Taxifahrer hatten sich noch nicht dazu aufraffen können, solche Dienste zu leisten. Er hatte kaum seine Tasche gepackt, als der Fahrer mit einem unverständlichen Ruf wieder in den Nachmittagsverkehr einbog. Fast hätte ihm der zuschlagende Kofferraumdeckel die Hand eingeklemmt.
In ganz Warschau herrschte eine Atmosphäre der Gesetzlosigkeit, was nirgendwo augenfälliger war als im Verkehr. Anscheinend hatten die Polen das Gefühl, ihre neu erworbene Freiheit vor allem auf der Straße austoben zu müssen.
Man erstickte fast an den Abgasen der vorbeirasenden Autos. Hobart nahm rasch seine Taschen und betrat das Hotel. Eine gelangweilt aussehende Frau saß am Empfang und schaute ihm mit einem müden Lächeln entgegen. Ansonsten war die kleine Lobby leer.
»Hallo, ich bin Dr. John Stapleton«, grüßte er mit einem ausgeprägten Südstaatenakzent, was er sich vermutlich hätte sparen können. Für die Hotelangestellte klang sicher ein Amerikaner wie der andere. »Ich glaube, hier gibt’s ’ne Reservierung für mich.«
Stumm blätterte sie in einem ziemlich abgegriffenen Lederbuch auf der verkratzten Theke. Computer gab es im Krolikarnia bislang noch nicht.
»Ich habe es«, sagte sie mit starkem Akzent. »Bitte, Sie unterschreiben Ihren Namen hier.«
Er gehorchte, und sie reichte ihm einen Schlüssel, der an einem fünfzehn Zentimeter langen Holzstück befestigt war. Darauf war die Nummer 414 eingebrannt.
»Danke sehr«, sagte sie, setzte sich wieder und richtete ihren Blick auf die Eingangstür. Hobart vermutete, dass er wahrscheinlich ihr gesamtes Repertoire an Englisch gehört hatte.
Da nirgends ein eifriger Page auftauchte, schleppte er sein Gepäck zu einem alten eisenvergitterten Fahrstuhl gegenüber der Rezeption.
Die Sonne strömte durch ein offenes Fenster in sein Zimmer und ließ die weißen Gardinen leuchten, die in der Brise flatterten. Das Zimmer war so klein, dass man kaum um das Bett in der Mitte herumgehen konnte.
Hobart schob ein Papiertuch in das wackelige Schlüsselloch und streckte sich auf der klumpigen Matratze aus. Flüge ins Ausland machten ihn jedes Mal völlig fertig, und mit den Jahren wurde es immer schlimmer.
Das Zimmer sah fast aus wie in einem Gangsterfilm der fünfziger Jahre. Es war ein schlichter quadratischer Raum mit einem Waschbecken in der Ecke, auf dessen Rand eine große bemalte Wasserkanne thronte;
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