Marlene Suson 2
er Megan nicht heiraten. Englische Lords wählten ihre Gemahlinnen unter dem Aspekt ihrer Verbindungen und ihrem Platz im Adelskalender aus. Stephens eigener Titel verpflichtete ihn dazu. Eine Kolonistin aus dem amerikanischen Grenzland war da denkbar ungeeignet.
Nein, heiraten konnte er Megan nicht.
Aber würde sie das akzeptieren?
Gefallen würde es ihr bestimmt nicht. Es gefiel ihm ja selbst nicht, aber er konnte es nicht ändern. Entschlossen preßte Ste- phen die Lippen zusammen. Er würde Megan verführen müssen, damit sie ihm ohne Trauring nach England folgte.
Sie verlangte nach ihm. Die Leidenschaft, mit der sie seine Küsse erwidert hatte, verriet es ihm. Er würde dafür sorgen, daß sie noch mehr nach ihm verlangte.
Meg zog sich rasch an, schob den Vorhang ihres „Schlafzimmers“ beiseite und blieb wie angewurzelt stehen. Stephens Bett war leer. Hatte er sein Wort gebrochen und sich heimlich fortgeschli- chen? Ein scharfer Schmerz bohrte sich in ihr Herz. Als sie ein Geräusch an der Tür hörte, drehte sie sich um.
Stephen kam herein. Er trug das Wildlederhemd, das sie für ihn genäht hatte.
Erleichterung durchflutete sie. Flüsternd, um Josh nicht zu wecken, fragte sie: „Wo in aller Welt sind Sie gewesen?“
Was für ein Pech, daß sie schon auf war! „Ich konnte nicht schlafen. Darum habe ich einen kleinen Morgenspazier- gang gemacht.“ Er wirkte atemlos, als wäre er eher gerannt als spazierengegangen.
„Wie weit waren Sie denn?“
„Die Straße hinauf bis hinter Wilhelms Farm.“
Meg spürte, daß er ihr auswich. Irgend etwas steckte hinter diesem eigenartigen Morgenspaziergang, und er verheimlichte es ihr. Doch da sie sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, was es sein mochte, ließ sie die Sache auf sich beruhen.
Anschließend schien er bei ihr etwas gutmachen zu wollen. Er bestand darauf, den Gemüsegarten für sie zu jäten. Als sie sagte, daß sie Wäsche waschen müsse, fand er, daß es im Blockhaus zu heiß sei, um dort das Wasser zu erhitzen. Damit hatte er natürlich recht. Er machte ihr draußen ein Feuer und brachte ihr Wasser von der Quelle.
Dann bot Stephen an, Joshs Arbeiten zu übernehmen, damit der Junge zu Wilhelm reiten gehen konnte. Wie der Blitz war Josh verschwunden, damit Stephen keine Gelegenheit hatte, sein Angebot zurückzunehmen.
Während Meg die Wäsche wusch, ging Stephen ins Blockhaus.
Nachdem Meg das letzte Wäschestück auf die Leine zwischen den beiden Birken gehängt hatte, folgte sie ihm.
Bei ihrem Eintritt kniete Stephen neben der Truhe ihres Stiefvaters und legte gerade die Kleider zurück. Er wirkte ausgesprochen selbstzufrieden.
Bei diesem Anblick blieb Meg abrupt stehen. In den Wochen seines Hierseins hatte Meg gelernt, ihm zu vertrauen. Es versetzte ihr einen Schlag, als sie ihn jetzt dabei ertappte, daß er die Truhe eines anderen Mannes durchwühlte. „Was machen Sie da?“
Erschrocken fuhr er zusammen und sprang auf. Der Deckel der Truhe fiel mit einem lauten Knall zu. Stephen hatte ihren Schaukelstuhl zu der Truhe herübergezogen, und auf dem Sitz lag noch ein Stapel von Charles’ Garderobe.
Meg trat zu ihm. „Was in aller Welt suchen Sie?“
Stephen zupfte an seinem Jagdhemd. „Hierfür ist es heute viel zu heiß“, sagte er beiläufig. „Ich habe nach einem dünneren Hemd gesucht. Das andere, das Sie mir gegeben haben, ist gerade in der Wäsche.“
Das stimmte, doch sie wies auf die Kleidungsstücke auf dem Schaukelstuhl. „Charles’ Hemden lagen alle zuoberst, und jetzt liegen sie hier auf dem Stuhl. Wieso haben Sie alle herausgeholt und dann noch weiter in der Truhe herumgewühlt?“
Stephen wirkte verlegen. „Diese Hemden sind alle so elegant
und kostbar, daß sie zur Arbeit nicht taugen. Ich hatte gehofft, ein etwas älteres Hemd zu finden, das vielleicht schon ein bißchen abgetragen ist.“
Sie runzelte die Stirn. „Sie hätten mich fragen sollen, be- vor . . .“
„Ich weiß“, fiel er ihr ins Wort. „Aber Sie hatten so viel zu tun, daß ich Sie nicht stören wollte.“
Ein Lächeln flog über sein Gesicht. Seine Hand schoß vor und zog ihr die Haube vom Kopf. Irgendwie mußte er sie ja ablenken.
„Geben Sie sie wieder her!“ rief sie ungehalten.
„Nur für einen Kuß.“
Bevor sie protestieren konnte, spürte sie seine Lippen auf ih- rem Mund, zuerst sanft, doch dann immer fordernder. Heißes Verlangen wallte in ihr auf.
Meg wußte genau, daß es ein Fehler war, aber sie hatte einfach
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