Mark Beamon 01 - Der Auftrag
schaute unbehaglich auf seine Schuhe. Er fühlte sich wie ein Kind, das von seinem Lehrer eine Rüge erhalten hatte. »Nein.«
»Ich verstehe ja, was du meinst, Mark. Diese Gerüchte, dass der Drogenkonsum drastisch zurückgeht, sind mir schon seit ein paar Tagen bekannt, aber unser Job ist es, diese Kerle zu fassen und nicht, über gesellschaftspolitische Fragen zu diskutieren.«
Beamon wandte sich wieder an Trevor. »Wie viele Leute sterben jedes Jahr durch Verbrechen, die mit Drogen in Zusammenhang stehen?«
»Keine Ahnung. Viele.«
»Schluss jetzt, Mark«, warnte Sherman. »Ich will das nicht hören. Es ist leicht, Zahlen in einen Computer zu tippen und statistisch nachzuweisen, dass es rein rechnerisch Vorteile hätte, unsere Drogenkonsumenten zu vergiften, und alles andere zu ignorieren. Aber was ist, wenn dein Kind dazugehörte?«
Beamon schwieg, und Sherman wechselte das Thema. »Okay, Laura, berichten Sie uns, wie weit Sie mit Ihren Ermittlungen sind.«
»Nun, im Moment haben wir leider immer noch keine handfesten Spuren. Die Schecks haben jedenfalls nichts gebracht. Der Verdächtige hat sie bar bezahlt und ist dann verschwunden. Wir gehen der Sache weiterhin nach, aber große Hoffnung habe ich nicht.« Sie kramte in ihren Papieren und fuhr fort. »Die Hotline, die wir eingerichtet haben, hat sich eher in ein Forum für öffentliche Bekundungen verwandelt – meistens melden sich Leute, die dem CDFS Beifall zollen und finden, wir sollten uns zurückhalten. Auf Marks Vorschlag haben wir die Anrufe nun kostenpflichtig gemacht. Hoffentlich wird das den Ansturm etwas verringern. Wie Sie wissen, haben wir eine Belohnung von fünfhunderttausend Dollar für Informationen ausgesetzt.«
Sie stand auf und holte aus einer Ecke des Konferenzraums eine große Papptafel, auf die eine etwa glockenförmige Linie gezeichnet war, daneben ein kleineres rotes Kästchen. »Wir sind jetzt bei rund fünfzehntausendachthundert Opfern. Diese blaue Linie zeigt die täglichen Todesfälle durch vergiftetes Kokain. Wie Sie sehen können, steigt sie in der ersten Woche ziemlich steil an. Das liegt an der verspäteten Reaktion des Gifts, mit der niemand gerechnet hatte. Sehr viele haben weiter konsumiert und gedacht, sie hätten nichts zu befürchten. Jetzt geht die Kurve allmählich zurück. Erstens, weil das vergiftete Koks offenbar allmählich verbraucht ist. Zweitens, wie Dick schon gesagt hat, weil weniger konsumiert wird. Und drittens sind eine ziemliche Anzahl von Konsumenten … nun ja, sie sind tot. Letzteres hat allerdings statistisch keine große Auswirkung.«
Sherman deutete auf die Mitte der Kurve. »Und was bedeutet es, wenn sie von blau zu schwarz wechselt?«
Beamon verdrehte die Augen. Genügte es nicht schon, dass Laura ihr halbes Leben damit verbrachte, Kurven und Tabellen zu zeichnen? Jetzt zog Tom auch noch die Diskussion darüber unnötig in die Länge.
»Die schwarze Linie stellt unsere Prognose dar, wie viele Todesfälle noch zu erwarten sind. Sie sehen, dass sich die Farbe mit dem heutigen Tag verändert.«
Sherman nickte. »Sie nehmen also an, dass kein vergiftetes Kokain mehr auf dem Markt ist, richtig?«
»Genau. Was passieren würde, wenn eine weitere Drogenlieferung vergiftet würde, ist schwer zu sagen. Das hängt davon ab, wie sicher die Leute sind, dass das vergiftete Kokain verbraucht ist.«
»Und was ist das?« Sherman deutete auf den roten Balken.
»Oh, das sind die Toten bis zum heutigen Tag. Fünfzehntausendachthundert.«
Laura lehnte den Karton wieder an die Wand und setzte sich, während Sherman zu Beamon schaute. »Was gibt’s bei dir, Mark?«
»Es stellte sich heraus, dass die Zollbehörden keinerlei Unterlagen darüber haben, dass jemand eine Ladung Pilze ins Land gebracht hat, die nicht an einen rechtmäßigen Empfänger ging – Lebensmittelläden, Restaurants und dergleichen. Scott Dresden verfolgt die Pilzgeschichte von Bonn aus weiter – wo sie herstammen und wie man sie hierher verschickt hat. Bislang ohne Ergebnis – aber er ist ein guter Mann.«
»Ziemlich komplizierte Sache«, meinte Laura mitfühlend, »irgendeinen Kerl zu finden, der in Polen durch die Wälder stapft und Pilze sammelt.«
»Und er muss es auch noch ohne irgendwelche Grafiken und Tabellen machen«, ergänzte Beamon.
Sie versetzte ihm unter dem Tisch einen festen Tritt.
Beamon schaute zu Fontain und rieb sich mit der Schuhspitze das Schienbein. »Trace – würden Sie uns allen erzählen, was Sie mir
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