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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Vordergrund ocker-, olivgrün- und khakifarben war und dann fern am Horizont ein Gewirr von schmutzigem Weiß zeigte, das wie ein zerbrochener Spiegel glitzerte. Das war der Gletscher von Low Point. Er war noch größtenteils gefroren, taute aber in jedem Jahr mehr auf, mit Schmelztümpeln an der Oberfläche und tieferen Teichen weit unten. Diese Teiche wimmelten von Leben und brachen gelegentlich an die Oberfläche durch oder sogar auf das benachbarte Land; denn dieser Eiszipfel wuchs schnell an. Man pumpte Wasser aus Reservoiren unter dem umgebenden Gebirge auf den Boden des Beckens. Die starke Depression im nordwestlichen Teil des Beckens, wo Low Point und das Mohole gewesen waren, war das Zentrum des neuen Meeres, das über tausend Kilometer lang und über Low Point bis zu dreihundert Kilometer breit war. Und es lag an der tiefsten Stelle des Mars. Eine vielversprechende Situation, wie Maya schon bei ihrer Landung sofort behauptet hatte.
    Die Stadt Odessa war auf dem Nordhang des Beckens angelegt auf der Höhe von -1 km, wo man den Wasserspiegel des Meeres stabilisieren wollte. Es war also ein Hafen, der auf Wasser wartete. Zu diesem Zweck war der Südrand der Stadt auch eine lange Strandpromenade oder Corniche, eine breite begrünte Esplanade, die innerhalb der Kuppel verlief, die in der Ecke von einer hohen Wassermauer geschützt war, die jetzt noch auf kahlem Boden stand. Der Anblick der Wassermauer machte, als der Zug jetzt näher kam, den Eindruck einer halben Stadt, von der ein südlicher Teil abgesplittert und verschwunden war.
    Dann rollte der Zug in den Bahnhof der Stadt, und die Aussicht wurde abgeschnitten. Der Zug hielt, und Maya holte ihre Tasche herunter und stieg hinter Spencer aus. Sie sahen sich nicht an. Als sie aber aus dem Bahnhof heraus waren, gingen sie mit einer losen Schar von Leuten zu einer Haltestelle der Straßenbahn und stiegen in den gleichen blauen Wagen, der hinter dem Park der Strandpromenade entlangfuhr, welche an die Wassermauer grenzte. Nahe dem Westende der Stadt stiegen sie beide bei der gleichen Haltestelle aus.
    Dort, hinter und über einem Freiluftmarkt mit Schatten spendenden Platanen, lag ein dreistöckiger Apartmentkomplex in einem ummauerten Hof mit jungen Zypressen an den Seitenwänden. Jedes Stockwerk des Gebäudes war hinter dem unteren zurückgesetzt, so daß die beiden oberen Etagen Balkons hatten, die mit Bäumen in Töpfen und Blumenkästen an den Geländern geschmückt waren. Als Maya die Treppe zum Tor des Hofes emporstieg, erinnerte sie die Architektur des Hauses irgendwie an Nadias eingegrabene Kaskaden. Aber hier, wo die Nachmittagssonne hinter dem Markt stand, sah es mit weiß gekalkten Wänden und blauen Läden aus wie am Mittelmeer oder dem Schwarzen Meer - keineswegs einigen modischen Apartmentblocks mit Meeresblick in Odessa unähnlich. Am Tor wandte sie sich um und blickte über die Platanen des Marktes hinweg. Die Sonne ging über dem Hellespontus-Gebirge im Westen unter; und draußen auf dem fernen Eis schimmerten Sonnenreflexe so gelb wie Butter.
    Maya folgte Spencer durch den Garten und in das Haus, meldete sich nach ihm beim Pförtner an und ging in das ihr zugewiesene Apartment. Das ganze Gebäude gehörte Praxis, und einige Apartments galten als sicher, einschließlich des ihrigen und ohne Zweifel Spencers. Sie stiegen zusammen in den Aufzug und fuhren zum dritten Stock, ohne zu sprechen. Mayas Apartment war von dem Spencers vier Türen entfernt. Sie trat ein. Zwei geräumige Zimmer, eines mit einer Kochecke, ein Bad und ein leerer Balkon. Vom Küchenfenster aus konnte man den Balkon und das ferne Eis überblicken.
    Sie legte ihre Tasche aufs Bett und ging wieder nach draußen zum Markt, um etwas zum Essen zu holen. Sie kaufte von Händlern mit Karren und Sonnenschirmen, setzte sich auf eine Bank auf dem Gras am Rande der Strandpromenade, aß Souvlakia und trank Retsina aus einer kleinen Flasche, während sie die Menge beobachtete, die lässig ihren Abendspaziergang machte. Die nächste Ecke des vereisten Sees schien etwa vierzig Kilometer entfernt zu sein, und jetzt lag alles bis auf den östlichsten Teil des Eises im Schatten von Hellespontus, der von Dunkelblau nach Osten in das Rosa des Alpenglühens überging.
    Spencer nahm neben ihr auf der Bank Platz und bemerkte: »Ein schöner Anblick.«
    Sie nickte und aß weiter. Sie bot ihm die Retsinaflasche an, und er sagte: »Nein, danke«, und wies auf sein halb verzehrtes Tamale. Sie nickte und

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