Mars Live
gestaltetes kleines Gefährt, wie eine vier Meter hohe Kaffeemaschine auf drei Beinen; unverkennbar in ihrer Gesamtform wie auch in den Einzelheiten.
Und das hier war sie nicht.
»Das Ding sieht irgendwie nicht richtig aus«, sagte Bass, während sie sich über den Sand weiter näherten. Es war zu groß. Diese Agnew wirkte mindestens sieben Meter hoch. Und es gab kein Leuchten von Metall, kein Schimmern von Plastik oder Folie. Sie war stumpf, wie altes Holz oder getrockneter Schlamm.
Je näher sie kamen, desto schlimmer war der Eindruck.
»Du heilige Scheiße!« entfuhr es Jeffries. Er hielt inne und war sich nicht sicher, ob er glauben wollte, was er sah. Bass zögerte jedoch niemals. Er marschierte direkt darauf zu, trat gegen eines der ausgestreckten Beine der Agnew und sah zu, wie es zu einem Lehmhaufen zusammenfiel. Er streckte den Arm aus und griff nach einem Klumpen, der anfangs wie das Gehäuse einer Außenpumpe ausgesehen hatte; er brach ihn mit der Hand ab.
Er zerbröselte ihn zwischen den Fingern.
»Es ist Lehm«, sagte er.
Bass ging um die übergroße Lehm- Agnew herum. Sie war vollständig ausgestattet mit einem Bündel von Klumpen für jeden der drei kleinen Tanks, einer Lehmnachbildung der Solaranlage, einer Lehmstelze für jedes der drei ausgestreckten Beine. Es gab zwei Knöpfe, mit der die Neigung der Flosse für die Flüssigkeitstreibstoffpumpe zu regulieren war. Am Prototyp hatte Bass vor zwanzig Jahren gelernt sie einzustellen, indem man die Einlaßöffnung (links) um etwas mehr als eine halbe Umdrehung verstellte und dann die Auslaßöffnung nach oben drehte, bis der Pegel über der Scheibe aufhörte zu hüpfen und bis die Pumpen ein Dauerheulen in D-Dur von sich gaben.
Doch hier hüpfte nichts, heulte nichts. Bass brach den linken Knopf ab und zerbröselte ihn zwischen den Fingern zu Pulver. In den rechten Knopf war ein grobes russisches R eingeritzt. Wütend schlug Bass mit dem Handballen darauf, und er fiel in den Sand. Er war im Begriff, noch weitere Teile abzubrechen, doch Jeffries hielt seine Hand fest.
»Beruhigen Sie sich«, sagte er. »Es hat wenig Sinn, es in Stücke zu brechen, zumindest nicht, bevor wir wissen, was es ist oder…«
»Oder wer es gemacht hat?« Bass wich zurück, und sie beide sahen sich voller Unbehagen um. Dann zuckten beide heftig zusammen, als ihnen eine Stimme in die Ohren schrillte:
»Wer hat was gemacht? Wo seid ihr beiden?« Es war Natascha Kirow. Sie hatte alle Kanäle durchgeschaltet, bis sie sie auf Kanal 11 des Kommunikators gefunden hatte.
»Wir sind bei der Agnew, und wir haben ein Problem«, antwortete Bass.
»Was heißt das, ihr seid bei der Agnew? Ich warte seit zehn Minuten bei der Agnew auf euch. Ihr habt euch wohl verlaufen. Seht nach oben, ich zünde eine Leuchtrakete.«
Bass suchte den Horizont nach dem kleinen Signal in Form des Raketenschweifs ab. Er war überrascht, als er es direkt hinter der nächsten Düne aufleuchten sah.
Jeffries war bereits unterwegs den steilen Sandhang hinauf.
»Könnte mir irgend jemand mal erklären, was hier vor sich geht, verdammt noch mal?« polterte Bass.
»Kommen Sie, und sehen Sie sich das an«, sagte Jeffries. Auf der anderen Seite der Düne sah er Natascha Kirow mit verschränkten Armen, mit einer Zehe auf den Boden tippend, neben einer kleineren, glänzenderen und sehr echten Agnew, die in der Mittagssonne (Marszeit) leuchtete.
3
Es gibt kein finanziell lohnenderes, gesellschaftlich aufregenderes, technisch herausfordernderes und künstlerisch ermüdenderes Geschäft als die Filmbranche. Fonda-Fox war gerne Schauspieler, doch die eigentlichen Augenblicke wahrhaftiger Schauspielerei – die Arbeit, ein Problem zu lösen, sich in eine Szene oder Situation hineinzuversetzen, einen Charakter zu erforschen – waren in Hollywood selten und dünn gesät. Es war in den guten alten Zeiten des Analogdrehens schon schlimm genug, als die Filmerei hauptsächlich darin bestand, phantastische Summen bezahlt zu bekommen, um auf das richtige Licht zu warten, auf bestimmte Requisiten zu warten, auf Wind oder Wetter oder die Launen von anderen zu warten. Das Digitaldrehen machte die Dinge noch schlimmer: jetzt wurden die Szenen nur noch als grober Entwurf aufgenommen, um später durch die Bearbeitung den gewünschten Schliff zu bekommen. Der Demogorgon versprach, der letzte Strohhalm zu sein. Mit seiner unglaublichen Speicherkapazität, seiner eingebauten Fähigkeit der Selbstbearbeitung, den
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