Mars 02 - Die Götter des Mars
eilten alle auf den Balkon und konnten gerade noch rechtzeitig ein Dutzend Angehörige meiner Palastwache im Schatten des etwas entfernt stehenden Gebüschs verschwinden sehen, als verfolgten sie einen Flüchtling. Direkt unter uns beugte sich eine Handvoll Wächter über eine reglose Gestalt, die ausgestreckt auf dem scharlachroten Rasen lag.
Unter unseren Augen hoben sie die Gestalt auf und trugen sie auf meine Anweisung in den Audienzsaal, wo wir unsere Beratung abhielten. Als sie den Toten uns zu Füßen legten, erkannten wir ihn als einen roten Mann in der Blüte seines Lebens. Er trug eine einfache Rüstung wie ein gewöhnlicher Soldat oder jemand, der seine wahre Identität verbergen will.
»Wieder einer von Zat Arrras' Spionen«, sagte Hor Vastus.
»Es sieht ganz danach aus«, erwiderte ich. Dann sagte ich der Wache: »Ihr könnt ihn wegtragen.«
»Wartet!« sagte Xodar. »Prinz, laßt doch bitte ein Tuch und etwas Thoatöl bringen.«
Ich gab einem der Soldaten einen Wink, der den Raum verließ, jedoch sogleich mit den Dingen zurückkehrte, die Xodar verlangt hatte. Der Schwarze kniete neben dem Toten nieder, tunkte eine Ecke des Tuches in das Thoatöl und rieb einen Moment an dem Gesicht des Daliegenden. Dann blickte er lächelnd zu mir auf und wies auf das Ergebnis. Ich schaute hin und sah, daß das Gesicht an den Stellen, wo er das Öl aufgerieben hatte, weiß war, so weiß wie meins. Nun packte Xodar das schwarze Haar der Leiche, riß es mit einem Ruck weg und legte eine unbehaarte Glatze bloß.
Wächter und Edle drängten sich eng um den schweigenden Zeugen auf dem Marmorboden. Viele äußerten laut ihr Erstaunen und ihre Verwunderung, da Xodars Vorgehensweise den Verdacht, den er gehegt hatte, bestätigt hatte.
»Ein Thern!« flüsterte Tars Tarkas.
»Schlimmer als das, fürchte ich«, erwiderte Xodar. »Doch wir wollen sehen.«
Er zog seinen Dolch und schnitt eine verschlossene Tasche auf, die am Harnisch des Thern baumelte. Darauf förderte er einen goldenen Ring zutage, in den ein großer Edelstein eingelassen war - er war das genaue Ebenbild dessen, den ich Sator Throg abgenommen hatte.
»Er war ein Heiliger Thern«, sagte Xodar. »Nur gut für uns, daß er nicht entkommen konnte.«
In diesem Augenblick betrat der Offizier der Garde den Raum. »Mein Prinz, ich muß melden, daß uns der Kumpan dieses Burschen entkommen ist. Ich denke, sie hatten sich mit einem oder mehreren der Männer am Tor abgesprochen. Daraufhin habe ich befohlen, alle unter Arrest zu stellen.«
Xodar überreichte ihm das Thoatöl und das Tuch.
»Damit kannst du den Spion unter euch feststellen«, sagte er.
Er ordnete sofort eine geheime Durchsuchung der Stadt an, denn jeder Edle des Mars unterhält einen eigenen Geheimdienst.
Eine halbe Stunde später kam der Offizier der Garde, um Bericht zu erstatten. Diesmal bestätigte er unsere schlimmsten Befürchtungen - die Hälfte der Wache am Tor waren in dieser Nacht Therns gewesen, die sich als Rote verkleidet hatten.
»Kommt!« sagte ich. »Wir dürfen keine Zeit verlieren. Auf nach Hastor, und zwar sogleich. Sollten die Therns versuchen, uns am Südrand der Eiskappe aufzuhalten, könnte dies all unsere Pläne und die ganze Expedition zunichte machen.«
Zehn Minuten später eilten wir gen Hastor durch die Nacht, vorbereitet, den ersten Schlag zur Rettung von Dejah Thoris zu führen.
Der Luftkampf
Zwei Stunden, nachdem wir meinen Palast in Helium verlassen hatten, also etwa gegen Mitternacht, langten Kantos Kan, Xodar und ich in Hastor an. Carthoris, Tars Tarkas und Hor Vastus waren auf einem anderen Kreuzer direkt nach Thark gereist.
Die Transporter sollte sofort auf die Reise geschickt werden und sich langsam nach Süden bewegen. Die Flotte der Schlachtschiffe würde sie am Morgen des zweiten Tages einholen.
In Hastor fanden wir alles fertig vor, und Kantos Kan hatte jede Einzelheit des Feldzugs so geplant, daß das erste Luftschiff der Flotte binnen zehn Minuten nach unserer Ankunft aus seinem Dock schwebte. In Abständen von einer Sekunde stiegen nacheinander alle großen Luftschiffe elegant in die Nacht auf und bildeten eine lange, dünne Reihe, die sich meilenweit nach Süden streckte.
Erst nachdem wir die Kabine von Kantos Kan betreten hatten, dachte ich daran, nach dem Datum zu fragen, denn ich wußte nach wie vor nicht genau, wie lange ich in den Gruben des Zat Arrras verbracht hatte. Als Kantos Kan es mir sagte, durchfuhr mich Entsetzen angesichts der
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