Mars 01 - Die Prinzessin vom Mars
gegenwärtig sehr viel. Das Plätschern eines Baches hätte ihm dieselben Informationen vermittelt wie meine Worte, aber er verstand die Handlung, die ich meinen Worten folgen ließ.
Ich trat mit ausgestreckter Hand auf ihn zu, ergriff das Armband, machte es mir oberhalb des Ellenbogens an den Arm, blieb lächelnd stehen und wartete. Sein großer Mund zog sich zu einem Antwortlächeln auseinander. Er schob einen Arm des mittleren Paares unter den meinen, wir wandten uns um und begaben uns zu seinem Reittier. Gleichzeitig hieß er sein Gefolge näherkommen. In wildem Galopp stürmten sie auf uns zu, wurden aber durch ein Zeichen von ihm gebremst. Offenbar fürchtete er, mich damit so sehr zu erschrecken, daß ich endgültig aus seiner Reichweite sprang.
Er wechselte mit seinen Männern einige Worte, gab mir durch Gesten zu verstehen, daß ich hinter einem von ihnen reiten würde, und saß auf. Der Angewiesene reichte mir zwei oder drei Hände und hob mich hinter sich auf den glatten Rücken seines Tieres, wo ich mich, so gut ich konnte, an den Gurten und Riemen festhielt, mit denen die Waffen und der Schmuck des Marsbewohners befestigt waren.
Inzwischen hatte die ganze Reihe kehrtgemacht, und wir galoppierten auf die Hügelkette in der Ferne zu.
Ein Gefangener
Nach etwa zehn Meilen stieg der Boden steil an. Wie ich später erfahren sollte, näherten wir uns dem Rand eines der längst ausgetrockneten Meere, in dessen Mitte mein Abenteuer mit den Marsbewohnern stattgefunden hatte.
Binnen kurzer Zeit befanden wir uns am Fuß des Gebirges. Hinter einer engen Schlucht erreichten wir ein offenes Tal, das in eine niedrige Hochebene überging. Weit vor uns lag eine riesige Stadt. Wir ritten darauf zu und auf einer verfallenen Straße ein, die kurz davor mitten im Flachland bei einigen breiten Stufen begann.
Bei näherer Betrachtung sah ich, daß die Gebäude, obwohl noch gut erhalten, leer waren. Sie sahen so aus, als wären sie seit Jahren, vielleicht sogar Jahrhunderten, unbewohnt. In Stadtmitte befand sich ein riesiges Forum, das ebenso wie die angrenzenden Häuser von etwa neunhundert oder tausend Kreaturen jener Gattung, der auch meine Wächter angehörten, belagert wurde, denn trotz der zuvorkommenden Art, mit der sie mich mitgenommen hatten, sah ich mich nun doch als ihren Gefangenen.
Außer Schmuck trugen alle keine Kleidung. Die Frauen unterschieden sich nur unwesentlich von den Männern. Lediglich die Stoßzähne der letzteren waren im Verhältnis zur Größe viel länger und krümmten sich in einigen Fällen fast bis zu den hoch angesetzten Ohren. Die Frauen waren von kleinerer Gestalt und besaßen eine hellere Hautfarbe, und an Fingern und Zehen waren noch Rudimente von Nägeln festzustellen, die bei den Männern völlig fehlten. Die erwachsenen Frauen waren zwischen zehn bis zwölf Fuß groß.
Die Kinder waren noch viel heller als die Frauen und sahen für mich alle gleich aus, abgesehen von einigen, die größer, und wie ich annehme, auch älter waren.
Ich sah keinen Greis unter den Leuten, auch gab es dem Äußeren nach keine nennenswerten äußerlichen Unterschiede zwischen Vierzigjährigen und Eintausendjährigen. In diesem Alter treten sie freiwillig ihre letzte ungewöhnliche Pilgerfahrt zum Fluß Iss an, von dem kein lebender Marsbewohner weiß, wohin er führt, und von dem niemand je zurückgekommen ist. Auch hätte man denjenigen nicht mehr unter sich geduldet, der sich einmal zu dem kalten und dunklen Wasser begeben hatte.
Nur einer von tausend Marsbewohnern stirbt an einer Krankheit oder einem Gebrechen, ungefähr zwanzig treten die freiwillige Wallfahrt an. Die anderen neunhundertundneunundsiebzig sterben eines gewaltsamen Todes beim Zweikampf, bei der Jagd, beim Fliegen und im Krieg. Die bei weitem meisten Todesfälle gibt es in der Kindheit, wo unzählige den großen, weißen Affen des Mars zum Opfer fallen.
Die durchschnittliche Lebenserwartung des erwachsenen Marsmenschen liegt bei etwa dreihundert Jahren, sie läge aber weitaus höher, gäbe es nicht die zahlreichen gewaltsamen Todesarten. Auf Grund der schwindenden Bodenschätze des Planeten war es offensichtlich notwendig geworden, der ansteigenden Lebenserwartung entgegenzuwirken, die den bemerkenswerten Fertigkeiten in der Heilkunst und Chirurgie zu verdanken ist. So gilt ein Menschenleben auf dem Mars wenig, wie man aus den gefährlichen Spielarten und dem fast immer anhaltenden Kriegszustand zwischen den verschiedenen
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