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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
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periphärem Blickwinkel existierte sie einfach nicht. Er sah wieder direkt zu ihr hin, und da war sie wieder. Sie zuckte in und aus seinem Blickfeld, so schnell, wie er die Augen bewegte: ihm wurde klar, daß er das Licht gefunden hatte, das er aus dem Orbit gesehen hatte.
    Es war silbriger als Silber an sich, silbrig wie die Sterne oder wie Videosignale. Wenn es eine Illusion war, war es eine aktive, denn wenn er einen Schritt darauf zu machte, war sie plötzlich näher und größer. Viel näher. Noch ein Schritt, und Jeffries hatte sich auf irgendeine Weise von zehn Meter auf drei Meter genähert. Es hatte nicht den Anschein, als ob sich die Pyramide das geringste bißchen bewegt hätte. Noch ein Schritt, und sie war zum Berühren nahe.
    Er wollte sie jedoch nicht berühren. Sie erschien ihm bei weitem mehr außerirdisch als die Steinstufen des Mars.
    Er nahm eine Handvoll Sand auf und warf ihn auf das Gebilde. Anstatt durch die silberne Erscheinung des Zeltes hindurchzufliegen, wie er eigentlich fast erwartet hatte, rutschte der Sand an der Seite ab.
    Er nahm eine zweite Handvoll Sand auf und wiederholte den Vorgang.
    »Ist es dort oben warm, Pille?« fragte Bass. Jeffries zuckte zusammen. Die Stimme aus dem Kopfhörer klang grob und aufdringlich.
    »Ein bißchen.« Jeffries sah auf seinen Dicktracy. »Sechs Komma sieben Grad. Erstaunlich!« sagte er und bemühte sich, erstaunt zu klingen. Es war nicht schwer.
    Er schritt um die Pyramide herum. Jedesmal, wenn er um eine der Ecken bog, konnte er zwei Seiten sehen, diejenige, die er verließ, und diejenige, zu der er kam, und doch hatte er das eindeutige Gefühl, daß er immer wieder dieselbe Seite sah. Auf dem Rückweg war es dasselbe. Das silberne Gebilde sah wie eine Pyramide aus, doch es ›fühlte‹ sich wie eine zweiseitige, einkantige Form an, obwohl sich Jeffries nicht vorzustellen vermochte, wie das sein konnte…
    Es gab keine Fenstern oder Türen. Jede Seite sah aus wie die andere.
    Jeffries berührte die Seite der Pyramide, und obwohl sie ein wenig nachgab, war sie hart und glatt wie Plastik. Dann gehorchte er einer inneren Eingebung, zog den Handschuh aus und berührte sie mit der nackten Hand.
    Sobald er sie berührt hatte, befand er sich im Innern.
    »Pille, ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Alles in Ordnung.«
    »Geht es Ihnen nicht gut? Sie atmen so seltsam.«
    »Ich habe mir den Zeh angeschlagen. Und bitte nennen Sie mich nicht Pille.«
    »Entschuldigung.«
    Im Innern wirkte die Pyramide viel größer, als sie von außen ausgesehen hatte. Jeffries stand irgendwo in der Nähe der Mitte, weit entfernt von der Wand, die ihn eingelassen hatte. Jetzt konnte er alle vier Seiten der Pyramide sehen; sie war in der Mitte etwa sieben Meter hoch (nicht drei), und die Wände waren cremefarben, nicht silbern. Der Boden bestand aus Sand, aus demselben Sand, auf dem er schon während der ganzen Zeit gestanden hatte. Oder doch nicht; befand er sich überhaupt noch auf dem Mars? Jeffries warf einen Blick auf seinen Dicktracy: 11 Grad. 130 Millibar. Derselbe Luftdruck, wie er ›draußen‹ herrschte. Seine nackte rechte Hand brannte ein wenig wegen des niedrigen Luftdrucks, aber nicht schlimm. Er beugte sich nach vorn, um seinen Handschuh zu suchen, doch er war nicht da. Als er sich wieder aufrichtete, bemerkte er direkt vor sich einen kleinen Dorn, genau in der Mitte der Pyramide. War er schon die ganze Zeit dagewesen? Er war etwa einen Meter hoch, eine vierkantige Spitze aus klarem Glas oder Kristall. Jeffries stand auf einem Bein und versuchte sich zu entscheiden, ob er einen Schritt zurück oder einen nach vorn tun sollte, als direkt über dem Dorn ein Mann erschien, der in der Luft schwebte.
    »Sind Sie endlich fertig?«
    »Fertig?«
    »Mit dem Einsammeln von Steinen oder was auch immer. Ich könnte hier unten etwas Hilfe gebrauchen. Wir müssen dieses Gefährt beladen und dann abhauen. Ich mache mir Sorgen wegen dieser Spalten, die immer breiter werden, so daß man vielleicht irgendwann überhaupt nicht mehr darüberfahren kann.«
    »Okay, verstanden«, sagte Jeffries. Der Mann trug einen cremefarbenen, einteiligen Anzug mit langen Ärmeln. Irgendwie sah er freundlich aus. Seine Rastalocken fielen bis auf die Schultern. Er sprach, doch es war kein Laut zu hören. Oder doch? Jeffries wurde bewußt, daß er nichts hören konnte, weil ihn sein Helm von der Marsatmosphäre abschottete.
    »Sind Sie sicher, daß mit Ihnen alles in Ordnung ist? Sie atmen schon

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