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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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einzige Neujahr, das sie beachteten oder feierten: L s = 0, der Beginn des nördlichen Frühlings des Jahres 16. Eine Jahreszeit nach der anderen, jede sechs Monate lang und jede ablaufend ohne das scharfe Empfinden von Sterblichkeit. Es war so, als ob man jetzt im Ewigen lebte, in einer endlosen Runde von Arbeiten und Tagen, im kontinuierlichen Zyklus von Gebet zu dem ach so entfernten Mekka, im pausenlosen Wandern übers Land. In der ständigen Kälte.
    Als sie eines Morgens erwachten, stellten sie fest, daß es über Nacht geschneit hatte, und die ganze Landschaft war rein weiß. Und hauptsächlich Wasser-Eis. Die ganze Karawane spielte den Tag über verrückt. Sie alle, Männer und Frauen, draußen in Schutzanzügen, närrisch von dem Anblick, traten Schnee, machten Schneebälle, die nicht richtig zusammenhielten, versuchten, Schneemänner zu bauen, die ebenso wenig zusammenhielten. Der Schnee war zu kalt.
    Zeyk lachte über diese Bemühungen. »Was für eine Albedo«, sagte er. »Es ist erstaunlich, wieviel von dem, was Sax tut, auf ihn zurückschlägt. Gegeneffekte arbeiten von Natur der Homöostase entgegen, meinst du nicht auch? Ich frage mich, ob Sax nicht zuerst die Dinge so viel kälter hätte machen sollen, daß die ganze Atmosphäre bis zur Oberfläche ausgefroren wäre. Wie dick würde sie sein - ein Zentimeter? Dann unsere Verarbeitungsmaschinen von Pol zu Pol aufreihen und rund um die Welt wie Breitenkreise laufen lassen, um das Kohlendioxid zu guter Luft und Dünger zu verarbeiten. Leuchtet dir das nicht ein?«
    Frank schüttelte den Kopf. »Sax hat das wahrscheinlich erwogen, es aber aus irgendeinem Grunde verworfen, den wir nicht sehen.«
    »Ohne Zweifel.«
     
    Der Schnee verschwand durch Sublimation, das rote Land kehrte zurück, und sie zogen auf ihrem Weg weiter. Gelegentlich kamen sie an Kernreaktoren vorbei, die wie Burgen auf der Höhe der Böschung standen - nicht gerade Rickovers, aber gigantische Westinghouse-Brüter, mit Reiffahnen wie Gewitterwolken. Über Mangalavid sahen sie Programme über den Prototyp einer Fusion in Chasma Borealis.
    Canyon nach Canyon. Sie kannten das Land noch besser als Ann. Diese interessierte jeder Teil vom Mars gleichermaßen, so daß sie sich nicht auf ein einziges Gebiet konzentrieren konnte. Aber sie lasen das Land wie ein Buch, folgten seinen Angaben durch das rote Gestein zu einer Stelle mit schwärzlichen Sulfiden oder dem zarten Zinnober von Quecksilbervorkommen. Sie waren nicht so sehr Studenten des Landes als seine Liebhaber. Sie wollten etwas von ihm und fragten nur nach Antworten. Es gab so viele verschiedene Arten von Sehnsucht.
    Die Tage vergingen und dann weitere Jahreszeiten. Wenn sie auf andere arabische Karawanen trafen, feierten sie bis weit in die Nacht mit Musik und Tanz, Kaffee, Wasserpfeifen und Gesprächen in Versammlungszelten, die ein Achteck aus geparkten Rovern bedeckten. Die Musik wurde nie aufgezeichnet, spielte aber mit großem Geschick auf Flöten und elektrischen Gitarren, dazu viel Gesang in Vierteltönen und langgezogenen Tönen, so fremdartig für Franks Ohren, daß er lange nicht sagen konnte, ob die Sänger gut waren oder nicht. Die Mahlzeiten dauerten stundenlang, und danach plauderten sie bis zur Dämmerung. Es kam ihnen darauf an, das Aufblitzen des Sonnenaufgangs zu beobachten.
     
    Aber wenn sie andere Nationalitäten trafen, waren sie natürlich zurückhaltender. Einmal kamen sie an einer neuen Amex-Bergbaustation vorbei, die meistens mit Amerikanern bemannt war und auf einer der seltenen großen an Platinoiden reichen Adern in Tantalus Fossae nahe Alba Patera lag. Die Mine selbst lag unten auf dem langen flachen Boden des engen Canyons. Sie wurde aber hauptsächlich von Robotern betrieben, und die Crew wohnte in einem feudalen Zelt auf dem Grat oberhalb der Spalte. Die Araber drehten eine Runde bei diesem Zelt, machten drinnen einen kurzen Besuch und zogen sich dann für die Nacht in ihre insektenähnlichen Rover zurück. Es wäre für die Amerikaner unmöglich gewesen, irgend etwas von ihnen zu erfahren.
    Aber an diesem Abend ging Frank von sich aus wieder zum Amexzelt. Die Leute darin kamen aus Florida, und ihre Stimmen riefen bei ihm Erinnerungen hervor wie Netze voller Quastenflosser. Frank ignorierte alle kleinen Gemütsausbrüche und stellte eine Frage nach der anderen. Er konzentrierte sich auf die schwarzen, lateinamerikanischen und rothalsigert Gesichter, die ihm antworteten. Er sah, daß diese Gruppe eine

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