Mark Beamon 01 - Der Auftrag
wie alle auf seine Antwort warteten, und genoss es, dass man ihn offenbar als Anführer akzeptierte.
»Meine Männer sind bereits dabei, das verseuchte Koks zurückzuverfolgen, um herauszufinden, wo es vergiftet wurde – was den Behörden äußerst schwer fallen dürfte. Wir werden diese Dreckskerle selbst fangen und ihnen die verfluchten Köpfe abschneiden!« Colombar stand auf und ging zu der reichhaltig ausgestatteten Bar in der Ecke des Raums. Im Stillen bereute er seinen letzten Satz. Diese Ausdrucksweise passte nicht mehr zu seinem neuen Image.
Er warf eine Olive in einen Martini und trank mit einer leichten Grimasse einen Schluck. Eigentlich mochte er nur Tequila, aber der passte ebenfalls nicht mehr zu seinem Image. Er wandte sich wieder zu den anderen um.
»Ich wäre euch dankbar, wenn ihr mit allen Mitteln, die euch zur Verfügung stehen, das Gleiche versucht. Sobald wir wissen, wo unsere Ware vergiftet worden ist, haben wir eine gute Chance, auch die Verantwortlichen zu finden.«
»Und was ist, wenn Pedro Recht hat und hinter allem die US-Behörden stecken?«, fragte ein hagerer Mann, der auf der Kante des Sofas hockte.
Colombar lächelte. »Dann werden wir die Beweise an die Presse weiterleiten. Ich bin sicher, dass man an einer solchen Story ungemein interessiert wäre. Allerdings muss ich Alejandro zustimmen. Ich glaube nicht, dass die Regierung der USA in ihrem eigenen Land zu solch einer drastischen Maßnahme greifen würde. In fremden Ländern haben sie sehr viel weniger Hemmungen, etwas zu unternehmen.« Alle murmelten zustimmend.
Colombar erblickte seinen Butler, der lautlos in der Tür zum Wohnzimmer aufgetaucht war.
»Meine Herren.« Colombar stand hastig auf, was einige Gäste erschreckte, mit denen er nicht im allerbesten Einvernehmen stand. »Ich habe einen kleinen Imbiss vorbereiten lassen. Darf ich bitten?« Er ging voraus und hoffte, es war niemandem aufgefallen, dass er seinen fast unberührten Drink auf dem Tisch stehen gelassen hatte. Seinem neuen Image würden ein paar Bier beim Essen nichts schaden. Immerhin war es aus England importiert.
Scott Dresden legte sorgfältig die weißen Manschettenknöpfe in die Vitrine aus Mahagoni, die seinem Schreibtisch gegenüber stand. Dank der drei extrastarken Tylenols, die er vor fünfzehn Minuten genommen hatte, ließ das Hämmern in seinem Kopf langsam nach. Die Manschettenknöpfe waren ein Geschenk des Generalsekretärs von Interpol und hatten einen Ehrenplatz neben etlichen anderen Andenken an Polizeikräfte in ganz Europa und Asien.
Es war fast ein Jahr her, seit Dresden seinen Posten als stellvertretender Leiter des FBI-Büros in Portland, Oregon, aufgegeben und eine Versetzung nach Deutschland angenommen hatte. Die letzten zwölf Monate hatte er in Bonn als Assistant Legal Attaché verbracht. Bei diesem Titel dachte man unwillkürlich an bürokratische Paragrafenreiter, die endlos Dokumente prüften. Nichts hätte weiter von der Wahrheit entfernt sein können. 1940 hatte J. Edgar Hoover erkannt, dass Verbrechensorganisationen, genau wie andere große Unternehmen, weltweit operierten. Kurz danach tauchten in den größeren Botschaften auf der ganzen Welt Agenten auf, die Legaten genannt wurden. Da sich dieses Konzept bewährte, war es nach und nach auf sämtliche Länder rund um den Globus ausgedehnt worden.
Dresden war durch sein Sprachtalent und sein Interesse an europäischer Kultur perfekt für diese Position geeignet. Die Entscheidung war ihm allerdings nicht leicht gefallen – es hieß allgemein, dass man als Legat rasch aus dem Blickfeld verschwand und deshalb nicht mehr befördert wurde. Am Ende hatte er beschlossen, dass es das wert war, wenn er dafür ein paar Jahre in Europa verbringen und seinen Kindern die Gelegenheit bieten konnte, die Welt zu sehen.
Sorgsam schloss er die Glastür der Vitrine und ging zu seinem Schreibtisch, wo er in den großen Ledersessel sank, den er in eine fast waagrechte Stellung kippen konnte. Er strich sich durch sein dichtes dunkles Haar und konzentrierte sich mit geschlossenen Augen darauf, sich zu entspannen. Zufrieden merkte er, dass seine Kopfschmerzen noch ein wenig mehr nachließen.
Der Morgen hatte wie ein ganz normaler Tag begonnen. Er war spät dran gewesen und hatte praktisch die Hosen angezogen, während er aus der Tür gerannt war. Dank seiner Fahrkünste, die er im Straßenverkehr von New York gelernt hatte, war er eine Minute vor acht Uhr im Büro gewesen. Um Viertel nach
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