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Marlene Suson 3

Marlene Suson 3

Titel: Marlene Suson 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Mitternachts-Rächer
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    Sir Jasper trat zu einem großen Wappenschild, der an der Wand hing. Er war in drei Dreiecke aufgeteilt, und in jedem Dreieck war ein aufgerichteter brüllender Löwe abgebildet. Auf den beiden seitlichen Feldern waren die Löwen im Profil zu sehen, wohingegen das Tier auf dem mittleren Feld den Be- trachter anzuspringen schien. „Das ist das Familienwappen der Boltons.“
    Sir Jasper drückte auf das rechte Auge des mittleren Löwen, und das ganze Eichenpaneel, an dem der Schild hing, schwang nach innen und legte einen schmalen Gang frei. Eine Steintreppe führte nach unten.
    Morgan bezweifelte, daß Sir Jasper tatsächlich per Zufall über den geheimen Knopf gestolpert war, wie er behauptete. Dazu war er eigentlich viel zu gut verborgen. Mit gespielter Verwunderung fragte er: „Alle Wetter, wie haben Sie das nur entdeckt?“
    „Ich glaubte, einen Fleck auf dem Auge zu sehen, und ver- suchte ihn wegzuwischen. Können Sie sich meine Verblüffung vorstellen, als plötzlich das ganze Ding wegrutschte?“
    Wiltons Erklärung überzeugte Morgan nicht unbedingt. Hatte der Vorbesitzer des Hauses oder einer seiner Jakobiterfreunde ihm den Zugang zu dem Geheimgang gezeigt?

„Aber Lady Daniela!“ rief Sir Jasper erschrocken. „Was machen Sie denn?“
    Morgan fuhr herum. Daniela hatte sich eine der Kerzen aus dem Leuchter gegriffen und verschwand gerade die Steintreppe hinunter.
    „Das muß ich mir ansehen!“
    „Um Gottes willen, Mylady, kommen Sie zurück! Da unten ist es dunkel und schmutzig und außerdem gefährlich. Seit Jahren ist niemand mehr hinuntergestiegen.“
    „Wo führt die Treppe hin?“ Danielas Stimme klang ganz fremd und dumpf. „Wahrscheinlich irgendwo in den Keller, oder?“
    „Nein“, widersprach Sir Jasper. „Sie führt zu einer Geheim- kammer und von dort in einen unterirdischen Gang.“
    „Und wo endet der Gang?“ Danielas Neugier war unbezähm- bar.
    „Weiß ich nicht. Ich habe ihn nie erforscht. Ist viel zu gefähr- lich. Der Gang ist sehr alt, und Wände und Decke sind nicht abgestützt. Ich flehe Sie an, Lady Daniela, kommen Sie zurück, bevor dort unten alles über Ihnen zusammenbricht!“

9. KAPITEL
    Bei Wiltons Worten fühlte Morgan, wie Angst um Daniela in ihm aufstieg. „Zum Teufel, Daniela!“ rief er ihr nach. „Kommen Sie sofort wieder zurück!“
    „Nein, ich will sehen, wohin der Gang führt.“ Danielas Stimme war jetzt schon viel leiser. Das bedeutete, daß das verrückte Frauenzimmer immer weiter in den Gang vordrang.
    Morgan zerdrückte einen Fluch zwischen den Zähnen. Warum konnte diese Frau nie auf ihn hören?
    „Verflixt!“ Ihre Stimme war kaum noch zu hören. „Jetzt ist die Kerze ausgegangen.“
    Heiße Angst um Daniela ergriff Morgan. Um sich selbst hatte er sich nie so geängstigt, nicht einmal in Augenblicken höchster Gefahr. Fluchend riß er die zweite Kerze aus dem Leuchter und legte schützend die Hand um die Flamme, damit sie nicht aus- ging. Dann begann er die Stufen hinunterzusteigen. „Ich hole Sie heraus“, rief er Daniela zu.
    Der Gang mit der steilen Treppe war so schmal, daß er mit seinen breiten Schultern nicht durchkam. Er mußte sich seitlich gehend hinunterzwängen. Ein übler, muffiger Geruch stieg ihm in die Nase.
    Als Morgan den Fuß der Stufen erreichte, schätzte er, minde- stens sechs Meter unterhalb des Niveaus der Bibliothek zu sein.
    Ein schwarzes Loch tat sich gähnend vor ihm auf. Er horchte angespannt, konnte jedoch kein Geräusch hören, das auf Daniela hinwies. Wo steckte sie? „Daniela!“ rief er laut.
    „Ich bin hier in der Geheimkammer“, hörte er ihre Stimme aus der Dunkelheit vor ihm.
    Obwohl er so zornig auf sie war, konnte er doch nicht umhin, ihren Mut zu bewundern. Ohne jede Angst war sie durch diesen finsteren, feuchten Schlauch vorgedrungen.
    Er preßte die Lippen zusammen. Daniela hatte viel zuviel Schneid, als gut für sie war.

Als er in den Tunnel hineinging, mußte er feststellen, daß er zu groß war, um aufrecht stehen zu können. Er war gezwun- gen, den Kopf einzuziehen und die Knie leicht anzuwinkeln. In dieser unbequemen Haltung kämpfte er sich mühsam durch den Gang, in dem es durchdringend nach Schimmel und Moder roch.
    Verdammt, wie er enge, dunkle Löcher wie dieses haßte! Er sehnte sich nach Tageslicht und frischer Luft. Und noch mehr sehnte er sich danach, sich wieder aufrichten und seine Glieder strecken zu können. Trotzdem trieb die Sorge um Daniela ihn

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