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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
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wobei er sich zum erstenmal seiner weißen, hautengen Handschuhe bewußt wurde. Seine Hände hatten die Reise von der Erde noch nicht ganz vollendet; wie die Roboter, die im letzten Jahrhundert hier gelandet waren, konnten sie den roten Planeten zwar anstupsen, ihn jedoch nicht wirklich berühren. Welcher Unterschied besteht zwischen uns und der Viking vor fünfzig Jahren? fragte sich Jeffries. Wir können auf dem Planeten herumlaufen, aber wir können ihn immer noch nicht berühren; wir stochern lediglich mit einem kurzen Stock darin herum.
    Er kniete an einer anderen Stelle nieder und nahm wieder Sand auf. Oder vielmehr seine Handschuhe taten es. Nachdem er die ganze lange Reise hinter sich gebracht hatte, konnte er persönlich den Sand nicht berühren. Der einzige Planet im ganzen Universum, den er fähig war zu berühren, war die Erde. Er war nicht fähig, sie nicht zu berühren. Er war daraus gemacht. Er war Erde, die zu Erde wurde.
    Er war nicht aus Mars gemacht.
    Was, zum Teufel, tat er also hier?
    »Jeffries, ist der Empfänger Ihres Kommunikators auf Kanal 4 eingestellt?« wollte Natascha Kirow wissen.
    »Ja, ist er.« Neben dem abgelösten Flügel sah er die Kirow und Fonda-Fox, die mit dem Luftaufbereiter herumhantierten. Bass war am hinteren Teil der Ziolkowski und zog die kegelförmige Motorabdeckung weg, um den stumpfen Schwanz des Schiffs in seiner technischen Nüchternheit zu enthüllen. Glamour war oben auf dem Schiff, auf der jetzt nutzlosen Drehschiene des Flügels sitzend und Greetings vor dem Hintergrund des groben roten Sandes filmend. Sie sah zu Jeffries hinauf und winkte. Er winkte zurück und machte sich auf den Weg nach unten, wobei er dem Drang widerstand, aus purem Übermut zu rennen, erstaunt über seine eigene Glückseligkeit. Warum freute er sich so sehr, daß er auf dem Mars war?
     
    Glamour drehte 22 K von der Kleinen gegen den Hintergrund des in Sonnenlicht getauchten Sandes, dann stieg er hinunter und filmte sie gegen den Himmel. Dann schickte er sie weg, damit sie Bass half, und nahm sich nur des Horizonts an, zunächst mit 12 K, dann noch mal mit 12 K. Allmählich begriff er, warum sie zum Mars gekommen waren. Das Licht war so seltsam, daß er sich in einem fremden Sternensystem oder gar einem ganz fremden Universum hätte befinden können. Der Himmel war rosafarben, doch von einem Rosa, wie er es auf der Erde, wo Rosa ein warmer Farbton war, noch niemals gefilmt hatte. Dieses Marsrosa war ein kräftiges, kaltes, totes Rosa, das zum Himmelsgewölbe hin kaum wahrnehmbar in Braun und dann in Rubinrot überging, selbst bei mittäglich hochstehender Sonne. Es gab keine Wolken. Das Licht wirkte grell auf Augen, die anderthalb Jahre lang an das düstere Innere eines datschafarbenen Raumschiffs gewöhnt gewesen waren; doch nach dem Belichtungsmesser des Demogorgon war es in Wirklichkeit eher gedämpft. Es war ein dünnes Licht, wie Anstrichfarbe, die mit zuviel Wasser vermischt wurde.
    Doch das konnte Glamour später korrigieren. Mit dem Demogorgon konnte er alles korrigieren.
     
    Natascha Kirow und Bass brauchten zwei Stunden, um die Ziolkowski genau zu begutachten, Naht für Naht. Sie war unbeschädigt. Bass war mit etwas Wesentlichem gesegnet, das einen guten Piloten ausmacht, nämlich Glück, und er verließ sich darauf, wobei er den Verdacht hegte, daß auch bei den Schiffen, die er flog, Glück eine große Rolle spielte. Das Schiff war flach wie ein Flugzeug gelandet, doch es mußte vor ihrem Start in elf Tagen in eine senkrechte Stellung aufgerichtet werden.
    »Sollten wir nicht die Dünen hinaufsteigen und nach der Iglu Ausschau halten?« fragte Greetings.
    »Du meinst die Agnew. – Morgen«, antwortete Natascha Kirow. »Heute bleiben wir in der Nähe des Schiffs. Ich möchte den Luftaufbereiter überwachen und mich vergewissern, daß er sowohl Wasser als auch Luft liefert. Außerdem möchte ich mich duschen. Fonda-Fox, ist dort unten alles eingeschaltet?«
    Fonda-Fox bedeutete ihr mit hochgereckten Daumen die Bestätigung. Natascha Kirow schlug ihren Klemmblock mit einem zufriedenen Klick zu und gab Bass einen Klaps im NASA-Stil auf den Rücken. Sie hatte sich seit Baikonur nicht mehr so gut gefühlt. Das Schiff war unversehrt. Die Mannschaft war in Sicherheit. Sie war auf dem Mars.
     
    »Ich grüße euch, Marsreisende«, sagte Markson oder ein Marksonband oder ein Markson der Vergangenheit, denn selbst wenn er ›live‹ sprach, lag das 14,7 Minuten zurück. Die

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