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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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berühmt; aber niemand bei der NASA oder anderswo in Washington konnte behaupten, ihn gut zu kennen. Die fanatischen Überstunden dienten wieder als Maske, hinter welcher der idealistische Sozialarbeiter der Golfküste endgültig verschwand.
     
    Eine Störung vorn am Wagen veranlaßte Maya aufzublicken. Die Japaner standen auf, holten Gepäck herunter; und es wurde jetzt klar, daß sie Eingeborene von Burroughs waren. Die meisten waren ungefähr zwei Meter groß, gesellige junge Leute mit beim Lachen blitzenden Zähnen und einheitlich glänzendem schwarzen Haar. Schwerkraft, Diät, was es auch sein mochte, die auf dem Mars geborenen Menschen wurden groß. Diese japanische Gruppe erinnerte Maya an die Ektogenen in Zygote, jene seltsamen Kinder, die wie Unkraut gewachsen waren ... Jetzt über den Planeten verstreut. Diese ganze kleine Welt war dahin wie alle anderen vor ihr.
    Maya zog eine Grimasse und ließ ihr Lesegerät impulsiv auf die Abbildungen zu dem Artikel vorlaufen. Dort fand sie ein Foto von Frank im Alter von dreiundzwanzig Jahren, zu Beginn seiner Arbeit im NSC. Ein dunkelhaariger junger Mann mit einem entschlossenen, zuversichtlichen Lächeln, der in die Welt schaute, als wäre er bereit, ihr etwas zu verkünden, das sie nicht wüßte. So jung und so klug. Auf den ersten Blick dachte Maya, es wäre die Unschuld der Jugend, so wissend auszusehen: Aber das Gesicht sah in Wirklichkeit nicht unschuldig aus. Er hatte keine unschuldige Kindheit gehabt. Aber er war ein Kämpfer, hatte seine Methode gefunden und war erfolgreich. Eine Macht, die nicht geschlagen werden konnte. Das ungefähr schien das Lächeln zu sagen.
    Aber wenn man der Welt einen Tritt gibt, bricht man sich das Bein. So pflegte man in Kamtschatka zu sagen.
    Der Zug bremste und glitt zu einem sanften Halt. Sie waren im Bahnhof von Fournier, wo die Nebenstrecke von Sabishii mit der Hauptpiste von Burroughs nach Hellas zusammentraf.
    Die Japaner von Burroughs verließen im Gänsemarsch den Wagen, und Maya schaltete ihr Lektionar aus und folgte. Die Station war nur eine kleine Kuppel südlich vom Krater Fournier. Das Innere war einfach, eine T-förmige Kuppel. Leute strömten dutzendweise in Gruppen oder einzeln über die drei Etagen des Innern, die meisten in schlichten Arbeitsjumpern, viele aber auch in Geschäftsanzügen oder Uniformen der Metanationalen oder auch in salopper Kleidung, die in diesen Tagen aus weiten Pantalons, Blusen und Mokassins bestand.
    Maya fand den Anblick so vieler Leute etwas beängstigend und bewegte sich unbeholfen an den Reihen der Kioske und den dicht besetzten Cafes vor den Fahrbahnen entlang. Niemand erwiderte den Blick einer solchen kalten verwitterten Androgyne. Sie fühlte den künstlichen Luftzug auf ihrer Kopfhaut und stellte sich vorn an, um den nächsten Zug nach Süden zu bekommen. In Gedanken sah sie immer wieder das Foto aus dem Buch vor sich. War er wirklich einmal so jung gewesen?
    Um ein Uhr kam der Zug von Norden her an. Sicherheitswächter kamen aus einem Raum neben den Cafes; und unter deren gelangweilten Blicken legte sie das Handgelenk auf ein tragbares Kontrollgerät und stieg ein. Eine neue Prozedur, aber einfach. Aber als sie ihren Platz gefunden hatte, raste ihr Herz. Offenbar hatten die von Sabishii mit Hilfe der Schweizer das neue Sicherheitssystem der Übergangsbehörde geschlagen. Aber sie hatte immer noch Grund zur Besorgnis. Sie war Maya Toitovna, eine der berühmtesten Frauen in der Geschichte dieser Welt und eine der gesuchtesten Kriminellen auf dem Mars, während die Passagiere auf ihren Plätzen zu ihr aufschauten, als sie nur mit einem blauen Blauwolljumper auf dem nackten Körper zwischen ihren Reihen hindurchschritt.
    Nackt, aber unsichtbar wegen Häßlichkeit. Und die Wahrheit war, daß mindestens die Hälfte der Insassen des Waggons ebenso alt aussahen wie die Marsveteranen, die wie siebzig aussahen und doppelt so alt hätten sein können, runzlig, mit grauem Haar, kahl werdend, strahlengeschädigt und mit dunklen Brillen, verteilt unter all den frischen jungen Eingeborenen wie Herbstblätter zwischen Immergrün. Und da unter ihnen jemand, der wie Spencer Jackson aussah. Als sie ihr Gepäck auf das Regal über sich warf, blickte sie auf den dritten Sitz vor ihr. Der kahle Schädel des Mannes sagte ihr wenig, aber sie war sich ziemlich sicher, daß er es war. Pech! Im allgemeinen versuchten die Ersten Hundert (die Ersten Neununddreißig) niemals zusammen zu reisen. Aber es kam

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