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Marlene Suson 3

Marlene Suson 3

Titel: Marlene Suson 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Mitternachts-Rächer
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vorwärts.
    „Oh, wie gut, daß Sie eine Kerze mitgebracht haben.“
    Als Morgan ihre Stimme hörte, wußte er, daß sie nicht weit sein konnte. Er entdeckte die Tür zu der geheimen Kammer und trat ein. Im schwachen Schein der Kerze erblickte er Daniela. Ihr Gesicht war mit Schmutz bedeckt, doch ihre grünen Augen blitz- ten vor Unternehmungslust. Er unterdrückte das überwältigende Verlangen, sie zu küssen.
    Daniela entzündete den Docht ihrer erloschenen Kerze an der flackernden Flamme. Im Licht der beiden Kerzen erkannte man ein kleines Gelaß mit steinernen Wänden, an dessen einer Seite ein überraschend komfortables Bett stand. Ein gepolsterter Ses- sel und ein Tisch mit einem Kerzenleuchter und einer leeren Weinflasche vervollständigten die Einrichtung.
    Überrascht schaute Morgan sich um. Die Kammer war nicht annähernd so schmutzig und staubig, wie sie es hätte sein müs- sen, wenn wirklich seit Jahren niemand mehr hier unten ge- wesen wäre, wie Wilton behauptete. Morgans Blick fiel auf etwas Weißes, das unter dem Bett hervorlugte. Er bückte sich und zog eine Ausgabe der Evening Post hervor. Ein Blick auf das Datum verriet ihm, daß die Zeitung erst drei Monate alt war.
    Irgend jemand war hier gewesen, hatte sich vermutlich in dieser Kammer aufgehalten. Und das war noch nicht lange her.
    Morgan schaute auf und stellte fest, daß Daniela schon wieder verschwunden war. „Daniela!“ rief er. Diese Frau brachte ihn schier zur Verzweiflung. „Wo, zum Teufel, stecken Sie?“
    „Ich will sehen, wohin der Tunnel führt“, hallte ihre Stimme schaurig durch den Gang.
    Mußte dieses Geschöpf denn immer mit dem Kopf durch die

Wand? Er erinnerte sich an Wiltons Worte, daß die Decke des Ganges einstürzen und sie unter sich begraben könnte. „Kom- men Sie sofort wieder her!“ schrie er unbeherrscht. „Es ist viel zu gefährlich.“
    „Wenn Sie so ein Feigling sind, dann können Sie ja bleiben, wo Sie sind!“
    Der Gedanke, von Daniela für einen Feigling gehalten zu wer- den, brachte Morgan in Harnisch, und er rief: „Warten Sie, ich gehe voraus!“
    „Geht nicht“, gab sie zurück. „Es ist viel zu eng hier, um aneinander vorbei zu kommen.“
    „Dann kehren Sie zurück in die Kammer.“
    „Nein, ich muß den Ausgang des Tunnels finden.“
    „Himmeldonnerwetter, Daniela, kommen Sie zurück!“
    Doch sie gehorchte nicht.
    Wild vor sich hinfluchend drang Morgan wieder in den Tunnel vor, der hier noch enger wurde.
    Ein Frösteln überlief Morgan, und er mußte sich vorwärts zwingen, bis er vor sich einen schwachen Lichtschein entdeckte. „Daniela, warten Sie.“
    Sie wandte sich um. Ihr übermütiges Lächeln war so be- zaubernd, daß sein Herzschlag stockte. Doch gleich wandte sie ihm wieder den Rücken zu und ging rasch weiter durch den modrigen Tunnel, der allmählich anzusteigen begann.
    Offensichtlich teilte sie Morgans Antipathie gegen enge, dunkle unterirdische Räume nicht. Die Frau durfte man einfach nicht sich selbst überlassen. Sie brauchte jemanden, der sie vor ihrer eigenen Tollkühnheit beschützte.
    Es kam Morgan wie eine Ewigkeit vor, bis sie das Ende dieses verdammten Höllenschlundes erreichten.
    Daniela wandte ihm ihr schmutziges, glühendes Gesicht zu, und wieder kämpfte er den Wunsch nieder, ihren lockenden Mund zu küssen.
    „Was für ein herrliches Abenteuer!“
    Ihre Begeisterung riß an Morgans Nerven. „Es ist nicht herr- lich, sondern schmutzig und gefährlich.“ Es ärgerte ihn, wie mürrisch und ungehalten seine Stimme klang, aber zum Teufel, er hatte einfach Platzangst.
    Ein mattes Lächeln kräuselte seine Mundwinkel. Wer immer die Frauen für das schwache Geschlecht hielt, der kannte Lady Daniela nicht!

Am Ende des Tunnels fiel ein schwacher Lichtschein durch einen Spalt über ihren Köpfen. Morgan schaute genauer hin und entdeckte eine hölzerne Falltür, die nicht ganz dicht schloß. Dar- unter lehnte eine roh behauene Holzleiter an der Tunnelwand, deren Sprossen mit Lederstreifen festgebunden waren. Der Gang war an dieser Stelle etwas breiter, so daß Morgan neben Daniela stehen konnte. Er war groß genug, um die Falltür ein wenig anzu- heben, aber er konnte durch den entstandenen Spalt nur Steine und Baumwurzeln sehen.
    Er stieß noch ein paarmal gegen die Falltür, bis sie offen blieb, nachdem er sie losgelassen hatte. Dann kletterte er über die wacklige Leiter hinauf und stand in einem dichten, wür- zig duftenden Kiefernwald. Mit tiefen Atemzügen

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