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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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gesäuberten blanken Beinknochen eines geopferten römischen Pferdes mitgegeben worden. Obwohl ich die Details nicht verstand, war der Wodankult der Langobarden hier deutlich für mich erkennbar und grenzte sie von den Chauken ab.
    Auf etwa sechs Meter langen, dicken Eichenstämmen sollten die Männer in die nächste Welt gelangen. Die Oberseiten hatte man vorher gerade gehauen, sodass die Körper der Männer stabil auf ihnen zu liegen kamen, und mit einer schwarzen Flüssigkeit angestrichen. Das Erdöl aus den verbliebenen Amphoren? Ich wusste es nicht …
    Alle Anwesenden hatten sich über die Dünen verteilt und schauten der Prozedur andächtig zu. Viele hatten Fackeln angezündet und so entstand eine ruhige, feierliche Stimmung. Ich stand weit hinten auf einem der Dünenrücken zwischen lauter Fremden. Werthliko und meine anderen Bekannten waren weiter unten bei den Aufgebahrten, ihren Kampfgefährten oder Verwandten.
    Einige in weißes Leinen gekleidete Frauen, darunter auch Hravan, wie ich erstaunt feststellte, wurden nun in einem Fackelzug zu den Baumstämmen gebracht. Sie hatten einen eigentümlichen Singsang angestimmt und wirkten sehr andächtig und konzentriert. Bei den Toten angekommen, gingen sie kreisförmig mehrere Male um die Aufgebahrten herum und bestreuten diese mit zermahlenen Kräutern und Asche. Mit Ehrfurcht und großer Bedachtsamkeit tauchten sie ihre Finger in einen kleinen Tontiegel mit blauer Farbe und malten allen Toten Runenzeichen auf die Stirn, die Hände und die Beinkleider. Eine der Frauen ging den Runenzeichnerinnen hinterher und fächelte den weißen Rauch eines glühenden Kiefernzweigs über jede der Runen. Schweigend sahen sie anschließend, wie der Rauch sich – vom leichten Wind getragen – schnell in der Abendluft auflöste.
    Nach einigen Minuten kamen zahlreiche Männer, acht pro Baumstamm, und hoben diese feierlich hoch. Dabei wurde der Gesang der Priesterinnen lauter, doch die gesungenen Worte verklangen in der Abendbrise. Langsam und würdevoll schritten sie aus den Dünen zum Weserufer hinunter. Dort ließen sie die Stämme bedächtig ins Wasser und stabilisiert diese, sodass sie sich nicht um die eigene Achse drehten und die festgebundenen Körper untertauchten.
    Ingimundi und zwei weitere Stammesführer kamen gemessenen Schrittes mit brennenden Fackeln ans Ufer. Sie verkündeten die Unsterblichkeit der Toten, ihr Weiterleben in den Sippen und in den Hallen der Götter, ehrten den Ruhm, den ihr Tod im Kampfe für sie alle mit sich brachte. Dann zündeten sie einen Stamm nach dem anderen an.
    Da diese sofort in lodernden Flammen aufgingen, war ich mir nun sicher, dass das Holz mit den Resten des Rohöls eingestrichen worden war. Sechs junge Männer entledigten sich ihrer Kleidung und schoben die Totenstämme ins tiefere Wasser. Schwimmend und lenkend begleiteten sie diese bis weit hinaus, wo sie dann von der natürlichen Strömung mitgerissen wurden. Es war ein erhabener Anblick, wie die brennenden Totenschiffe auf dem Fluss nach Norden trieben und das dunkel schimmernde Weserwasser auf ihrem Weg in schillernden Farben prächtig erleuchteten. Dies war ein wahrhaft würdiger und tröstender Abschied für Verwandte und Freunde.
    Ich dachte schon, damit wäre das Ende der Zeremonie erreicht, doch ich lag falsch. Als Nächstes wurde ein größeres Floß, das eilig heute Nachmittag zusammengezimmert worden war, von einigen Männern an den Strand getragen. Die gesammelten persönlichen Ausrüstungsgegenstände und Waffen der getöteten römischen Legionäre schichtete man nun darauf, ebenso große Bündel von Reisig. Mittlerweile erhob sich schon ein großer Berg auf ihm, aber noch immer war nicht alles dort deponiert worden. Trotzdem wurde das Reisig in diesem Moment in Brand gesetzt und das Floß dann von einigen Männern in die Weser geschoben. Die Gesänge der Priesterinnen verkündeten von grimmigen Flussgeistern, die besänftigt werden sollten, und den Göttern, um deren Schutz man mit diesem Opfer bat.
    Wie wäre die Weltgeschichte wohl verlaufen, hätte man die Mengen an Waffen nicht in Mooren, Seen und Flüssen geopfert, sondern gegen ihre Besitzer, die Römer, eingesetzt?
    Doch mir war momentan nicht zum Nachdenken und betrübt beobachtete ich weiter die Aktivitäten am Weserufer. Ein kleiner Haufen an Brustpanzern, Helmen und Schwertern war übrig geblieben. Die jungen Männer, die bereits das Floß aufs Wasser gezogen hatten, wo es nun lodernd gemächlich

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