Mark Bredemeyer
dabei übersah ich einen spitzen Dorn an einem armdicken Weißdornast. Äußerst schmerzhaft bohrte dieser sich erst in meinen Handrücken und riss mir dann beim Zurückziehen die Haut auf. Dicke Blutstropfen quollen sofort aus der Wunde und rannen die Bronzescheibe hinab, die nun hochkant im Feuer steckte.
»Au!«, stöhnte ich und presste die Lippen zusammen. Normalerweise brach ich die Dornen ab, wenn ich das Feuerholz zuschnitt. Diesen dicken Stachel hatte ich wohl leider übersehen.
Ungläubig schaute ich auf meine stark blutende Hand. Der Dorn hatte mir den Handrücken einige Zentimeter aufgerissen. Was für ein Pech! Empört presste ich die Wunde gegen meinen Mund und versuchte, das Blut nicht auf den Boden tropfen zu lassen.
Was jetzt? Die Bronzescheibe befand sich nun im Feuer – genauso wie die meisten der Holzplättchen! Verdammte Scheiße, das hatte ich ja wunderbar hingekriegt! Doch bevor ich noch irgendetwas unternahm, musste ich zuallererst meine Hand verbinden, die Blutung stillen. Wohin jetzt? Küche oder Badezimmer? Wo hatte ich bloß die Pflaster gelassen?
Gerade wollte ich mich umdrehen, um in die Küche zu marschieren, als ein lautes Knacken im Kamin ertönte. Ein brennender Funke schoss – fast wie im Zeitraffer – auf mich zu und traf mich direkt am nackten Hals oberhalb meiner Jacke! Ungläubig spürte ich den leicht brennenden Schmerz und fand die ganze Situation nur noch grotesk.
»Au! So eine verdammte Scheiße!«, stöhnte ich zum zweiten Mal in weniger als einer Minute und fasste mir mit meiner unverletzten Hand an die schmerzende Stelle. Tatsächlich ertastete ich eine kleine Brandwunde! Gab es hier eine Verschwörung gegen mich? War dies die »Versteckte Kamera«? Vor zehn Minuten hatte ich noch schlafend im Bett gelegen und nun stand ich blutend und mit einer Brandwunde vor meinem Kamin und schaute meinem Schatzfund von heute Nachmittag beim Verbrennen zu!
»Ich wollte doch nur Holz nachlegen …«, murmelte ich entrüstet und wollte hinauseilen. Ich hoffte, dass das Feuer mit der Metallscheibe darin gleich in sich zusammenfallen würde.
Doch ein erneutes Krachen ließ mich erschrocken zusammenfahren. Was war denn jetzt schon wieder?
Ungläubig starrte ich in den Kamin. Mit einem dumpfen Grollen veränderte das Feuer darin seine Farbe und wurde jetzt grünlich mit einem silbernen oder weißlichen Schimmern.
Was ging hier vor? Unwillkürlich kamen mir Gedanken an Giftmüll und Chemikalien in den Sinn. War die Scheibe vielleicht irgendwie verseucht mit so etwas? Dunkel erinnerte ich mich an Schulexperimente im Chemieunterricht, in denen Kupferpulver oder Bor in eine Flamme gerieselt wurden. Dabei war eine ähnlich grünliche Flamme wie diese hier entstanden.
Schnell verwarf ich den Gedankengang jedoch wieder. Ich hatte die Bronzescheibe gründlich gereinigt.
Vielleicht giftige Holzschutzmittel im Holz? Nein, ich verbrannte hier nur selbst gehackte Scheite.
Ich war hilflos und wusste in diesem Moment nicht, was zu tun war. Was sich dort entwickelte, war kein einfaches Holzfeuer mehr! Die Bronzescheibe und die Amulette brauchte ich jedenfalls nicht mehr zu retten. Sie waren wohl verloren …
Während ich ratlos in das grünliche Feuer starrte, manifestierte sich langsam ein runder, glühender Umriss in den Flammen. Dieser hatte genau die Konturen der Bronzescheibe, stand jetzt aber waagerecht im Feuer. Silberweiß und mit feinen dunklen Linien und Punkten überzogen, schwebte sie dort vor mir. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Sie wirkte wie eine Projektion oder so etwas, flackerte eigentümlich.
Verwirrt schaute ich mich im dunklen Wohnzimmer um, suchte Hilfe, fand aber natürlich keine. Dann fing der Umriss der Scheibe langsam an, sich zu drehen. Das grünliche Feuer strahlte aus der Scheibe heraus, unwirklich und mit ätherischer Schönheit. Fasziniert beobachtete ich das Schauspiel in meinem Kamin einen Moment lang. Die Drehung der Scheibe und damit auch des Feuers wurde nun stetig schneller.
Plötzlich begann der Boden des Hauses leicht zu beben. Von aufsteigender Panik erfasst, stolperte ich einen Schritt zurück und stieß erneut an den kleinen Beistelltisch. Dieser fiel nun polternd um. War das etwa ein Erdbeben? Ich hatte noch nie eines erlebt, aber ich konnte mir gut vorstellen, dass es sich so anfühlte wie das hier. Was war das bloß für eine Nacht?!
Das Beben wurde stärker und ich konnte leise die Gläser im Küchenschrank klirren hören. Was
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