Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
Teile seiner inneren Sprache, die völlig aus alten Klischees bestanden. Sie kamen ohne Zweifel daher, was Michel als >übererlernte< Aktivitäten in seiner Vergangenheit bezeichnete, die seinen Geist so durchsetzt hatten, daß sie den Schaden überlebten. Wenn man dann durch diese bequemen Formulierungen hindurchschnitt, als ob sie von einer völlig getrennten Sprache stammten, gab es die neuen Vorstellungen und die neuen Phrasen, die danach tasteten, sie auszudrücken. Synaptische Energien. Aktuelle Sprache aus beiden Bereichen war stets erwünscht. Die Heiterkeit der Normalität. Wie sehr hatte er sie für garantiert gehalten! Michel kam jeden Tag vorbei, um zu reden, und half ihm, sein neues Gehirn aufzubauen. Michel hegte einige sehr alarmierende Ansichten für einen Mann der Wissenschaft. Die vier Elemente, die vier Temperamente, alchemistische Formulierungen aller Art, philosophische Standpunkte, die als Wissenschaft glänzten...
»Hast du mich nicht einmal gefragt, ob ich Blei in Gold verwandeln könnte?«
»Ich glaube nicht.«
»Warum verbringst du so viel Zeit darauf, mit mir zu sprechen, Michel?«
»Ich spreche gern mit dir, Sax. Du sagst jeden Tag etwas Neues.«
»Ich werfe Dinge gern mit meiner linken Hand.«
»Das habe ich gesehen. Vielleicht wird aus dir einmal ein Linkser. Oder ein Beidhänder; denn dein linkes Gehirn ist so stark. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es viel zurückbleiben wird, ungeachtet der Verletzung.«
»Der Mars sieht aus wie eine Kugel alter Planetesimale mit einem Eisenkern.«
Desmond flog Sax zu dem Sanktuarium der Roten im Wallace-Krater, wo Peter sich oft aufhielt. Und da war er auch. Peter, Sohn des Mars, groß, schnell und kräftig, freundlich, wenn auch unpersönlich, distanziert, von seiner Arbeit und seinem Leben absorbiert. Ähnlich wie Simon. Sax sagte ihm, was er tun wollte und weshalb. Er stolperte immer noch gelegentlich beim Sprechen. Aber es war so viel besser als zuvor, daß es ihn kaum störte, wenn es vorkam. Immer vorwärts! Wie das Reden in einer fremden Sprache. Für ihn waren jetzt alle Sprachen fremd. Außer sein eigenes Idiom von Formen. Aber das war keine Erschwerung. Im Gegenteil ein Trost, daß es so gut ging. Daß sich der Nebel vor den Namen lichtete, daß Verbindungen zwischen Geist und Mund wiederhergestellt waren. Selbst auf eine neue und riskante Art. Eine Chance zu lernen. Manchmal gefiel ihm der neue Weg. Die Realität eines Menschen konnte in der Tat von seinem wissenschaftlichen Paradigma abhängen; aber am meisten hing sie von der Struktur seines Gehirns ab. Wenn man die veränderte, konnten die Paradigmen auch folgen. Man kann Fortschritt nicht bekämpfen, auch nicht progressive Differenzierung. »Verstehst du?«
»O ja, ich verstehe«, sagte Peter mit breitem Grinsen.
»Ich halte das für eine sehr gute Idee. Sehr wichtig. Ich werde ein paar Tage brauchen, um das Flugzeug herzurichten.«
Ann kam in der Zufluchtsstätte an. Sie sah erschöpft und alt aus. Sie begrüßte Sax kurz. Ihre Abneigung war so stark wie je. Sax wußte nicht, was er ihr sagen sollte. War das ein neues Problem?
Er beschloß zu warten, bis Peter mit ihr gesprochen hätte, und zu sehen, ob das einen Unterschied machte. Er wartete. Inzwischen belästigte ihn niemand, wenn er nicht sprach. Überall Vorteile.
Ann kam von einem Gespräch mit Peter zurück, um mit den anderen Roten an ihrer kleinen Tafel zu speisen, und sah ihn tatsächlich neugierig an. Sie schaute über die Köpfe der anderen zu ihm her, als ob sie eine neue Klippe auf der Landschaft des Mars beobachtete, unverwandt und sachlich. Beurteilend. Eine Zustandsänderung in einem dynamischen System ist ein Datenpunkt, der für eine Theorie spricht. Unterstützend oder verwirrend. Was bist du? Warum tust du dies?
Er begegnete ihrem Blick ruhig und versuchte, ihn zu erwidern und zurückzugeben. Ja, ich bin immer noch Sax. Ich habe mich verändert. Warum hast du dich nicht verändert? Warum schaust du mich so an? Ich habe eine Verletzung erlitten. Das todgeweihte Individuum gibt es nicht mehr, nicht ganz. Ich habe eine experimentelle Behandlung erfahren, ich fühle mich wohl, ich bin nicht der Mann, den du gekannt hast. Und warum hast du dich nicht verändert?
Wenn genügend Daten die Theorie stören, könnte die Theorie falsch sein. Wenn die Theorie fundamental ist, müßte man das Paradigma wechseln.
Sie setzte sich hin, um zu essen. Es war zweifelhaft, ob sie seinen Geist in solchem Detail
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