Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
Vom Netzwerk:
Sie fühlte sich wie ein Kind im Bonbonladen. Jahre in der sibirischen Kraftwerksindustrie hatten sie gutes Werkzeug schätzen gelehrt. Sie hatte schwer unter dessen Fehlen gelitten. In Nordjakutien war alles auf Permafrost gebaut. Die Plattformen sanken im Sommer ungleichmäßg ein und wurden im Winter vom Eis begraben, und Bauteile waren aus der ganzen Welt gekommen, schwere Maschinen aus der Schweiz und Schweden, Bohrer aus Amerika, Reaktoren aus der Ukraine. Dazu eine Menge altes ausgeschlachtetes sowjetisches Zeug - zum Teil noch gut, zum Teil unsagbarer Schund. Aber das paßte alles nicht zusammen - ein Teil war sogar noch in Zoll gemessen -, so daß sie ständig improvisieren mußten. Sie bauten Ölbrunnen aus Eis und Bindfaden, schusterten Kernreaktoren zusammen, gegen die Tschernobyl wie eine Schweizer Uhr aussah. Und jedes jämmerliche Tagewerk wurde mit einer Sammlung von Werkzeug verbracht, über die ein Bastler geweint hätte.
    Jetzt konnte sie in dem rubinroten Licht des Sonnenuntergangs herumwandern. Ihre alte Jazz-Sammlung aus dem Stereogerät des Habitats in den Kopfhörern ihres Helmes, während sie in Versorgungskästen herumwühlte und jedes Gerät herauspickte, das sie wollte. Sie trug es zu einem kleinen Raum, den sie sich in einem Lagerhaus beschafft hatte, und pfiff dabei mit King Oliver's Creole Jazz Band vor sich hin, während sie eine Sammlung bereicherte, die unter anderem folgende Stücke enthielt: einen Satz Allen-Schraubenschlüssel, einige Zangen, eine Bohrmaschine, diverse Klammern, einige Bügelsägen, einen Satz Drehmomentschlüssel, einen Satz kälteverträglicher Behelfslitzen, verschiedene Raspeln und Hobel - einen Satz Gabelschlüssel, ein Rändelgerät, fünf Hämmer, einige Arterienklemmen, drei hydraulische Wagenheber, einen Blasebalg, verschiedene Garnituren Schraubendreher, Bohrer und Beitel, einen tragbaren Zylinder für komprimiertes Gas, eine Kiste mit Plastiksprengstoff und Formladungen, ein Bandmaß, ein gigantisches Schweizer Militärmesser, Blechscheren, Pinzetten, eine Abisolierzange, eine Kreuzhacke, diverse Schlägel, einige Gewindeschneider, Schlauchklammern, einen Satz Stirnfräser, einen Satz Uhrmacherschraubenzieher, ein Vergrößerungsglas, alle Arten von Klebeband, Klempnerwerkzeug, eine Nähgarnitur, Scheren, Siebe, eine Drehbank, Wasserwaagen jeder Größe, Spitzzangen, Spannzwingen, Schneidkluppen, drei Schaufeln, einen Kompressor, einen Generator, eine Schweißeinrichtung, eine Schubkarre...
    Und so weiter. Das waren ihre Mechaniker-Ausrüstung und ihr Zimmermannswerkzeug. In anderen Teilen des Lagerhauses häuften sich Forschungs- und Laborgeräte an, geologische Apparate und jede Menge an Computern, Radios, Teleskopen und Videokameras. Und das Biosphärenteam besaß ganze Lagerhäuser, um die Farm einzurichten, die Wasser-Aufbereiter, den Mechanismus für Gasaustausch - eigentlich seine ganze Infrastruktur. Die medizinische Abteilung hatte weitere Lagerhäuser für klinischen Bedarf und Forschungslabors und die Einrichtung für genetische Technik. »Du weißt, was das ist«, sagte Nadia eines Abends zu Sax Russell, der sich in ihren Lagerbeständen umschaute. »Es ist eine ganze Stadt, zerlegt und in Teilen umherliegend.«
    »Und sogar eine sehr wohlhabende Stadt. Mit erstklassigen Fakultäten für verschiedene Wissensgebiete.«
    »Aber noch in Einzelteilen.«
    »Ja. Aber mir gefällt sie so irgendwie.«
     
    Bei Sonnenuntergang war es Vorschrift, in die Habitate zurückzukehren. In der Dämmerung stolperten die Leute dann zur Schleuse und hinein und verzehrten auf den Betten sitzend noch eine kalte Mahlzeit. Dabei horchten sie auf die Gespräche, die sich meistens um die Arbeit des nächsten Tages drehten und die Einteilung der Aufgaben für den nächsten Morgen. Frank und Maya sollten das besorgen, aber in Wirklichkeit geschah das spontan, in einer Art von improvisiertem Austausch. Hiroko war dabei besonders gut. Das war eine Überraschung, wenn man bedachte, wie zurückgezogen sie bei der Ausreise gewesen war. Aber jetzt, wo sie Hilfe von außerhalb ihres Teams brauchte, verbrachte sie den größten Teil des Abends damit, daß sie vom einen zum anderen ging, so zielstrebig und überzeugend, daß sie jeden Morgen gewöhnlich eine ansehnliche Gruppe auf der Farm bei der Arbeit hatte. Nadia konnte das nicht recht verstehen. Sie hatte fünf Jahre lang dehydrierte Kost und Dosenkost gegessen, die ihr zusagte, und sie hatte sich überhaupt kaum je für

Weitere Kostenlose Bücher