Mark Brandis - Bordbuch Delta VII (Weltraumpartisanen) (German Edition)
einmal zwischen Himmel und Erde einen verzweifelten Kampf gekämpft hatte, nur weil ich vorher in der Eile die Riemen so nachlässig angezogen hatte, daß der Skyrider, kaum daß ich abgehoben hatte, sich auf einmal selbständig zu machen trachtete. Seither war ich weniger sorglos gewesen – in der kurzen Zeitspanne, in der ich diesen Sport noch ausgeübt hatte. Wenig später war er, der ohnehin aus der Mode zu kommen begann, wegen einiger Unfälle verboten worden.
Ich bewegte die Schultern. Der Skyrider saß fest und unverrückbar auf meinem Rücken, und ich war zufrieden. Nun mußte es sich zeigen, wie es um mein Glück bestellt war – und hier half mir die beste Sorgfalt nicht weiter. Ich berührte den Anlasser, und der Skyrider begann zu fauchen und an meinen Schultern zu zerren. Er schien noch völlig in Ordnung zu sein; genau ließ sich das auf diese Weise freilich nicht feststellen.
Ein letztes Mal überprüfte ich den Wind. Nach zwei, drei heftigen Böen war es fast windstill geworden. Länger durfte ich nun nicht mehr zögern. Es war höchste Zeit, daß ich mich auf den Weg machte, dafür war der Treibstoff einfach zu knapp.
Ich faßte den Regulator fester und zog. Der Skyrider reagierte sofort, riß mich in die Höhe und ließ mich in die Nacht hinein davonstürmen, viel zu rasch und viel zu ungestüm. Ich hatte einfach nicht mehr das richtige Gefühl dafür.
Ich verringerte die Geschwindigkeit und machte schwimmähnliche Bewegungen mit den Füßen, bis ich auf dem richtigen Kurs war. Höher zu steigen hätte mir vielleicht etwaigen Beobachtern gegenüber ein größeres Maß an Sicherheit verschafft, doch es hätte auch unersetzlichen Treibstoff gekostet, und darum verzichtete ich darauf. Ich hatte mir das Trignum zum Ziel genommen, das sich, ein scharfumrissenes Betonmassiv, gegen die Lichter der Stadt abzeichnete, und diesen Kurs behielt ich bei, immer in der Hoffnung, daß keiner meiner unbekannten Bewacher plötzlich den Kopf hob und mich entdeckte. Die Dunkelheit war ein nur unvollkommener Schutz, denn der Kometenschweif, den ich hinter mir herzog, war von verräterischer Helligkeit. Ich mußte mich einfach darauf verlassen, daß meine Bewacher an diese Möglichkeit, das Haus zu verlassen, nicht gedacht hatten und folglich, als ich abhob, nicht auf der Hut gewesen waren. Allmählich begann ich mich mit dem Skyrider wieder anzufreunden, und ich erinnerte mich, wie berauschend es oft auf mich gewirkt hatte, mit diesem Gerät der Schwerkraft zu entfliehen und mich einem Vogel gleich in die Luft zu erheben. Mit einer Reise im Raumschiff war das nicht zu vergleichen – vielleicht, weil man einen Skyrider nur dann wirklich beherrschte, wenn man mit ihm eine lebendige Verbindung einging: etwas, was im Raumschiff nicht stattfinden konnte. Mit jeder Bewegung, die man tat, mit jeder Drehung, jeder Verlagerung des Körpergewichtes zwang man ihm etwas von seinem Willen auf. Mein Hochgefühl hielt nicht lange vor.
Ich hatte mich dem Trignum, auf dem ich kurz zwischenlanden wollte, um mich neu zu orientieren, bis auf knapp fünfzig Meter genähert, als eine Bö über mich herfiel – und plötzlich war ich kaum mehr als ein dahinwirbelndes Blatt im Wind. Ich sah den scharfgratigen Beton des Denkmals auf mich zustürzen, und einen entsetzlichen Herzschlag lang fühlte ich mich preisgegeben und verloren – unfähig, diesen Sturz aufzuhalten oder wenigstens zu steuern. Doch gleich darauf wurden wohl alte, nie ganz verdrängte Instinkte in mir wach, die Routine gewann Herrschaft über meine panische Angst, und ich riß den Regulator durch, während ich gleichzeitig ruckartig den Kopf hob. Das rettete mich.
Der Skyrider zog mich fast senkrecht in die Höhe.
Ich ließ mich über das Trignum hinaustragen, dann setzte ich, ohne mich noch einmal vom Wind überlisten zu lassen, behutsam auf einer der drei oberen Galerien auf.
Nach zwei, drei taumelnden Schritten blieb ich stehen, erholte mich von meinem Schrecken und orientierte mich – ahnungslos, daß ich soeben den Fehler begangen hatte, der mich um ein Haar verraten hätte.
Tagsüber waren die oberen Galerien beliebte Ausflugsorte, weil man von ihnen bei klarem Wetter die ganze Stadt übersehen konnte. Um diese Zeit jedoch befand sich kein Mensch mehr hier. Damit hatte ich gerechnet.
Die Hälfte der Strecke lag hinter mir, doch der schwierigste Teil des Fluges begann erst jetzt. Die Vielzahl der Avenuen, Straßen, Parkanlagen und Lichter war verwirrend, und
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