Mark Tate - 011 - Ein Mager läßt die Puppen tanzen
das wild wallte.
Und dann bildete sich in dem Gebilde eine Öffnung. Sie wurde rasch größer, gab einen unterirdischen Gang frei.
Warner Conway murmelte unaufhörlich vor sich hin. Ich verstand nicht alles, nahm aber an, daß er sich einredete, daß es sich bei dem Phänomen um irgendeinen technischen Trick handelte. Er hielt, den Bruchstücken nach zu urteilen, die ich aufschnappen konnte, mit aller Heftigkeit an seiner Lichttheorie fest und glaubte nun an eine Projektion. Sicher bin ich da allerdings nicht. Wenn dem aber so war, so muß Warner Conway unglaublich enttäuscht gewesen sein, als in der Öffnung plötzlich ein Mann auftauchte: Kasimir Cassdorf, der dämonische Magier, der Diener des Teufels.
Wieder war sein Gesicht angespannt, wie beim ersten Mal. Diesmal dachte ich zuerst, daß er uns nicht wahrgenommen habe, sondern daß seine Konzentration daher rührte, daß er diese Öffnung erhalten mußte. Später mußte ich diese Meinung revidieren. In der Tat hatte er uns gewittert. Allerdings wußte er nicht, um wieviel Eindringlinge es sich handelte. Wenn dem nicht so gewesen wäre, säße ich heute nicht hier. Es wäre mir dasselbe wie Warner Conway widerfahren, wobei ich bis heute noch nicht mit absoluter Sicherheit weiß, welches teuflische Schicksal den Privatdetektiv wirklich ereilt hat. Gottlob bin ich davon nicht Zeuge geworden.
Der Teuflische kam aus der Maueröffnung in das Kellergewölbe. Hinter ihm schloß sich die Öffnung wieder.
Hatte der Vorgang zuvor vielleicht eine Minute in Anspruch genommen, so dauerte es jetzt nur Sekunden. Das Licht erlosch. Das einzige Licht, das den Keller jetzt noch erhellte, kam aus der Taschenlampe von Warner Conway.
Der Detektiv stand stocksteif da. Er war zu keiner Regung fähig. Ich bin sicher, daß es das erste Mal in seinem Leben war, daß sein Verstand hundertprozentig vor einer Tatsache kapitulieren mußte.
Der Schein seiner Lampe war auf den Magier gerichtet, ohne diesen allerdings blenden zu können. Der Blick Cassdorfs war starr auf den Detektiv gerichtet.
Und da wußte ich plötzlich, warum sich der Mann so widersinnig verhielt.
Warum er nicht seine Lampe schnell gelöscht hatte, um nicht gesehen zu werden. Warum er nicht versucht hatte, zu fliehen.
Der Teuflische hatte ihn in seinem Bann, und aus diesem Bann gab es für Warner Conway kein Entrinnen!
Heute weiß ich nicht mehr, warum ich nicht selber das Weite gesucht habe. Ich war wie von einer Lähmung befallen, obwohl mich der Magier überhaupt nicht beachtete.
Warner Conway setzte sich plötzlich in Bewegung. Er ging genau auf den Magier zu. Cassdorf ließ den Detektiv an sich vorbei zur Mauer gehen. Dann stellte er sich neben ihn und sagte deutlich ›Höre die Worte des Eingeweihten! Höre sie und öffne dich! Hier steht ein Freund des Lords, um nachzueifern in seiner Furchtbarkeit!‹
Das Unglaubliche geschah. Das vorhin erwähnte Phänomen trat ein. Die Mauer öffnete sich tatsächlich, als wäre sie ein lebendiges Wesen und als könnte sie hören, was man zu ihr sagte.
Ich wußte es natürlich besser. Hier hatte ich es mit einem simplen magischen Trick zu tun. Das heißt, simpel erscheint er nur dem Eingeweihten. Für einen Unwissenden ist dieses Hindernis unüberwindbar.
Es handelte sich einfach um eine magische Tür. Die stabile Mauer, die man in dem Kellergewölbe sieht, einschließlich der Spinnweben, sind nur Illusion. In Wirklichkeit befindet sich die Öffnung schon vorher dort. Durch den magischen Bannspruch wird die Illusion nur gelöscht.
Noch wußte ich nicht, ob die magische Sperre auch mir gehorchen würde, denn die Illusion ist so perfekt, daß es keinem normalen Menschen gelingt, sie zu ignorieren und die nicht sichtbare Öffnung zu durchschreiten.
Ich sollte bald erfahren, daß man nur den Spruch zu kennen braucht, denn die bevorzugten Gäste des schrecklichen Lords, von dem der Fluch stammt, waren gewiß nicht alle mit den magischen Fähigkeiten ihres Vorbildes ausgestattet. Trotzdem hat der Lord ihnen möglich gemacht, die geheimen unterirdischen Anlagen zu betreten.
In diesen bangen Minuten wurde mir auch klar, wie das Blut der Orgien in den Fluß gelangen konnte. Der Fluß wird aus dem Felsen geboren. Er besteht gewiß aus Gletscherwasser, das durch unbekannte Felsspalten seinen Weg in unser Tal findet. Die magische Pforte war ein Zugang zu diesen Felsspalten, dessen war ich mir gewiß.
Der Magier verschwand mit seinem bedauernswerten Opfer durch die
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