Mark Beamon 01 - Der Auftrag
erzählt haben?«
Fontain fühlte sich sichtlich unbehaglich. Er mochte solche Besprechungen nicht und hatte sich heftig gesträubt, als Beamon ihn gebeten hatte zu kommen. »Sie wissen, dass wir versucht haben, so ungefähr mit jedem Opfer zu reden, um herauszufinden, woher die Leute ihr Koks hatten. Nun, gestern haben wir mit einem jungen Mann gesprochen, der schwört, dass er seit sechs Jahren keins mehr genommen hat. Wir haben heute Morgen einige Tests gemacht und konnten bestätigen, dass er die Wahrheit gesagt hat. Er ist heroinabhängig.«
»Gottverdammt«, rief Sherman, der sonst nur selten einen Kraftausdruck gebrauchte. »Wo hat er es her?«
»Aus LA.«
Beamon meldete sich zu Wort, um Shermans Aufmerksamkeit von dem verunsicherten Wissenschaftler abzulenken. »Ich habe vor ein paar Stunden eine Presseerklärung getippt, Tom. Die Geschichte dürfte in Kürze durch die Medien gehen.«
»Gottverdammt«, wiederholte Sherman. »Wie viele wird es diesmal erwischen?«
Beamon zuckte die Schultern. Die Zahl der Toten war für ihn nur eine Zahl – zwar deprimierend, aber bedeutungslos für die Ermittlungen. Er durfte auf keinen Fall fortwährend an die Menschen denken, die rettungslos verloren waren, weil er diese Kerle noch nicht erwischt hatte.
Shermans Blick ging zu Laura.
»Ich weiß nicht, Tom. Es sind so viele Faktoren zu …«
»Nun, dann spekulieren Sie«, rief er ungeduldig.
»Das kann ich nicht. Wir haben keine Ahnung, wie viel sie vergiftet haben – und das ist letztlich entscheidend.«
»Sicher«, stimmte Beamon zu, »aber wir können durchaus damit rechnen, dass das gesamte vergiftete Zeug konsumiert wird. Es gibt nichts so Verzweifeltes wie einen Heroinsüchtigen, der seinen Schuss braucht. Sie schlagen jede Warnung in den Wind und würden jedes Risiko auf sich nehmen – anders als jemand, der ein paar Lines zieht, um in Stimmung zu kommen, ehe er Freitag abends ausgeht.«
»Das ist nett von Ihnen, dass Sie persönlich kommen, um mir die Neuigkeiten zu berichten!« Luis Colombar drückte seinem Arzt herzlich die Hand.
Colombar trug einen blütenweißen Leinenanzug, ein kastanienfarbenes Seidenhemd und strahlte, dass seine Zähne blitzten. Dieses Lächeln hatte ihn mehrere tausend Dollar gekostet, und sein Zahnarzt mühte sich immer noch, die Schäden zu beheben, die durch jahrelange Vernachlässigung seines Gebisses entstanden waren.
Santez folgte ihm zur Bar, wo Colombar ihm einen Stolichnaya mit Tonic einschenkte. Selbst hier in seinem wunderschönen Haus umgab den Drogenbaron trotz seines teuren Anzugs und seiner einstudierten Ausdrucksweise eine Aura eiskalter Gnadenlosigkeit. Santez dachte mit einem leisen Schauder an sein letztes Erlebnis mit Colombar. Schon ein Blick in seine Augen genügte, um zu sehen, dass dieser Mann unberechenbar war.
Dankbar nahm er das Glas und leerte es fast in einem Zug. Der Alkohol brannte ihm in der Kehle, aber er vertrieb nicht die Schmetterlinge in seinem Magen.
»Und was haben Sie zu berichten?«, fragte Colombar.
Santez hatte keine Ahnung, in was für eine Geschichte er hier hineingezogen worden war, doch sein Instinkt sagte ihm, dass es eine hochbrisante Sache war, und er bereute zutiefst seine Gier, die ihn dazu gebracht hatte, den Job als Colombars Arzt anzunehmen. Jetzt war er, ohne es zu wollen, in das unsichtbare Netz der Kokainmafia verstrickt, das sein Land überzog.
»Wir waren noch nicht in der Lage, sämtliche Tests bei Ma… an den Organen des Betreffenden vorzunehmen.« Irgendwie schien es ihm gefährlich, den Namen von Colombars Opfer laut auszusprechen. »Allerdings gehe ich auf Grund der Informationen, die wir vom Johns Hopkins Hospital in den Staaten und durch unsere erste Untersuchung der geschädigten Leber bekommen haben, davon aus, dass er mit fünfundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit von der gleichen Substanz vergiftet wurde wie die Drogenkonsumenten in den USA.«
So, nun hatte er es gesagt. Angespannt beobachtete er Colombars Gesicht.
Zu seiner Erleichterung nahm der Drogenbaron die Neuigkeiten stillschweigend entgegen. Er nippte lediglich an seinem Drink, stellte ihn dann ab und klopfte Santez auf die Schulter.
»Ich danke Ihnen sehr für Ihre Hilfe, Doktor.« Er nahm Santez das Glas aus den zitternden Händen und führte den alten Mann nach draußen.
»Fahren Sie vorsichtig!«, rief er, als der Arzt sich hinter das Lenkrad des Blazer setzte, den er immer mietete, wenn er in die Berge kam. Mit angehaltenem Atem
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