Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Verzögerung wurde begleitet von Störgeräuschen und einer schwachen Übertragung, als ob die Marsreisenden eine verblaßte Kopie eines alten Films auf einem schlecht empfangenen Kanal ansähen.
    Markson folgten eine Reihe von Politikern und Prominenten. Johnny Carson jr. lud die Marsreisenden ein, gleich nach ihrer Rückkehr in seiner Show mitzumachen. Vizepräsident Kennedy lud sie ins Weiße Haus ein und gratulierte ihnen zu einer Leistung, die in ihrer geschichtlichen Bedeutung vergleichbar mit der Unterzeichnung der amerikanischen Verfassung sei.
    »Wieso sind überhaupt keine Russen dabei?« fragte Natascha Kirow. »Wir wollen das Gerät ausschalten und unseren ersten gemeinsamen Abend auf dem Mars feiern. Wir können die Aufzeichnung später zurückspulen und sie uns ansehen.«
    »Oh, seht euch das an!« jubelte Greetings, während sie Knusperflocken in eine Schüssel schüttete. Nach beinahe zwei Jahren in der Schwerelosigkeit war es ein erhebendes Gefühl, wieder etwas schütten zu können – zuzusehen, wie die Fruchtkringel kullernd aus der Schachtel durch die Luft in die Schüssel purzelten.
    »He! Wo sind meine Bänder mit Rockmusik?« fragte Natascha Kirow. »Wo sind die Videokassetten? Wo sind die Buchdisketten?« Sie wandte sich vorwurfsvoll an Jeffries, der die Bibliothek der Ziolkowski bestückt hatte.
    »Sie sagten, ich solle nur das Allernotwendigste mitnehmen.«
    Natascha Kirow hielt zwei CDs hoch. »Charles Mingus und William Shakespeare. Ist das alles? Sonst nichts?«
    »Das beides enthält alles, was davor gewesen ist«, entgegnete Jeffries. »Und auch viel von dem, was danach kam.«
    »Nehmen Sie ein R-Gespräch von einem Mister Sweeney an?« fuhr die Telefonistin dazwischen. »Sind Sie einverstanden, daß die Gebühren zu Ihren Lasten gehen? Hallo? Hallo? Tut mir leid, Mister Sweeney, am anderen Ende ist offenbar niemand. Würden Sie die Nummer vielleicht noch mal überprüfen?«

 
2
     
    Es ist schon etwas Besonderes, auf einem neuen Planeten aufzuwachen. Der Augenblick, in dem man ihn zum erstenmal sieht, die lange Anreise durch den Weltraum, der ungestüme Abstieg durch die Atmosphäre, der historische erste Schritt – all das ist so ungeheuer melodramatisch, so sehr von der gesamten Geschichte des Entdeckens und Erforschens geprägt und gefärbt, und so oft schon wurden diese Ereignisse beschrieben und gefeiert, daß sie inzwischen weder erhabene Gefühle noch ein Staunen auslösten. Doch das Aufwachen war etwas ganz anderes. Ein neues Licht stupst die Augenlider an. Eine neue Schwerkraft zieht am Blut. Wenn die Träume der Nacht bei Einbruch des Tageslichts davonfliegen, wohin gehen sie, in einer Welt, in der noch nie jemand geträumt hat, wo es keine Verwehungen alter Träume gibt, die die Gullis verstopfen wie trockene Blätter? Eine neue Welt. Und das Bewußtsein, von dem die Altvorderen annahmen, es würde jeden Tag neu geschaffen, schien hier auf dem Mars tatsächlich dieser Vorstellung zu entsprechen, da sich die Erkenntnis verstohlen an einen heranschleicht, daß man sich nicht mehr in jener Welt befindet, deren Drehen unsere Väter und deren Väter eine halbe Million Jahre lang aufgeweckt hat, sondern in einer anderen.
    So kam es jedenfalls Dr. Sundiata Cinque Jeffries vor.
    »Aus den Federn, die Sonne lacht«, rief die Kommandantin. Fahles Sonnenlicht fiel schräg über die Hügelkuppe und durch die östliche Fensterluke, und eine rasche Überprüfung des elektrischen Systems ergab, daß die Energie ausreichte, um den Digitalisierer zu speisen, der die Solarscheiben füllte, die wiederum das innere Lebenserhaltungssystem und den Luftaufbereiter außen mit Energie versorgten. Bass und Jeffries schlüpften in ihre Anzüge und rüsteten sie entsprechend aus, um über die Dünen zu wandern und die Agnew zu suchen. Greetings, die sich immer noch in der Aschenbrödel-Rolle gefiel, räumte nach dem Frühstück auf und zog sich gemeinsam mit Fonda-Fox an. Glamour konnte es kaum erwarten, in der an schwachen Tee erinnernden Marsbeleuchtung zu filmen.
    »Was ist mit Make-up?« fragte Greetings.
    Fonda-Fox lachte. »Du hast zu viele alte Filme gesehen. Make-up wird heutzutage digital dazugebastelt, nachdem die Aufnahmen gemacht sind.«
    »Lassen Sie uns gehen, Pille!« sagte Bass.
    »Ich bin direkt hinter Ihnen«, sagte Jeffries. »Und nennen Sie mich nicht Pille.« Ihre Aufgabe war es, den Dieseltreibstoff zu finden, der sie zur Mary Poppins zurückbringen sollte. Natascha Kirow

Weitere Kostenlose Bücher