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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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ausgeworfene Trümmer erschienen, die einige Rover in die Wand der Klippe drückten und manche über den Rand in den Raum schleuderten. Der Rest blieb zertrümmert und brennend stehen.
    Dann erschütterte eine Explosion das Nordtor, und sie duckten sich gegen die Mauer. Über die allgemeine Frequenz waren Schreie und Rufe zu hören. Weiter nichts. Sie standen mit dem Rücken zur Wand. Das Material der Kuppel hielt noch, obwohl die Schleuse des Tors offenbar verklemmt war.
    Unten auf der Straße stiegen dünne Fahnen aus braunem Rauch in die Luft, flatterten nach Osten und wurden vom Dämmerungswind nach Noctis hinuntergeweht. Nadia schickte einen Robotrover hinunter, um nach Überlebenden zu suchen. Die Armbänder knisterten nur mit Statik, und Nadia war dafür dankbar. Was hätte sie erhoffen können? Schreie? Frank fluchte in sein Armbandgerät und wechselte dabei zwischen Arabisch und Englisch. Er suchte vergeblich herauszufinden, was geschehen war. Aber Alexander, Evgenia, Samantha... Nadia sah ängstlich auf die kleinen Bilder auf ihrem Handgelenk und schwenkte die Robotkameras. Zertrümmerte Rover. Einige Leichen. Nichts bewegte sich. Ein Rover rauchte noch.
    »Wo ist Sasha?« schrie Yeli. »Wo ist Sasha?«
    Jemand sagte: »Sie war in der Schleuse. Sie wollte gerade zur Begrüßung hinausgehen.«
    Sie machten sich daran, die innere Schleusentür zu öffnen. Nadia tastete alle Codes ein und arbeitete dann mit Werkzeug und zuletzt einer Sprengladung, die ihr jemand reichte. Sie zogen sich zurück, und die Schleuse sprang auf wie der Bolzen einer Armbrust. Dann waren sie drin, nachdem sie die schwere Tür mit einem Brecheisen zurückgedrückt hatten. Nadia lief hinein und sank neben Sasha auf die Knie, die sich in der Notfallhaltung mit dem Kopf in der Jacke zusammengekrümmt hatte. Aber sie war bereits tot, das Gesicht blaurot und die Augen erstarrt.
    In dem Gefühl, daß sie sich bewegen mußte, um nicht auf der Stelle zu versteinern, raste Nadia los und zurück zu den Stadtwagen, mit denen sie gekommen waren. Sie kletterte in einen hinein und fuhr weg. Sie hatte keinen Plan, und der Wagen schien sich die Richtung selbst zu suchen. Die Stimmen ihrer Freunde krächzten wie Grillen in ihrem Armbandgerät. Maya schimpfte böse auf russisch und weinte. Nur Maya war zäh genug, um bei alledem noch Gefühl zu behalten. Ihre Stimme rief: »Das war wieder Phobos! Die da oben sind wahnsinnig.«
    Die anderen standen unter Schock. Ihre Stimmen klangen wie die von fremdartigen Computern. Frank sagte: »Sie sind nicht wahnsinnig. Das ist vollkommen rational. Sie sehen eine politische Regelung kommen und versuchen, noch so viel herauszuschlagen, wie sie können.«
    »Mordlustige Schurken!« schrie Maya. »KGB-Faschisten!«
    Der Wagen hielt bei den Stadtbüros. Nadia lief hinein zu dem Zimmer, wo sie ihre Sachen abgelegt hatte, die jetzt alle in ihrem alten blauen Rucksack Platz fanden. Sie wühlte darin, noch ohne sich bewußt zu sein, was sie suchte, bis ihre Klauenhand, die immer noch die stärkere war, in einen Beutel langte und ihn herauszog. Arkadys Sender. Natürlich. Sie lief zurück zum Wagen und fuhr zum Südtor. Sax und Frank waren noch im Gespräch. Sax hörte sich so an wie immer, sagte aber: »Jeder von uns, dessen Position entweder hier oder anderswo bekannt ist, wurde getötet. Ich glaube, sie sind besonders hinter den Ersten Hundert her.«
    »Du meinst, sie pflücken uns heraus?« sagte Frank.
    »Ich habe einige Nachrichten von der Erde gesehen, die besagten, wir wären die Rädelsführer. Und einundzwanzig von uns sind gestorben, seit die Revolte begann. Weitere vierzig werden vermißt.«
    Der Wagen kam am Südtor an. Nadia stellte ihr Interkom ab, stieg aus, ging in die Schleuse und zog Stiefel, Helm und Handschuhe an. Sie checkte alles durch, drückte dann auf den Knopf zum Öffnen und wartete, bis die Schleuse evakuiert war und aufging. So wie es bei Sasha gewesen war. Sie hatten allein in dem letzten Monat die Zeit eines ganzen Lebens miteinander verbracht. Dann war sie draußen auf der Oberfläche im Licht und dem Drang eines windigen diesigen Tages. Sie fühlte den ersten diamantenen Biß der Kälte. Sie stieß mit den Stiefeln durch Haufen von Grus, und rote Staubwolken wurden vor ihr hingeweht. Die hohle Frau tritt gegen Blut. Draußen vor dem anderen Tor lagen die Leichen ihrer Freunde und anderer Menschen, die toten Gesichter purpurn und aufgedunsen wie nach Bau-Unfällen. Nadia hatte schon mehrere

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