Mars 02 - Die Götter des Mars
zurückkehren.«
Niemand widersprach. Zat Arrras stand kreidebleich und zitternd inmitten seiner Offiziere. Einige von ihnen blickten ihn verachtungsvoll an und wandten sich mir zu, während ein Mann, der lange in den Diensten von Tardos Mors gestanden und sein Vertrauen besessen hatte, als ich an ihm vorbeiging, leise zu mir sagte: »Du kannst mein Metall zu dem deiner Krieger zählen, John Carter.«
Ich dankte ihm und schritt weiter. Schweigend begaben wir uns an Bord des kleinen Fliegers und befanden uns kurz darauf wieder an Deck der Xavarian. Fünf Minuten später kam vom Flaggschiff der Befehl, nach Helium weiterzusegeln.
Unsere Reise dorthin verlief ereignislos. Carthoris und ich hingen düstersten Gedanken nach. Auch Kantos Kan war schwermütig, offenbar angesichts des kommenden Unglücks, das über Helium hereinbrechen würde, falls Zat Arrras versuchte, der jahrhundertealten Vorschrift zu folgen, nach der Flüchtige aus dem Tal Dor auf schrecklichste Weise zu Tode gebracht wurden. Tars Tarkas machte sich Sorgen um seine Tochter. Xodar allein war aller Sorgen ledig - einem Flüchtling und Verbrecher konnte es in Helium nicht schlechter ergehen als anderswo.
»Hoffen wir, daß wir zumindest mit bluttriefenden Klingen darniedergehen«, sagte er. Es war ein einfacher Wunsch, und höchstwahrscheinlich auch einer, der berücksichtigt werden würde.
Ich glaubte festzustellen, daß sich die Offiziere der Xavarian in zwei Lager teilten. Da waren jene, die sich um Carthoris und mich scharten, wann immer sich Gelegenheit dazu ergab, während sich genauso viele von uns fernhielten. Zwar behandelten sie uns mit ausgesuchter Höflichkeit, doch offensichtlich hingen sie voller Aberglauben an der Lehre von Dor, Iss und Korus. Ich konnte es ihnen nicht verübeln, denn ich wußte, welch tiefen Halt eine Weltanschauung, wie lächerlich sie auch sein mochte, bei sonst sehr intelligenten Menschen finden kann.
Mit unserer Rückkehr aus Dor begingen wir Gotteslästerung. Indem wir unsere Abenteuer berichteten und die Fakten so darstellten, wie sie waren, mißachteten wir die Religion ihrer Vorväter. Wir waren Gotteslästerer - Ketzer und Lügner. Sogar jene, die noch aus persönlicher Liebe und Treue zu uns hielten, zweifelten an unserer Aufrichtigkeit. Es fällt den Menschen bereits schwer, eine neue Religion anstelle einer alten zu akzeptieren, unabhängig davon, wie verlockend die Versprechungen der neuen auch sein mögen. Doch sich von seiner Religion zu trennen, weil sie ein Lügenmärchen ist, ohne dafür einen Ersatz zu bekommen, kann man in der Tat kaum von einem Menschen verlangen.
Kantos Kan wollte nichts von unseren Erlebnissen bei den Therns und den Erstgeborenen wissen.
»Es reicht, daß ich mein Leben jetzt und später aufs Spiel setze, indem ich euch überhaupt unterstütze. Verlangt nicht, daß ich noch größere Sünden begehe, indem ich mir Dinge anhöre, die man mir gegenüber immer als übelste Ketzerei bezeichnet hat.«
Ich wußte, daß früher oder später die Zeit kommen mußte, da sich unsere Freunde und Feinde öffentlich würden erklären müssen. In Helium würde es dann eine Anhörung geben, und falls bis dahin Tardos Mors nicht zurückgekehrt war, würde uns der Haß von Zat Arrras sehr schaden, fürchte ich, denn er repräsentierte die Regierung von Helium. Für einen seiner Gegner Partei zu ergreifen, kam dem Hochverrat gleich. Die Mehrheit der Truppen würde zweifellos der Führung ihrer Offiziere folgen. Ich wußte, daß die höchsten und mächtigsten Männer der Land- und Lufttruppen im Angesicht von Gott, Mensch oder Teufel zu John Carter halten würden.
Andererseits würde die Mehrheit des gemeinen Volkes zweifellos fordern, uns für die Gotteslästerung zu bestrafen. Von welchem Gesichtspunkt ich die Angelegenheit auch betrachtete, schienen unsere Aussichten betrüblich zu sein, doch mir wird jetzt bewußt, daß mich offenbar damals der Schmerz über Dejah Thoris' Verschwinden derart zermürbte, daß ich der schrecklichen Misere Heliums nur wenige Gedanken schenkte.
Tag und Nacht hatte ich ständig jene schrecklichen, alptraumhaften Szenen vor Augen, die meine Prinzessin gerade im jetzigen Augenblick erleben konnte - die fürchterlichen Pflanzenmenschen, die wilden weißen Affen. Zeitweise bedeckte ich das Gesicht mit den Händen, im sinnlosen Versuch, diese entsetzlichen Vorstellungen zu verdrängen.
Am Vormittag erreichten wir den meilenhohen, scharlachfarbenen Turm, durch den
Weitere Kostenlose Bücher