Mars 02 - Die Götter des Mars
Moment hielt ich die Augen geschlossen im Bestreben, die losen Enden der langen Gedankenketten und Erinnerungen aufzugreifen, die immer wieder durch mein müdes und überanstrengtes Gehirn jagten.
Schließlich erfolgte die grausame Erinnerung an meine letzte bewußte Handlung, und nun wagte ich nicht, die Augen zu öffnen aus Angst vor dem Anblick, der sich mir dann an meiner Seite bieten würde. Ich fragte mich, wer mir wohl die Hand auf die Stirn legte. Carthoris mußte einen Gefährten bei sich gehabt haben, den ich nicht sah. Nun gut, ich mußte dem Unabwendbaren irgendwann ins Antlitz sehen, warum also nicht jetzt? Also schlug ich die Augen auf.
Carthoris beugte sich über mich. Er hatte eine große Beule an der Stirn, wo die Kette ihn getroffen hatte, doch er lebte, Gott sei Dank! Niemand war bei ihm. Ich streckte die Arme aus und zog meinen Jungen an mich, und wenn je von irgendeinem Planeten ein inbrünstiges Dankgebet aufgestiegen ist, dann dort unter der Kruste des sterbenden Mars, als ich dem Ewigen Geheimnis für das Leben meines Sohnes dankte.
Der kurze Augenblick, in dem ich Chartoris sah und erkannte, ehe die Kette fiel, muß wohl ausgereicht haben, die Wucht des Schlages zu mindern. Er sagte mir, er habe eine Zeitlang bewußtlos dagelegen - wie lange, wußte er nicht.
»Wie bist du überhaupt hierher gelangt?« fragte ich, da mir rätselhaft war, wie er mich ohne Führer gefunden hatte.
»Dank deiner klugen Idee, mich durch den jungen Parthak von deiner Existenz und Einkerkerung zu unterrichten. Bis zu dem Moment, als er sich den Harnisch und das Schwert holte, hielten wir dich für tot. Als ich deine Nachricht las, erfüllte ich deine Bitte und ließ ihn sich den Harnisch im Wachraum aussuchen. Dann brachte ich ihm auch noch das juwelenbesetzte Schwert. In dem Moment, da ich das Versprechen erfüllt hatte, das du ihm offensichtlich gegeben hast, endete meine Verpflichtung ihm gegenüber. Ich begann nun, ihn zu befragen, doch er wollte mir keine Auskunft über deinen Aufenthalt geben. Er war Zat Arrras gegenüber äußerst loyal.
Schließlich ließ ich ihn zwischen der Freiheit und den Gruben unter dem Palast wählen - wobei der Preis der Freiheit in einer vollständigen Auskunft über den Ort deiner Einkerkerung und in Hinweisen bestand, die uns zu dir führen konnten. Dennoch hielt er an seiner hartnäckigen Ergebenheit für Zat Arrras fest. Voller Verzweiflung ließ ich ihn in die Gruben bringen, wo er jetzt noch ist.
Keine Androhungen von Folter oder Tod, keine Bestechungsgelder in märchenhafter Höhe konnten ihn umstimmen. Seine einzige Erwiderung auf all unser Drängen war, wann immer er sterben werde, sei es morgen oder in tausend Jahren, könnte niemand ihm nachsagen: ›Ein Verräter hat seinen verdienten Lohn erhalten!‹
Schließlich entwickelte Chodar, dieser listenreiche Teufel, einen Plan, wie wir ihm die Informationen entlocken konnten. Und so ließ ich Hor Vastus die Rüstung eines zodanganischen Soldaten anlegen und in Parthaks Zelle neben ihn anketten. Fünfzehn Tage lang hat der edle Hor Vastus in der Finsternis der Gruben geschmachtet, doch nicht vergebens. Allmählich gewann er das Vertrauen und die Freundschaft von Parthak, bis dieser erst heute, des Glaubens, er spreche nicht nur mit einem Landsmann, sondern mit einem lieben Freund dazu, Hor Vastus genau mitteilte, in welcher Zelle du liegst.
Ich brauchte nur kurze Zeit, die Pläne der Gruben von Helium unter deinen Papieren zu finden. Hierher zu gelangen war etwas schwieriger. Wie du weißt, sind zwar alle Gruben unter der Stadt miteinander verbunden, doch es gibt nur einzelne Eingänge von denen unter jeder Sektion und den benachbarten, und zwar auf höherem Niveau gleich unter der Erdoberfläche.
Natürlich werden diese Öffnungen, die von angrenzenden Gruben zu denen unter den Regierungsgebäuden führen, ständig bewacht. So gelangte ich zwar leicht zum Grubeneingang unter dem Palast, den Zat Arrras bewohnt, fand jedoch einen Zodanganer Soldaten als Wache dort vor. Zwar ließ ich ihn dort, als ich weiterging, doch seine Seele war nicht mehr bei ihm.«
»Nun bin ich hier, gerade noch rechtzeitig, um beinahe von dir getötet zu werden«, sagte er abschließend und lachte.
Er hatte sich während seines Berichts an dem Schloß zu schaffen gemacht, das meine Fesseln zusammenhielt. Mit einem Freudenschrei ließ er das Ende der Kette nun zu Boden fallen, und ich stand wieder, befreit von den meine Gliedmaßen
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