Mark Beamon 01 - Der Auftrag
Präsident öffnete den Mund, um zu protestieren, doch Bryce ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Ich will damit nicht sagen, dass es wahr ist – aber Sie sind ein Demokrat und haben immer betont, dass die Resozialisierung Krimineller wichtiger sei als ihre Bestrafung. Tatsache ist jedenfalls, dass die Kriminalität mit jeder Regierung seit Lincoln schlimmer geworden ist – Sie haben einfach nur zufällig jetzt das Amt inne.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Mike?« Jameson schätzte Bryces Fähigkeit, ein Thema aus allen Blickwinkeln zu betrachten, aber er wusste auch, dass sein Stabschef sich gern reden hörte.
»Dieser Verein – wie nennt er sich … CDFS? Ich könnte mir denken, dass so manch einer ihm sogar Beifall zollt.«
»Ich verstehe nicht ganz.«
»Schauen Sie, Dan, fragen Sie mal irgendeinen Kerl, der vierzig Stunden die Woche in einer Fabrik in Sheridan, Wyoming, arbeitet, wie er darüber denkt. Wissen Sie, was er sagen wird? Er wird sagen, dass die Süchtigen bloß bekommen, was sie verdienen, und es mal an der Zeit war, dass jemand in den Städten aufräumt.«
Jameson wurde rot. »Was wollen Sie vorschlagen? Dass wir verkünden, ich fände es in Ordnung, Menschen zu töten – solange es lediglich Drogenkonsumenten sind?«
Bryce richtete sich auf. »Nein. Aber das macht die Sache ja so schwierig. Sie müssen der Öffentlichkeit erklären, dass die Regierung alles tun wird, was in ihrer Macht steht, um diese Burschen zu fassen – aber Sie müssen es auf eine Weise tun, die unseren Freund in Wyoming nicht gegen Sie aufbringt. Die Medien haben wir schon mal auf unserer Seite. Sie werden mit Vorliebe über die schrecklichsten Todesfälle berichten. Sie wissen schon – Sportstars aus der Highschool mit erstklassigen Noten, niedliche zwölfjährige Kinder allein erziehender Mütter und so was in der Art. Über Süchtige mit einer Mordanklage und sechs Vorstrafen wegen schwerer Körperverletzung wird man keine Zeile verlieren. Das garantiere ich Ihnen.«
Jameson stand auf und ging an das große Fenster hinter seinem Schreibtisch.
»Sie müssen morgen bei dieser Pressekonferenz dabei sein, Dan«, fuhr Bryce fort. »Die Medien müssen sehen, dass Sie sich persönlich dieser Sache annehmen.«
Jameson hörte ihm nur halb zu. »Ist es unsere Schuld, Mike?«
»Wie bitte?«
»Ich meine nicht uns beide. Ich meine die Regierung im Allgemeinen. Was hat die US-Regierung in den, sagen wir mal, letzten fünfzehn Jahren getan, das wirklich etwas gebracht hat?« Er wandte sich um und schaute Bryce an. »Jetzt sind die Zustände so schlimm geworden, dass die Bürger sich gezwungen sehen, selbst etwas gegen die Probleme des Landes zu unternehmen.«
»Es sind nicht die Bürger, die etwas unternehmen, Dan. Das sind irgendwelche Irren, die herumlaufen und Menschen umbringen.«
»Ja, Sie haben wahrscheinlich Recht«, sagte Jameson, aber innerlich war er nicht so sicher.
Bryce stand auf. »Natürlich habe ich Recht. Sie haben immerhin einiges getan, um die Kriminalität einzudämmen. Das müssen wir der Bevölkerung einfach nur deutlich machen.«
16. Kapitel
Washington, D.C. 9. Februar
Beamon öffnete die Tür zum Strategic Information Operations Center des FBI, kurz SIOC genannt. Dahinter befanden sich etliche schalldichte Räume mit gläsernen Trennwänden.
Er füllte sich einen Pappbecher mit frischem Kaffee und nickte einem jungen Agenten zu, der diese Woche das Pech hatte, mit Telefondienst an der Reihe zu sein. Alle Anrufe, die außerhalb der Dienstzeiten eingingen, wurden ins SIOC umgeleitet.
Der größte der vier Räume war für sein Team reserviert worden. Durch die Glaswand konnte er sehen, dass Laura Vilechi bereits eifrig an der Arbeit war. Sie saß an dem Konferenztisch, der den Raum beherrschte, hatte die Nase in einem blauen Aktenordner vergraben, und hinter ihr stand eine große Wandtafel, auf die sie eine Tabelle notiert hatte.
ERMITTLUNG
DROGEN SCHECKS GIFT
Die Quelle ermitteln Bank Bestimmung
????? Beschreibung (Verkleidung)
Handschriftenprobe
Alias/Führerscheinnummer
Lance Richardson?
Beweismaterial (Umschläge)
Beamon schüttelte den Kopf und fragte sich zum fünfzehnten Mal, ob er nicht einen Fehler gemacht hatte, Laura als seine rechte Hand anzufordern – denn als solche wollte er sie den anderen vorstellen.
Sie hatten sich vor ungefähr fünf Jahren bei den Ermittlungen in einem Unterschlagungsfall kennen gelernt und rasch entdeckt, dass sie so gut wie nie einer Meinung sein
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