Mars 02 - Die Götter des Mars
sich Großhelium von seiner Zwillingsstadt unterscheidet. Als wir in großen Kreisen auf die Docks der Kriegsmarine zusteuerten, sahen wir unten unzählige Menschen durch die Straßen strömen. Man hatte Helium durch einen Funkspruch von unserem Eintreffen informiert.
Man brachte uns vier, Carthoris, Tars Tarkas, Xodar und mich vom Deck der Xavarian mit einem kleineren Flugzeug in die Unterkünfte im Tempel der Vergeltung. Hier widerfährt sowohl dem Wohltäter als auch dem Übeltäter Gerechtigkeit nach Marsrecht. Hier wird der Held ausgezeichnet und der Verbrecher verurteilt. Man holte uns direkt von der Landeplattform auf dem Dach ins Tempelinnere, so daß wir an keinem Menschen vorbei mußten, wie es sonst üblich war. Immer hatte ich angesehene Gefangene oder zurückkehrende Wanderer von Rang zu Gesicht bekommen, die auf der breiten Promenade der Vorfahren vom Tor der Jeddaks zum Tempel der Vergeltung durch dichte Massen spottender oder aufmunternder Bürger geführt wurden.
Ich wußte, daß Zat Arrras es nicht wagte, die Leute so nahe an uns heranzulassen, da er fürchtete, ihre Liebe zu Carthoris und mir würde sie ihr abergläubisches Entsetzen über das Verbrechen, dessen wir angeklagt wurden, vergessen lassen. Welche Pläne er hatte, konnte ich nur ahnen, doch daß er nichts Gutes im Schilde führte, wurde daran deutlich, daß uns auf dem Flug zum Tempel der Vergeltung nur seine engsten Vertrauten begleiteten.
Man brachte uns in einem Raum auf der Südseite des Tempels unter, von dem man die Promenade der Vorfahren bis zum etwa fünf Meilen entfernten Tor der Jeddaks überblicken konnte. Die Menschen auf dem Vorplatz und im Umkreis von einer Meile hatten sich so dicht aneinander gedrängt, wie es nur möglich war. Sie benahmen sich sehr diszipliniert - es gab weder Spott noch Beifall, und viele von denen, die uns an den Fenstern über sich erblickten, schlugen die Hände vors Gesicht und weinten.
Spät am Nachmittag traf ein Bote von Zat Arrras ein, um uns mitzuteilen, daß eine Gruppe von unparteiischen Edelleuten zur ersten Zode 1 des Folgetages oder ungefähr 8 Uhr vierzig in der Frühe nach Erdenzeit, in der großen Halle des Tempels über uns richten würde.
l Wo immer John Carter auch die Zeit-, Gewichts-, Entfernungsmessung u.ä. vom Mars angewendet hat, habe ich sie so genau wie möglich in ihre irdische Entsprechung übertragen. Seine Niederschriften enthalten viele Tabellen vom Mars und eine Unmenge wissenschaftlicher Daten, doch wahrend die Internationale Astronomische Gesellschaft gegenwärtig dabei ist, diese unzähligen, bemerkenswerten und wertvollen Informationen auszuwerten, einzuordnen und nachzuprüfen, habe ich gespürt, daß es die Geschichte von Hauptmann Carter nicht interessanter machen wird oder der Vergrößerung des menschlichen Wissensvorrates dient, wenn man sich diesbezüglich allzu strikt an das Original hält. Es könnte den Leser verwirren und seine Aufmerksamkeit von der Geschichte lenken. Jenen, die dennoch Interesse haben, möchte ich erklären, daß ein Tag auf dem Mars eine Kleinigkeit länger ist als 24 Stunden 37 Minuten (Erdenzeit). Diesen teilen die Marsmenschen in zehn gleiche Abschnitte, den Tag ungefähr um 6 Uhr beginnend. Die Zodes bestehen aus fünfzig kürzeren Zeiträumen, von denen ein jeder aus zweihundet kurzen Zeitabschnitten besteht, ungefähr von der Dauer einer Erdensekunde. Der Zeitkalender auf Barsoom, wie unten zu finden, stellt nur einen Auszug der vollständigen Tabelle dar, wie sie in Hauptmann Carters Niederschriften erscheint.
Tabelle
200 Tals =
1Xat
50 Xats =
l Zode
10 Zodes =
l Umdrehung des Mars um seine eigene Achse
Das Todesurteil
Einige Minuten vor der festgelegten Zeit erschien am folgenden Morgen eine mehrere Mann starke Wache von Zat Arrras' Offizieren bei unserer Unterkunft, um uns in die große Halle des Tempels zu geleiten.
In Zweierreihen betraten wir die Halle und schritten den sogenannten ›Gang der Hoffnung‹ entlang, auf das Podium in der Mitte des Saales zu. Vor und hinter uns marschierten bewaffnete Wachen, während vom Eingang bis zum Podium Soldaten aus Zodanga in drei dichten Reihen zu beiden Seiten des Ganges standen.
Als wir vor der Erhöhung angekommen waren, erblickte ich unsere Richter. Wie auf Barsoom Brauch, mußten es einunddreißig sein, Angehörige der Adelsklasse - denn Adlige standen vor Gericht - die per Los ausgewählt worden waren. Doch zu meinem Erstaunen sah ich nicht ein
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