Mark Beamon 01 - Der Auftrag
einer der Gruppen Gelächter, das jedoch etwas angespannt klang.
Colombar blieb auf den Stufen stehen, die in den Raum hinunterführten, und beobachtete, wie Ortega an den Männern vorbei zu einem Tisch voll eiskalter Bierflaschen stapfte.
»Meine Herren! Ich glaube, dass wir mit Señor Ortegas Ankunft alle versammelt sind. Sollen wir beginnen?« Sein bäuerlicher Akzent war im Lauf der Jahre nahezu verschwunden dank eines Sprachlehrers, der sich darauf verstand, wohlhabenden Südamerikanern die gepflegte Aussprache gebildeter Europäer beizubringen. Alle Augen richteten sich auf ihn, als er durch den Raum ging und versuchte, ruhig und gelassen zu wirken. Die Männer folgten ihm zu einer Sitzecke, die eigens für dieses Treffen aufgestellt worden war. Im Zentrum stand ein Fernseher mit großem Bildschirm.
Colombar setzte sich auf das Sofa direkt gegenüber. Die anderen Drogenbarone beeilten sich, ebenfalls Platz zu nehmen, möglichst neben einem Verbündeten und nicht neben einem gefürchteten Feind.
Durch eine Seitentür kam ein junger Mann herein und schob eine Kassette in den Videorecorder unter dem Fernsehapparat. Mit seinen dreiunddreißig Jahren war er zehn Jahre jünger als Colombar und strahlte genau die Klasse und Eleganz aus, die der Drogenbaron nie haben würde. Sein grauer Armani-Anzug saß ihm, als sei er darin geboren. Er warf den Männern ein geübtes Lächeln zu, dass seine strahlend weißen Zähne blitzten.
»Ich denke, einige von euch kennen meinen Anwalt Alejandro Perez bereits«, sagte Colombar. »Ich habe ihn gebeten, uns die Situation ein wenig näher zu erläutern.« Mit einer Handbewegung forderte er Perez auf anzufangen.
»Gracias, Luis.«
Perez hatte bei seinem Jurastudium an der Georgetown Universität von Washington gelernt, wie man vor Publikum redete, und suchte zunächst Blickkontakt mit den Männern. »Es heißt so schön, ein Bild ist mehr wert als tausend Worte, deshalb habe ich dieses Video mit einigen Berichten vorbereitet. Sie illustrieren, wie ich meine, sehr deutlich die derzeitige … Situation. Es dauert nur ein paar Minuten, und Sie werden es sicher interessant finden. Soweit ich weiß, sprechen Sie alle Englisch. Wenn nicht, lassen Sie es mich bitte wissen, dann übersetze ich, während das Band läuft.« Perez schaute von einem zum anderen. Keiner meldete sich, obwohl er wusste, dass es einigen schon schwer fallen würde, auf Englisch einen Hamburger zu bestellen. Er drückte einen Knopf, und der Fernseher sprang an.
Das Band begann mit Beamons Pressekonferenz und blendete dann nahtlos über zu verschiedenen CNN Berichten aus Krankenhäusern im ganzen Land. Den Schluss bildete das Interview mit einem Kokainsüchtigen. Sein Gesicht war verdeckt und seine Stimme verfremdet, aber er war eindeutig ein gebildeter Mann – wahrscheinlich etwa in Perez’ Alter.
Von Schluchzern unterbrochen berichtete er den Reportern, dass er Urlaub genommen habe, um in eine Entzugsklinik zu gehen. Vor fünf Tagen habe er zum letzten Mal Kokain geschnupft und müsse nun abwarten, ob er vergiftet worden sei. Er habe sich geschworen, falls er überlebe, nie wieder Kokain zu schnupfen.
Damit endete das Band, und Perez stoppte den Recorder.
»Wenn ich noch ein paar Minuten Ihrer Zeit beanspruchen darf, möchte ich gern einiges zu dem anmerken, was Sie gerade gesehen haben.« Er machte eine Pause. Es wurden keine Einwände erhoben.
»Mark Beamon, der Herr, der auf der Pressekonferenz geredet hat, ist meinen Quellen zufolge der Spitzenmann des FBI. Ich habe außerdem gehört, dass er und der Direktor Todfeinde sind. Deshalb wurde er kürzlich in eine unbedeutende Außenstelle nach Texas versetzt. Dass Mr. Calahan ihn nun als Leiter dieser Ermittlungen zurückgeholt hat, zeigt die Entschlossenheit der amerikanischen Regierung, dem CDFS das Handwerk zu legen.«
Perez nahm eine andere wohlüberlegte Pose ein und schob eine Hand in die Tasche, damit sein Anzug weiterhin ordentlich saß. »Allerdings weiß ich aus zuverlässigen Quellen, dass das FBI bislang keinerlei nennenswerte Spuren hat. Durch die fehlende Bereitschaft der Drogenhersteller und Dealer, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, kommen sie nicht weiter. Außerdem kann man wohl zu Recht davon ausgehen, dass diejenigen, die diese Drogen vergiftet haben, ziemlich raffiniert sind und vermutlich einiges darüber wissen, wie eine Ermittlung abläuft.« Perez ergriff einen Ordner, der auf dem Fernseher lag.
»Nach derzeitigen
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