Mars Trilogie 1 - Roter Mars
mitten in der Nacht. Benommen drückte er auf die Schleuse. Er setzte sich auf und wunderte sich über eine solche Reflexhandlung. Wann hatte er die wohl gelernt? Er rieb sich das Kinn und schaltete auf die allgemeine Frequenz. »Hallo? Jemand da draußen?«
»Die Marsmenschen.«
Es war eine männliche Stimme. Ihr Englisch hatte einen Akzent, aber John konnte ihn nicht identifizieren.
»Wir wollen reden«, sagte die Stimme.
John stand auf und blickte durch die Scheibe. Bei Nacht und in diesem Sturm war wenig zu sehen. Aber er glaubte Gestalten in der Dunkelheit ausmachen zu können, die um sein Fahrzeug standen.
»Wir wollen bloß reden«, sagte die Stimme.
Falls sie ihn hätten töten wollen, hätten sie bloß die Scheibe des Rovers aufzusprengen brauchen, während er schlief. Außerdem konnte er sich kaum vorstellen, daß jemand ihm Übles wollte. Dafür gab es keinen Grund!
Also ließ er sie ein.
Es waren ihrer fünf, lauter Männer. Ihre Schutzanzüge waren abgewetzt, schmutzig und mit Material geflickt, das nicht dafür vorgesehen war. Ihre Helme trugen keine Identitätskennzeichen und waren ohne jede Farbe. Als sie die Helme abnahmen, sah er, daß ein Mann Asiate war und jung. Er schien etwa sechzehn Jahre alt zu sein. Dieser trat vor, setzte sich in den Fahrersitz und beugte sich vor, um die In strumen - tenanordnung näher zu betrachten. Ein anderer nahm den Helm ab. Ein kleiner Mann von brauner Hautfarbe mit schmalem Gesicht und langer Zottelfrisur. Er setzte sich auf die gepolsterte Bank gegenüber von Johns Bett und wartete, bis auch die anderen drei ihren Helm abgenommen hatten. Dabei hockten sie sich auf die Fersen und sahen John scharf an. Er hatte noch nie einen von ihnen gesehen.
Der Mann mit dem schmalen Gesicht sagte: »Wir wollen, daß ihr die Einwanderungsrate verlangsamt.« Er war es auch, der von draußen gesprochen hatte. Jetzt klang sein Akzent nach der Karibik. Er sprach leise, fast flüsternd, und John fand es schwer, ihm das nicht nachzumachen.
»Oder ganz stoppt«, sagte der Mann im Fahrersitz.
»Halt den Mund, Kasei!« Der mit dem schmalen Gesicht schaute unentwegt weiter John an. »Es kommen zu viele Leute her. Das weißt du. Sie sind keine Marsmenschen, und es ist ihnen gleichgültig, was hier geschieht. Sie werden uns überwältigen. Ich weiß, du versuchst, sie zu Marsmenschen zu machen; aber sie kommen viel schneller herein, als du das schaffen kannst. Das einzige, was funktionieren wird, ist eine Verlangsamung des Zustroms.«
»Oder ihn einzustellen.«
Der Mann verdrehte die Augen und bat mit einer Grimasse John um Verständnis. Der Junge war eben noch jung, sagte sein Blick.
»Ich habe keinen Einfluß ...« fing John an, aber der Mann fiel ihm ins Wort: »Du kannst dich dafür einsetzen, und du bist auf unserer Seite.«
»Kommt ihr von Hiroko?«
Der Junge schnalzte mit der Zunge am Gaumen. Der mit dem schmalen Gesicht sagte nichts. Vier Gesichter starrten John an. Der andere schaute resolut aus dem Fenster.
John fragte: »Habt ihr die Moholes sabotiert?«
»Wir wollen, daß ihr die Immigration anhaltet.«
»Ich will, daß ihr mit der Sabotage Schluß macht. Die bringt nur mehr Leute hierher. Polizei.«
Der Mann sah ihn scharf an. »Wie kommst du auf den Gedanken, daß wir die Saboteure kontaktieren können?«
»Findet Sie! Macht euch an sie heran. Bei Nacht.«
Der Mann lächelte. »Aus den Augen, aus dem Sinn.«
»Nicht unbedingt.«
Sie mußten bei Hiroko sein. Ockhams Skalpell. Eniia non sunt multiplicanda praeter necessitatem. Es konnte nicht mehr als eine verborgene Gruppe geben. Oder vielleicht doch? John fühlte sich schwindelig und überlegte, ob sie etwa die Luft manipulierten. Aerosoldrogen freisetzten. Er fühlte sich entschieden seltsam. Alles war surreal traumhaft. Der Wind schüttelte den Rover und schickte einen Stoß aeolischer Musik vorbei, einen unheimlich langgezogenen Ton. Seine Gedanken waren langsam und drückend, und er hätte fast gegähnt. Das ist es, dachte er. Ich versuche immer noch, aus einem Traum zu erwachen.
»Warum versteckt ihr euch?« hörte er sich sagen.
»Wir erbauen den Mars. Genau wie du. Wir sind auf deiner Seite.«
»Also solltet ihr auch helfen.« Er versuchte nachzudenken. »Was ist mit dem Raumlift?«
»Darum kümmern wir uns nicht.« Der Junge kicherte. »Darauf kommt es nicht an. Auf Menschen kommt es an.«
»Der Aufzug wird noch viel mehr Leute herbeischaffen.«
Der Mann dachte darüber nach »Verlangsamt
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