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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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brachen ab, als Jackie ihre Hand von der seinen frei machte und anfing, ihren Handschuh auszuziehen. Nirgal tat dasselbe und rollte den Stoff hoch, bis Handgelenk und Daumen frei waren. Der Handschuh löste sich von seinen Fingerspitzen und fiel herunter. Er rechnete, daß es etwa 278 K wären, frisch, aber nicht besonders kalt. Und dann wehte ihn ein Schwall warmer Luft an und danach von heißer Luft, vielleicht 315 K, der schnell vorbeiging. Es folgte wieder die kühlere Luft, der seine Hand zuerst ausgesetzt gewesen war. Während er seinen anderen Handschuh herunterzog, wurde ihm klar, daß hier überall diese hohe Temperatur herrschte, aber bei jedem Windstoß etwas anders war.
    Jackie hatte schon ihre Jacke vom Helm getrennt und den Reißverschluß vorn ganz geöffnet. Und während Nirgal jetzt zusah, zog sie sie aus und entblößte ihren Oberkörper. Die Luft traf sie, und eine Gänsehaut lief über ihren Körper. Sie beugte sich vor, um ihre Stiefel auszuziehen, und ihr Lufttank lag in der Höhlung ihres Rückgrats. Die Rippen traten unter ihrer Haut hervor. Nirgal ging zu ihr und zog ihr von hinten die Hose herunter. Sie griff nach hinten, zog ihn an sich und drückte ihn auf den Boden. Sie fielen beide eng umschlungen hin und drehten sich schnell, um auf die isolierenden Unterlagen zu kommen. Der Boden war sehr kalt. Sie legten ihre Kleidung ab, und sie lag auf dem Rücken mit dem Lufttank über ihrer rechten Schulter. Er lag auf ihr. In der kühlen Luft war ihr Körper erstaunlich warm. Er strahlte Hitze aus wie Lava. Wärmewellen trafen ihn von unten und von der Seite. Ihr rosiger, muskulöser Körper umklammerte ihn fest mit Armen und Beinen, im Sonnenlicht aufregend greifbar. Sie drückten die Visierscheiben aneinander.
    Ihre Helme stießen heftig Luft aus, um die undichten Stellen an Schultern, Rumpf und Schlüsselbein auszugleichen.
    Sie schauten sich einige Zeit in die Augen, getrennt durch eine doppelte Glasschicht, welche das einzige zu sein schien, das ihr völliges Verschmelzen in ein einziges Wesen verhindern konnte. Die Empfindung war so stark, daß sie gefährlich wurde. Sie stießen immer wieder mit den Köpfen zusammen, um den Wunsch nach Verschmelzung auszudrücken. Aber sie wußten, daß sie sicher waren. Jackies Augen hatten einen seltsamen Rand zwischen Iris und Pupille. Deren kleine schwarze Fenster waren tiefer als jedes Mohole, eine Senke ins Zentrum des Universums. Nirgal mußte einfach wegschauen! Er richtete sich von ihr hoch, um ihren langen Körper zu betrachten, der, so überwältigend er war, dennoch weniger überwältigend war als die Tiefe ihrer Augen. Breite geschmeidige Schultern, ein ovaler Nabel, die so feminine Länge ihrer Schenkel... Er schloß die Augen. Es war wie ein Zwang. Und dann war er in ihr. Der Boden bebte unter ihnen in einer zarten, aber intensiven seismischen Verzückung. Dieser lebende Fels. Als Nirgals Nerven und Haut anfingen zu trommeln und singen, wandte er den Kopf, um auf die fließende Lava zu blicken. Und dann fügte sich alles zusammen.
     
    Sie verließen den Rayleigh-Vulkan und fuhren zurück in die Dunkelheit der Nebelkapuze. In der zweiten Nacht, nachdem sie Rayleigh verlassen hatten, näherten sie sich Gamete. In dem dunklen Grau einer besonders tiefen Mittagsdämmerung kamen sie heran und unter den großen Überhang aus Eis. Plötzlich beugte Jackie sich mit einem Schrei vor, schaltete den Autopiloten aus und trat voll die Bremse durch.
    Nirgal hatte vor sich hin gedöst, wurde unsanft wach, als er gegen das Lenkrad stieß, und schaute hinaus, um zu sehen, was da los war.
    Die Klippe, wo die Garage gewesen war, war zertrümmert. Ein großer Eissturz war von der Klippe abgebrochen und hatte die Stelle verschüttet, wo die Garage gewesen war. Das Eis zuoberst war sehr inhomogen, wie durch eine Explosion. Jackie schrie: »Oh, sie haben es in die Luft gejagt! Sie haben sie alle getötet!«
    Nirgal war, als hätte man ihm einen Schlag in den Magen versetzt. Er wunderte sich, welchen physischen Schock Furcht auslösen konnte. Sein Geist war taub. Er schien nichts zu fühlen - weder Angst noch Verzweiflung, nichts. Er griff hinüber und drückte Jackies Schulter - sie zitterte - und starrte besorgt durch den dichten wehenden Nebel.
    »Dort ist der Notausgang«, sagte er. »Man hat sie bestimmt nicht kalt erwischt.« Der Tunnel führte durch einen Arm der Polkappe zu Chasma Australe, wo es in der Eiswand eine Zuflucht gab. »Aber ...«, sagte Jackie

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