Marlene Suson 1
bezweifle es. Er wirkt hier immer so ruhelos.‚
„Es liegt an dir, ihn zum Bleiben zu bewegen.‚
Jeromes Hände hielten inne. „Aber wie?‚
„Laß ihn dir helfen. Übertrage ihm einige deiner Pflichten. Du hast ohnehin viel zuviel um die Ohren.
„Die Landwirtschaft langweilt ihn. Außerdem wäre es höchst unfair von mir, ihm die Arbeit auf einem Besitz aufzubürden, der mir gehört.‚
„Ach, Jerome, siehst du denn nicht, daß Morgan sich nur des- halb langweilt, weil er nichts zu tun hat? Nur darum will er nicht bleiben. Würdest du unter solchen Umständen bleiben wollen?‚
„Nein‚, gestand Jerome ein. „Aber ...‚
„Dann laß ihm doch wenigstens die Wahl.‚
„Vielleicht tue ich das wirklich‚, sagte Jerome nachdenklich. Dann legte er die Hände um ihr Gesicht.
Aufgeschreckt durch seine ernste Miene, fragte sie: „Was ist los?‚
„Rachel, ich habe dich nicht geheiratet, um die Straßenräube- rei meines Bruders zu beenden.‚
Erleichterung und Hoffnung durchflutete sie. „Und warum hast du es getan?‚
„Ich konnte es nicht ertragen, dich auf Wingate Hall zurück- zulassen.‚
Ihr Herz begann zu hüpfen, und sie gestand lächelnd: „Und ich habe dich entführt, weil ich es nicht ertragen konnte, daß du Wingate Hall ohne mich verläßt.‚
Ein skeptischer Ausdruck trat in sein Gesicht. „Ich dachte, du wolltest nur einer Ehe mit Lord Felix entrinnen.‚
Rachel beschloß, das Risiko einzugehen und ihm die Wahrheit zu sagen. „Ich tat es, weil ich mich in dich verliebt hatte.‚
„Und du liebst mich immer noch?‚ Seine Stimme klang drän- gend.
Sie lächelte zu ihm auf. „Ja, gewiß.‚
In seine Augen trat ein warmer Schimmer. „Bin ich froh‚, mur- melte er. Dann küßte er sie, hart und fordernd.
Eine leise Enttäuschung schlich sich in ihr Herz. Sie hatte ge- hofft, er würde ihr jetzt auch seine Liebe gestehen. Doch zumin- dest hatte er die ihre akzeptiert, ohne sich darüber lustig zu ma- chen. Das war immerhin ein Anfang.
25. KAPITEL
Als Jerome zwei Wochen später am Morgen erwachte, tastete seine Hand automatisch nach seiner Frau. Doch sie lag nicht mehr neben ihm. Schnell öffnete er die Augen und setzte sich auf.
Er sah sie am Fenster stehen. Sie war bereits fertig angezogen und trug ihr grünes Reitkleid. „Weshalb bist du so früh aufge- standen?‚
„Es ist einer wundervoller Tag!‚ rief sie mit einer Begeiste- rung, die ansteckend wirkte. „Es hat in der Nacht geregnet, und jetzt wirkt alles wie frisch gewaschen. Ich möchte nach draußen. Komm, laß uns ausreiten, nur wir beide.‚
„Eine verrückte Idee‚, brummte er, doch ihr Vorschlag war verlockend. Wie alles, was er mit Rachel zusammen unternahm. Während er die Beine über die Bettkante schwang, fuhr er sich mit der Hand über die dichten Bartstoppeln. „Ich muß mich aber erst rasieren.‚
„Bitte nicht. Das dauert viel zu lange. So früh am Morgen brauchst du den Herzog nicht herauszukehren. Zieh die alten Sachen an, in denen ich dich kennengelernt habe. Darin wirst du es viel bequemer haben.‚
Da hatte sie natürlich recht, und er folgte ihrem Rat.
Als sie gingen, griff sie nach ihrer Ledertasche. „Weshalb willst du sie mitnehmen?‚
„Ich will auf dem Rückweg nach einem kranken Kind schauen.‚
Sofort dachte er an sein unrasiertes Gesicht und die alten Klei- der. „Ich denke, wir werden niemandem begegnen.‚
Sie lächelte zu ihm auf. „Du kannst ja vorgeben, mein Reit- knecht zu sein, und bei den Pferden warten, wie Ferris es im- mer tut.‚
Jerome schmunzelte. Der Gedanke, sich wieder als Reitknecht auszugeben, gefiel ihm ungemein.
Als sie in der frischen Morgenluft durch den Park ritten, war er froh, auf Rachels Vorschlag eingegangen zu sein.
„Hättest du etwas dagegen, nach Stanmore Acres zu reiten?‚ fragte Jerome. „Ich wollte einen Blick auf Bill Taggarts Farm wer- fen.‚ Taggart war früher der beste und zuverlässigste Pächter von Stanmore Acres gewesen, doch der letzte Besitzer von Stanmore Acres hatte behauptet, Taggart wäre inzwischen ein gefährlicher Unruhestifter geworden.
Auch Emily hatte sich über ihn beklagt und ihn einen ,faulen Flegel’ genannt. Nun wollte Jerome sich selbst ein Bild machen.
„Ich reite mit dir, wohin du willst‚, versicherte Rachel. „Aber warum willst du ausgerechnet nach Stanmore Acres?‚
Er lächelte ihr zu. „Dank deinem guten Rat, einen Teil meiner Pflichten auf Morgan abzuwälzen, habe ich jetzt Zeit
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