Marlene Suson 1
Mannschaften der Betsy gesprochen, die alle schwören, daß er während der Überfahrt an Bord war.
„Warum hat der Kapitän dann diesen Brief geschrieben?‚
„Das weiß ich nicht. Er ist jetzt Kapitän eines anderen Schif- fes, das augenblicklich auf See ist. Griffin wird erst nach sei- ner Rückkehr mit ihm sprechen können. Ich vermute allerdings, daß der Kapitän etwas mit Stephens Verschwinden zu tun haben könnte.‚
„Aber wenn Stephen doch nach England zurückgekehrt ist, was könnte ihm hier zugestoßen sein?‚
„Ein paar Männer von der Betsy und anderen Schiffen, die zu dem Zeitpunkt im Hafen von Dover lagen, wollen einen Mann gesehen haben, auf den Stephens Beschreibung paßt. Sie haben erzählt, daß er überwältigt und mit Gewalt an Bord einer briti- schen Fregatte gebracht wurde. Der Name der Fregatte war Sea Falcon. Sie ist unterwegs nach Amerika.‚
Rachels Gesicht begann zu strahlen. „Aber das bedeutet doch, daß Stephen noch am Leben ist! Wie herrlich!‚ Bei Jeromes ern- ster Miene stockte sie. „Warum schaust du so seltsam?‚
„Nur wenige Männer überleben es, wenn sie schanghait wer- den.‚ Noch dazu, wenn sie so verwöhnt waren wie Stephen.‚
„Aber vielleicht hat mein Bruder den Kapitän von seiner wah- ren Identität überzeugen können.‚
Es tat Jerome weh, ihre freudige Erregung zu dämpfen, doch es wäre noch grausamer gewesen, falsche Hoffnungen in ihr zu wecken. Deshalb sagte er bedrückt: „In dem Fall müßte Stephen längst wieder zu Haus sein. Es tut mir so leid, mein Herz.‚
Er zog sie in die Arme und drückte sie tröstend an sich.
„Ich weiß, daß er noch lebt!‚ rief Rachel heftig. „Ich weiß es einfach.‚
Der Bericht hatte Jerome eher vom Gegenteil überzeugt. Er hatte gedacht, sie würde zu dem gleichen Schluß kommen wie er.
„Steht noch etwas in dem Bericht?‚
„Nein.‚ Er wollte nicht darüber sprechen, daß er den Agenten noch mit einer zweiten Aufgabe betraut hatte: Sophia Wingates Hintergrund zu durchleuchten. Griffin hatte geschrieben, daß er in dem Punkt noch keinen Erfolg vorweisen könnte.
Jerome senkte den Kopf und küßte Rachel so lange und leiden- schaftlich, bis sie beide nach Atem rangen. Sie begann sein Hemd aufzuknöpfen. Mehr Einladung brauchte er nicht.
Später, als Rachel erbebend in seinen Armen Erfüllung fand, stieß sie mit erstickter Stimme hervor: „Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr!‚
Es durchfuhr Jerome heiß, als er ihre Worte hörte. Er glaubte ihr sogar. Solange sie auf Royal Elms lebte, gehörte sie ihm.
Trotzdem würde er kein solcher Narr sein, ihre Liebe zu er- widern, auch wenn sie ihm mittlerweile sehr teuer war. Es er- schreckte ihn, wieviel sie ihm schon bedeutete. Das würde er ihr gegenüber natürlich nicht zugeben. Nie würde er einer so schönen Frau so viel Macht über sich in die Hände geben.
Jerome lag rücklings im Gras neben einem kristallklaren Bach, der sich gurgelnd und sprudelnd durch ein enges, abgeschiedenes Tal wand. Er lag im Schatten einer weit ausladenden Erle und schaute seiner Frau zu, die vergnügt in dem Flüßchen planschte.
Als er Rachel diese Stelle das erstemal gezeigt hatte, hatte sie sich sofort in das idyllische Plätzchen verliebt. Heute nachmittag hatte sie ihn so lange umschmeichelt, bis er sich zu einem Pick- nick breitschlagen ließ.
Ihm kam zum Bewußtsein, daß seine Selbstdisziplin erheblich gelitten hatte, seit er mit Rachel verheiratet war.
Doch es störte ihn nicht.
Jerome dachte über den Besuch nach, den sie dem Haus der Taggarts heute morgen abgestattet hatten. Es war ein Morgen gewesen, wie er ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Obwohl er seinen Pächtern gegenüber immer großzügig und nobel gewesen war, hatte dabei jedoch nie unmittelbaren Kontakt mit den Menschen gehabt.
Dies war das erstemal, daß er einem Pächter mit eigenen Hän- den geholfen hatte und in sein Leben einbezogen worden war. Es überraschte ihn, wie glücklich und zufrieden ihn der Gedanke machte.
Er erinnerte sich auch an das bewundernde Lächeln, mit dem
Rachel ihn beim Verlassen des Taggart-Hauses belohnt hatte. Es war wie ein Sonnenstrahl in die tiefsten Tiefen seines Herzens gedrungen.
Ja, dachte er glücklich, zum erstenmal bin ich mit mir und der Welt im reinen.
Sein Blick ruhte noch immer auf Rachel, die offenbar keine Lust hatte, aus dem Wasser zu kommen. Verlangen stieg in ihm auf, und er spielte mit dem Gedanken, sie hier im Gras zu lieben. Ob man
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