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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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musste sich genähert haben, doch sehen konnte ich es durch meine halb geschlossenen, blinzelnden Augen nicht. Ich verharrte noch einige Momente bewegungslos und öffnete meine Augen dann ganz.
    Eine spektakuläre und faszinierende Szenerie bot sich mir! Ich hatte schon während der Nacht im Mondlicht und im Strahl meiner Taschenlampe einen kurzen Eindruck der Umgebung gewinnen können, in der ich mich befand, aber nun, im frühen Licht des jungen Tages betrachtet, war ich einmal mehr sprachlos. Ich befand mich nach meiner nächtlichen Wanderung offenbar sehr tief in diesem Wald! Und in was für einem! Ich hatte eine solche Urtümlichkeit einst in einem Bildband über Urwälder in Kanada und Neuseeland gesehen, war aber nie selbst in einem gewesen – bis jetzt! Dies musste ein uralter, von Menschenhand völlig unberührter Wald sein!
    Mit dieser Erkenntnis durchfuhr mich gleichzeitig ein gewaltiger Schrecken: Wo in der Umgebung von Fahrenhorst gab es denn bitte schön solch einen Wald? Gab es so etwas überhaupt noch irgendwo in Deutschland?
    Der gewaltige umgestürzte Baumriese, in dessen Schutz ich die vergangene Nacht verbracht hatte, lag wie eine kolossale Rampe über mir. Der Hohlraum unter seinem locker zwei Meter breiten Stamm hätte wohl noch einer ganzen Familie Platz geboten. Ich kroch unter dem Stamm hervor und zog mich an seinem geborstenen Holz hoch. Meine Finger pressten dickflüssiges Wasser aus dem dicken, weichen Pelz grünlich schimmernden Mooses und der hängenden, leicht im Wind flatternden Flechten, die das Holz überzogen.
    Mit offenem Mund schaute ich mich um. In weitem Abstand zueinander standen riesige glattrindige Buchen, deren Stammumfänge am Boden bei ihnen allen viele Meter betrugen. Ein smaragdgrüner Überzug aus schillernden Moosen und Flechten bildete ein natürliches und lebendiges Kleid für die graugrünen Stämme. Die hochgewachsenen, astlosen Bäume ragten scheinbar direkt in den Himmel und trugen schmale, blattlose Kronen in der luftigen Höhe. Vereinzelt erkannte ich einige grobrindige Eichen zwischen ihnen, ebenfalls gewaltig in ihren Ausmaßen und uralt. Kreuz und quer dazwischen lag ein Gewirr gestürzter, schwarz verfaulter Baumrecken, unangetastet und wahrscheinlich seit vielen Jahrzehnten bereits ungestört vor sich hin verrottend. Allein dies war schon ungewöhnlich, denn in den Wäldern, die ich sonst vom Sehen kannte, herrschte meist penible Sauberkeit und Forstbeamte ließen kaum Totholz zurück. Doch diese Stämme waren über und über bewachsen mit dachartigen Zunderschwämmen und anderen mir unbekannten Pilzen, die von dem toten Holz lebten. Auch ragten gewaltige Stämme, deren Kronen irgendwann vor langer Zeit abgebrochen waren, weit in den Himmel hinauf – ebenfalls überwuchert von riesigen zimtfarbenen Pilzkörpern. Wunderlich untereinander verwachsene Wurzeln erhoben sich aus dem Boden, bildeten hier und dort verschlungene Gebilde, waren die kraftvollen Keimzellen für die Baumkolosse, die aus ihnen wuchsen. Weitere zahllose krautartige Gewächse wucherten an diesen Wurzeln, auf den Steinen, an den Borken der Bäume, nahezu überall! Kein Quadratzentimeter war unbewohnt und nicht von irgendeiner Kreatur bewachsen oder bevölkert! Die Vegetation war von solcher Fülle und Pracht, dass ich nur sprachlos dastand und versuchte, zu verstehen. Die gewaltigen Felsbrocken, die überall herumlagen und von üppigen, ebenfalls tiefgrünen Moosteppichen überzogen waren, lieferten zusätzlich einen ungewohnten Anblick. Alles erstrahlte im frühen Licht des Tages in einem unwirklichen, fast magischen Glanz, verstärkt durch die Feuchtigkeit des Morgentaus. Ein dünner, schleierartiger Bodennebel hatte sich vereinzelt in kleinen Senken gebildet und war der unirdische Rahmen für diese faszinierende Szenerie. Weit blicken konnte ich allerdings nicht, dafür gab es zu viel am Boden liegendes Holz, überall dichte Gruppen von immergrünen Stechpalmen, durchsetzt von dornigem Gestrüpp.
    Etwa zwanzig Meter vor mir brach plötzlich und mit lautem Getöse ein riesenhafter Vogel aus dem Unterholz! Das dunkelbraune Tier hatte einen auffälligen grün-metallischen Brustschild und ich erkannte es sofort als Auerhahn. Nie zuvor hatte ich einen in freier Wildbahn gesehen! Wild schlug er jetzt mit seinen langen Flügeln und rannte dann eilig in die entgegengesetzte Richtung. Mit lautem Gekrächze flog im nächsten Moment ein Schwarzspecht über mich hinweg und verschwand kurz darauf
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