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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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Laubwald, der trockeneren Boden anzeigte. Gegen Nachmittag trafen wir mitten im uns umgebenden Buchen- und Eichenurwald auf eine Herde Schweine, die hier auf der Suche nach Nahrung die Erde umpflügte.
    Ingimundis Dorf war nicht mehr weit.
    Und tatsächlich: In einer weitläufigen Senke, die bis auf wenige riesige Eichen entwaldet war, sahen wir kurz darauf die Häuser von Ingimundis Hofstelle. Es war ein kleines Dorf und wurde »Aha Stegili«, also »abschüssige Stelle am Fluss« genannt. Ich zählte sechs auf flachen Wurten gelegene Langhäuser. Sie wurden von einigen Wirtschaftsgebäuden umgeben: ovale Reisighütten, die als Speicher für Korn und andere Nahrungsmittel dienten, mehrere Schuppen und Gehege. Die dichten, mit Schilfkappen überdeckten Reisigdächer reichten ringsum bis auf den Boden und bildeten so gleichzeitig die Wände. Stangengerüste im Inneren stützten die Konstruktion und schufen so die kühlen, trockenen und dunklen Lagerräume. Das silbrige Band des Aha schlängelte sich mitten hindurch und teilte das Dorf entzwei.
    »Wie viele Menschen leben hier?«, fragte ich Ingimer, während wir uns hügelabwärts den Häusern näherten.
    »Oh, ich denke etwa fünfzig oder sechzig. Alle sind irgendwie mit uns verwandt oder angeheiratet. Der Jüngste müsste mein Neffe Bitari sein, er ist erst einen Winter alt, der Älteste ist der Vater meiner Mutter, Erthungan. Er behauptet, er würde schon über siebzig Winter zählen, aber das glaubt ihm keiner. Jedenfalls gibt es niemanden mehr, der das bestätigen könnte.«
    »Und Frilike?«, fragte ich vorsichtig, möglichst beiläufig, wie ich fand. »Lebt die auch hier?«
    »Meine Schwester? Stimmt, du hast sie ja bei Godagis kennengelernt.« Er musterte mich einen Moment lang, aber ich schaute gerade sehr interessiert auf einen mächtigen Stein, der im weichen Waldboden steckte und mindestens so groß wie ein Auto war. »Ja, natürlich, sie lebt auch hier. Wo sonst? Sie ist schließlich unverheiratet und ihr Bräutigam lebt ja nun nicht mehr.«
    »Wie wird sie es aufnehmen?«, fragte ich weiter.
    »Dass sie Hetigrim nicht mehr heiraten wird? Ich denke, Tränen der Trauer wird sie ihm nicht nachweinen, höchstens Tränen der Freude.«
    »Ja? Warum? Wollte sie die Hochzeit nicht?«
    »Nein, sie verabscheute Hetigrim sogar. Sie hat Vater angebettelt, ihn nicht heiraten zu müssen, und lange hat Vater sie nicht gezwungen. Aber als Frilike sich auch sonst für keinen entscheiden mochte und die Tributzahlungen an die Römer im letzten Jahr so hoch waren wie nie zuvor, hat er sich doch dazu entschlossen. Vater erhoffte sich, mit Hilfe der Langobarden die Römer zumindest aus seinem Gebiet hier zu vertreiben. Aber natürlich muss auch der Fortbestand unserer Sippe gesichert werden. Alleine deswegen wird Frilike nun schnell einem anderen Mann versprochen …«
    Ein Schauer überlief meinen Rücken. Frilike würde einen anderen Mann heiraten! Schon bald! Insgeheim malte ich mir aus, ich wäre dieser andere Mann, und für einen kurzen Moment genoss ich diesen berauschenden Gedanken.
    Mit einem flauen Gefühl im Bauch ritt ich weiter.
    Einige Männer waren schon vorausgeprescht und hatten für entsprechenden Aufruhr im Dorf gesorgt, denn so früh hätte uns natürlich keiner wiedererwartet. Ingimer nickte mir und Werthliko zu und lenkte dann sein Pferd gemeinsam mit seinem Vater in Richtung seiner Mutter. Besorgte Mienen empfingen uns, Frauen, Kinder und die Alten. Die jungen Männer waren offenbar alle mit Ingimundi geritten.
    Als die Nachricht sich herumgesprochen hatte, dass Ingimodi und zwei seiner Verwandten, die hier ebenfalls gelebt hatten, gefallen waren, war die Trauer unermesslich groß. Die Witwen brachen weinend und schluchzend zusammen, die Kinder verstanden nicht, was los war, und fürchteten sich. Es war kein schöner Anblick. Ich hatte Frilike bereits gesehen, gleichermaßen in Tränen aufgelöst, sie hatte schließlich einen Bruder verloren. Sie trug ein Baby auf dem Arm, den kleinen Bitari, wie ich vermutete, denn die drei Witwen waren unmöglich in der Verfassung, sich um ihre Jüngsten zu kümmern.
    Was wurde nun aus diesen Frauen? Sie würden wieder neu heiraten müssen, was nicht leicht war in Zeiten wie diesen. Schließlich fielen überall vermehrt die jungen Männer dem Krieg zum Opfer und hinterließen zahlreiche heiratsfähige Witwen.
    Werthliko hatte mir erklärt, dass in verlustreichen Zeiten Männern auch erlaubt wurde, mehrere Ehefrauen zu

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