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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
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für eine Zeit, die ihr wie Stunden erschien, an der Rückseite des Liegesitzes, obwohl sie wußte, daß es gefährlich war, in die Tiefe des Weltraum zu blicken, und zu Depressionen führen konnte.
    Es war Jeffries, der das Schweigen brach. »Eines lernt man im Raum«, sagte er, während er sich vom Sitz abstieß und in Richtung Tür glitt.
    »Was denn?«
    »Daß im Universum Winter herrscht. Daß es immer so war und immer so sein wird.«

 
4
     
    PELLUCIDAR PICTURES
    ZUR SOFORTIGEN VERÖFFENTLICHUNG
     
    Während alle Reisenden schlafen, zieht das Schiff weiter dahin. Während wir hier auf der Erde uns verlieben und Filme ausleihen und zur Wahl gehen, geschützt von der freundlichen blauen Kuppel unseres Firmaments gegen die beängstigende Weite des Alls, zogen die Marsreisenden mit der wertvollen Fracht unserer kühnsten Träume weiter durch das Nichts. Beinahe verloren in der interplanetarischen Leere befindet sich die kilometerlange Mary Poppins auf dem letzten Streckenabschnitt ihrer historischen Reise; allmählich verringert sich ihre Geschwindigkeit, während sich die Entfernung zwischen ihr und der Sonne, deren Wärme wir alle gemeinsam teilhaftig werden, immer mehr vergrößert…
     
    Während alle Reisenden bis auf einen schliefen, zog das große Schiff dahin.
    Während auf der Erde die Sonne über schweigenden Wäldern aufging und über tosenden Städten unterging; während schilfbewachsene Seen raunten und zerschmetternde Eisgestöber klirrten, während Schiffe am Boden des Ozeans verrosteten und neues Gras sich durch den Lehm von Friedhöfen Bahn brach – segelte das große Schiff weiter.
    Während alle Reisenden bis auf einen schliefen, segelte das große Schiff dahin.
    Während auf dem Mars der dünne Wind heulte; während roter Staub aufstob und herabfiel und Pfützen wie von Wasser bildete; während schwerer Nebel aufstieg und sich herabsenkte wie die Gezeiten und Tonknospen wuchsen und zerbrachen und wuchsen – wundrot im sternenverwaschenen Licht unter zwei gedämpften, dahinjagenden Monden – zog das große Schiff weiter.
    Seine Geschwindigkeit in Relation zum Mars nahm jetzt ab, allerdings langsam.
    Sein Schwanken und Gieren wurde durch die Arcrurus-Schleuse ausgeglichen. Seine Elektronik summte; seine Pumpen dröhnten dumpf; seine verzweigten Pflanzen erfrischten die alternde Luft, und seine Erinnerungs-Chips überprüften sich selbst in der Wiederholung ihrer einfachsten Lektion des Lebens. Seine Reisenden röchelten und schnarchten und träumten. Und auf der Brücke starrte der Kater Ahab auf den leuchtenden orangefarbenen Fleck vor sich, der mit jeder Woche ein kleines bißchen größer wurde.
    Ahab hatte endlich außerhalb des Schiffes etwas gefunden, das er gerne ansah.

 
5
     
    VOYAGER PICTURES
    ZUR SOFORTIGEN VERÖFFENTLICHUNG
     
    Nachdem sie ihre Reise über eine Strecke von fast vierhundert Millionen Kilometer durch den Weltraum vollendet hat, wird das Rendezvous der Mary Poppins mit dem roten Planeten Mars voraussichtlich gegen 2 Uhr 24 Beverly-Hills-Zeit stattfinden, am 22. September des Jahres 20… Zu dieser Zeit werden die Reisenden seit anderthalb Tagen wach sein – das erste Mal seit dem Beginn ihrer Reise vor achtzehn Monaten, daß sie alle gemeinsam wach sind… und sie werden gerade damit fertig sein, das Schiff für die Bremszündung zu drehen, um ihre Geschwindigkeit zu verringern und das kilometerlange Meisterwerk internationaler Bruderschaft und Technologie ordentlich in der Marsbahn in einem Orbit in der Nähe des inneren Marsmond, Phobos, zu ›parken‹. Der geheimnisvolle Phobos ist…
     
    Der Mars hatte etwa die Größe des Mondes, von der Erde aus gesehen, und war beinahe völlig durch den riesigen Schutzschild, etwa anderthalb Kilometer entfernt, verfinstert.
    Jeffries saß in der Kanzel des südlichen Observatoriums und hielt Ahab in den Armen. Er konnte die Augen nicht von dem Planeten abwenden. Die Venus hatte einen kalten und kriegerischen Eindruck gemacht. Der Mars hingegen erschien wie der Planet der Liebe: warm, weiblich, rötlich, einladend und – versteckt hinter dem Schild – beinahe scheu. Er war zu sehr mit den ärztlichen Untersuchungen nach dem Wiedererwecken beschäftigt gewesen, um vor der Kurskorrektur auf der Brücke zu sein, deshalb war ihm der ungehinderte Blick auf den Planeten entgangen. Er hatte sich im Stalin-Salon befunden, als das Schiff sich in die Position für die Bremszündung drehte, und als er endlich auf der Brücke

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