Mars Live
anlangte, näherte sich das Schiff rückwärts dem Mars und die Brücke war nach Süden gerichtet, wobei alle Glasscheiben trübe waren.
Jetzt war die Mary Poppins wieder ruhig, und sie hatten ein Video-Bild des Mars im Stalin-Salon. Doch Jeffries zog das Echte vor, selbst wenn es halb versteckt war. Er saß eingewickelt in einen Schlafsack in dem kalten kleinen Observatorium und hielt Ahab auf dem Schoß, und er beobachtete, wie er rote Planet hinter dem Schild allmählich immer größer wurde. Er hatte die Venus gehaßt, doch der Mars erweckte anscheinend etwas in ihm, eine Sehnsucht, die er bisher nicht gekannt hatte und die er immer noch nicht richtig deuten konnte. Er konnte lediglich die Pole sehen, mittsommerlich geschrumpft, und die wolkenlosen Wüstenhorizonte am Rand des Planeten. Doch das reichte.
Jeffries wußte, daß Bass und Natascha Kirow auf der Brücke waren und die Bremszündung vorbereiteten. Sie brauchten keine Hilfe, und wenn doch, dann würden sie Fonda-Fox rufen. Er gibt einen besseren Schiffsoffizier ab als ich, gestand Jeffries sich selbst ein. Er war immer scharf auf diese Rolle gewesen. Ich niemals.
Are the stars out tonight?
Obwohl er die Lautsprecher des Observatoriums abgeschaltet hatte, hörte Jeffries den alten Song der Flamingos deutlich aus den Lautsprechern des Stalin-Salons dröhnen, wo die anderen Reisenden herumhingen, Tee tranken und die Nachrichten der vergangenen neun Monate durchgingen. Der Luftdruck betrug nur etwa ein Drittel der Erdnorm, doch während des achtzehnmonatigen Winterschlafs hatten sich die Ohren der Mannschaft so sehr angepaßt, daß sie beinahe normal hören konnten. Jeffries überraschte das nicht. Das HT-Serum hatte bemerkenswerte und noch unerforschte vorsorgende und heilende Nebeneffekte; war es (und hier dachte er an einen Film- und Fernsehstar, der zu berühmt war, um genannt zu werden) nach wer weiß wie vielen Jahren nicht immer noch der Quell vieler Auszeichnungen?
»Doktor Jeffries, schlafen Sie?«
Es war die Kleine, Greetings, die in der Türöffnung schwebte.
»Oh, Ihr Kommunikator ist ausgeschaltet. Captain Kirow ruft sie von der Brücke aus. Ich glaube, sie möchte von Ihnen eine Erklärung dafür haben, daß Beverly Glenn einfach nicht aufwacht.«
Der Stalin-Salon war mit Bildern an den ›Wänden‹ und Astrachan-Teppichen am ›Boden‹ ausgestattet, und sogar ein russischer Ofen aus Silber und Porzellan mit einem imitierten Glimmerfenster in der Tür leuchtete freundlich. Es war gemütlich und beinahe warm. Fonda-Fox zermalmte trockene Knusperflocken und Nüsse zwischen den Zähen und spielte mit dem Videoprojektor, der das ›Leben‹ draußen live wiedergab, während Beverly Glenn friedlich in der Nähe der Decke schnarchte. Nachdem es ihm nicht gelungen war, sie aufzuwecken, hatte Jeffries sie aus HAB No. 3 in den Salon verlagert, in der Hoffnung, daß die Wärme und die Geschäftigkeit das vollbringen mochten, was das Weckpflaster nicht geschafft hatte, nämlich sie ins Bewußtsein zurückzurütteln.
Doch sie schlief immer noch. Glamour filmte sie, wie sie in der Nähe der Decke schlief, das Gesicht von kleinen goldenen Ringellöckchen eingerahmt. Er hatte nicht die Absicht, bis zu ihrer Landung auf dem Mars zu warten, um mit den Aufnahmen für den Film zu beginnen, und der Demogorgon auf seiner Schulter drehte sich immer wieder in ihre Richtung, als ob er einen eigenen Willen hätte. Man pflegte in Hollywood zu sagen, daß es Gesichter gäbe, die die Kamera liebte, und der Demogorgon war mehr als eine Kamera. Seine Liebe grenzte an Besessenheit.
Doch Glamour machte sich Sorgen: wie viele Aufnahmen er von der schlafenden Beverly Glenn auch machte, es würde keine Handlung daraus, wenn sie nicht aufwachte. Es gab gewisse Dinge, die nicht einmal der Demogorgon vollbrachte.
Glamour stieß sich fachmännisch von der Decke ab, und während seines langen Gleitens schoß er eine Bildserie von Fonda-Fox, der mit dem Sternenprojektor spielte und wie ein Wahrsager in die Kugel starrte. Aufnahmen von Fonda-Fox waren bares Geld.
»Willst du was Schönes sehen?« sagte Fonda-Fox, als Greetings in den Salon zurückkam. Eine Berührung des Projektorknopfes ersetzte den Mars auf dem Bildschirm durch den Blick nach ›Norden‹ und zeigte die Milchstraße wie ein herabgefallenes Sternenrad, das davonrollte. »Den dunklen Fleck dort nennt man Pferdekopf-Nebel«, erklärte Fonda-Fox. Er drückte zweimal den Vergrößerungsknopf. »Siehst
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