Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
wichtigen Wasserlager entdeckt zu haben, und die Bemühungen verschoben sich völlig auf bergmännische Arbeiten und Rohrbau. Die Schweizer hatten kürzlich etwas erfunden, das sie eine gehende Pipeline nannten, eigens für die Arbeit in Hellas gemacht und oben auf Vastitas Borealis installiert. Diese verrückten Apparate rollten durch die Gegend und verteilten das Grundwasser gleichmäßig über das Land, so daß man den Boden des Beckens erfassen konnte, ohne direkt am Ende fester Pipelines Berge von Eis zu erzeugen, wie man es zuvor zu tun pflegte.
Maya zog mit Diana los, um eines dieser Rohre in Tätigkeit zu sehen. Aus einem darüber schwebenden Luftschiff sah es fast aus wie ein auf dem Boden liegender Gartenschlauch, der sich unter dem hohen Druck des herauschießenden Wassers hin und her schlängelte.
Unten auf dem Boden war es noch eindrucksvoller und sogar bizarr. Die Pipeline war riesig groß und rollte majestätisch über Schichten aus glattem Eis, das schon abgelagert war. Auf flachen Pylonen, die in mächtigen Ponton-Skis endeten, wurde das Rohr einige Meter über dem Eis gehalten und bewegte sich mit mehreren Kilometern in der Stunde, gestoßen durch den aus seiner Düse schießenden Wasserstrahl, die in verschiedene, durch Computer bestimmte Richtungen zeigte. Wenn die Pipeline bis zum Ende ihres Bogens geglitten war, drehten Motoren die Düse; und die Pipeline wurde langsamer, hielt an und kehrte die Richtung um.
Das Wasser schoß in einem dicken weißen Strahl aus der Düse, der einen Boden bildete und in einem Sprühregen aus rotem Staub und weißen Reifschwaden auf die Oberfläche schlug. Dann floß das Wasser über den Grund in großen schlammigen schleifenförmigen Güssen, wurde langsam, setzte sich flach ab, wurde weiß und wandelte sich langsam zu Eis. Das war allerdings kein reines Eis; sondern Nährstoffe und verschiedene Stämme von Eisbakterien waren dem Wasser aus großen Bioreservoiren hinzugefügt worden, die hinten an der Küstenlinie lagen. Darum hatte das neue Eis eine milchig rosige Färbung und schmolz schneller als reines Eis. Ausgedehnte Schmelzteiche, praktisch seichte Seen von vielen Quadratkilometern Fläche, waren in diesem Sommer ein tägliches Ereignis und auch an sonnigen Tagen im Frühling und Herbst. Die Hydrologen meldeten auch große Schmelzteiche unter der Oberfläche. Und als die Temperaturen weltweit zu steigen begannen und die Eisablagerungen im Becken dicker wurden, schmolzen die Bodenschichten anscheinend unter dem Druck. So glitten große Eisschollen über diese Schmelzzonen auch die sanftesten Hänge hinunter und sammelten sich in großen Haufen über allen besonders tief gelegenen Punkten des Beckenbodens in Gebieten, die phantastische Ödländer aus Druckgraten, Eiszacken und Schmelztümpeln waren, die jede Nacht einfroren, und Eisblöcken wie umgestürzte Wolkenkratzer. Diese großen instabilen Eishaufen verschoben sich und zerbrachen, wenn sie in der Wärme des Tages schmolzen, mit donnernden Explosionsschlägen, die man in Odessa und jeder anderen am Rang gelegenen Stadt hörte. Dann froren die Haufen in jeder Nacht mit dröhnendem Krachen wieder ein, bis an vielen Stellen auf dem Boden des Beckens ein unvorstellbares Trümmerchaos herrschte.
Über solche Flächen zu fahren war unmöglich, und der einzige Weg, die Vorgänge auf dem größten Teil des Beckens zu beobachten, war aus der Luft. In einer Woche im Herbst M-48 beschloß Maya, mit Diana, Rachel und einigen anderen einen Ausflug zu der kleinen Siedlung auf der Anhöhe im Zentrum des Beckens zu unternehmen. Man nannte sie schon Insel Minus Eins, obwohl sie noch nicht ganz eine Insel war, da die Zea Dorsa noch nicht überflutet waren. Aber es war nur eine Sache von Tagen, bis das letzte Stück davon bedeckt sein würde. Und Diana dachte, wie auch einige andere Hydrologen im Büro, es wäre eine gute Idee, hinauszugehen und das historische Ereignis zu beobachten.
Kurz vor dem geplanten Abreisetermin erschien Sax selbst in ihrem Apartment. Er war unterwegs von Sabishii nach Vishniac und war vorbeigekommen, um Michel zu besuchen. Maya freute sich, daß sie bald fort sein und deshalb während seiner Anwesenheit, die sicher kurz sein würde, nicht anwesend sein müßte. Es war ihr immer noch unangenehm, in seiner Nähe zu sein; und es war klar, daß das auf Gegenseitigkeit beruhte. Er vermied weiter, ihrem Blick zu begegnen, und redete mit Michel und Spencer. Niemals ein Wort für sie!
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