Mars 01 - Die Prinzessin vom Mars
Marsmenschen reitet in bestimmten Marschverbänden der Anführer immer als letzter. Als sein Glas in unsere Richtung schwenkte, stockte uns das Herz, und ich spürte, wie mir kalter Schweiß aus allen Poren meines Körpers brach.
Nun war das Glas direkt auf uns gerichtet - und verharrte. Unsere Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, und ich zweifle, daß während der wenigen Sekunden, die er uns in seinem Blickfeld hatte, überhaupt einer von uns atmete. Dann ließ er das Glas sinken, und wir sahen, wie er den Kriegern, die hinter dem Felsvorsprung verschwunden waren, einen Befehl erteilte. Er wartete nicht auf sie, sondern wendete augenblicklich sein Thoat und sprengte ungestüm auf uns zu.
Wir hatten noch eine kleine Chance, und die mußte ich schnell nutzen. Ich hielt das seltsame Gewehr der Marsmenschen an die Schulter, nahm ihn ins Visier und betätigte den Knopf am Abzug. Es gab eine scharfe Explosion, als die Kugel auftraf, und der Angreifer stürzte rückwärts von seinem dahinfliegenden Tier.
Ich sprang auf, drängte das Thoat aufzustehen und hieß Sola hinter Dejah Thoris aufsitzen. Sie sollten mit allen Mitteln versuchen, das Gebirge zu erreichen, bevor die grünen Krieger bei uns anlangten. Ich wußte, daß sie sich eine Zeitlang in den Schluchten und Hohlwegen versteckt halten konnten, und obwohl sie dort vor Hunger und Durst zugrunde gehen würden, war das noch immer besser, als den Thark in die Hände zu fallen. Auch bestand ich darauf, daß sie meine beiden Revolver mitnahmen, damit sie wenigstens etwas hatten, um sich zu verteidigen und sich das schreckliche Ende zu ersparen, das eine erneute Gefangennahme mit Sicherheit nach sich ziehen würde. Ich nahm Dejah Thoris in die Arme und setzte sie hinter Sola aufs Thoat, die meinem Befehl zum Aufsitzen bereits gefolgt war.
»Lebe wohl, meine Prinzessin«, flüsterte ich. »Noch können wir uns in Helium treffen. Ich bin schon schlimmeren Gefahren entronnen.« Bei dieser Lüge versuchte ich zu lächeln.
»Wie, du kommst nicht mit uns?« sagte sie.
»Wie denn? Irgend jemand muß sie eine Zeitlang aufhalten, und allein entkomme ich eher als wir drei zusammen.«
Schnell sprang sie vom Thoat, legte mir die reizvollen Arme um den Hals, wandte sich an Sola und sagte mit stiller Würde: »Flieh, Sola! Dejah Thoris möchte mit dem Mann sterben, den sie liebt.«
Diese Worte prägten sich mir für immer ein. Gern gäbe ich tausendmal mein Leben dafür, sie noch einmal zu hören, doch damals hatte ich keine Sekunde Zeit, um mich an ihrer süßen Umarmung zu ergötzen. Zum ersten Mal drückte ich meine Lippen auf die ihren, packte sie und setzte sie mit Gewalt hinter Sola auf den Platz. Dann befahl ich Sola mit energischer Stimme, sie festzuhalten, versetzte dem Reittier einen Klaps auf die Flanke und sah, wie sie losritten, wobei sich Dejah Thoris mit aller Kraft aus Solas Griff zu befreien versuchte.
Ich wandte mich um und bemerkte, daß die grünen Krieger den Felsen erklommen und nach ihrem Anführer Ausschau hielten. Kaum hatten sie mich jedoch entdeckt, lag ich flach ins Moos gepreßt am Boden und setzte meinen Beschuß fort, bis all jene Krieger, die als erste wieder hinter dem Felsen aufgetaucht waren, tot waren oder hastig Deckung suchten.
Dennoch war der Aufschub nur von kurzer Dauer, denn bald bekam ich den ganzen Trupp zu sehen. Es waren einige tausend Mann, die mich nun angriffen und auf mich zustürmten. Ich feuerte, bis ich keine Munition mehr hatte und sie fast bei mir waren. Nachdem mir ein Blick nach hinten gezeigt hatte, daß Dejah Thoris und Sola zwischen den Hügeln verschwunden waren, sprang ich auf, ließ mein nutzloses Gewehr fallen und rannte in der entgegengesetzten Richtung von Sola und Dejah Thoris davon.
Wenn den Marsmenschen jemals eine Darbietung im Springen zuteil wurde, dann jenen erstaunten Kriegern an diesem längst vergangenen Tag. Zwar führten meine Sprünge sie von Dejah Thoris weg, doch gaben sie deswegen ihre Absicht nicht auf, mich gefangen zu nehmen.
Sie stürmten hinter mir her, bis ich schließlich über ein vorstehendes Felsstück stolperte und lang ausgestreckt ins Moos stürzte. Als ich aufblickte, waren sie bei mir, und obwohl ich, im Bestreben, mein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen, das lange Schwert zog, war alles bald vorbei. Unter ihren gezielt verabreichten Schlägen begann ich zu taumeln, mir schwindelte, alles wurde dunkel, und ich verlor das Bewußtsein.
Angekettet in Warhoon
Ich mußte
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