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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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gingen sie wieder in den Beobachtungsraum im obersten Stockwerk, und unter einer glitzernden Schüssel von Sternen wandte sich die Schar von Biotique der Musik zu. Es war das, was man Nuevo Calypso nannte, der Hit des Tages in Burroughs. Verschiedene Mitglieder der Gruppe holten Instrumente heraus und spielten, während andere sich in die Mitte des Raums begaben, um zu tanzen. Die Musik lief mit etwa hundert Taktschlägen pro Minute, schätzte Sax. Ein perfektes biologisches Zeitmaß, um die Herzen ein wenig anzuregen. Das Geheimnis der meisten Tanzmusik, nahm er an.
    Und dann war Phyllis an seiner Seite, griff nach seiner Hand und zog ihn zwischen die Tänzer. Sax beherrschte sich, ihre Hand nicht wegzustoßen, und war sicher, daß seine Reaktion auf ihre lächelnde Aufforderung bestenfalls kümmerlich war. Er hatte nie im Leben getanzt, soweit er sich erinnern konnte. Aber so war nun einmal sein Leben. Stephen Lindholm hatte sicher viel getanzt. Also fing Sax an, sanft auf und ab zu hüpfen im Takt der Baßstahltrommel. Er schwenkte die Arme unsicher an der Seite und lächelte Phyllis an in einer verzweifelten Nachahmung lässigen Vergnügens.
    Später an diesem Abend tanzten die jüngeren Biotiqueleute immer noch, und Sax nahm den Aufzug nach unten, um einige Tuben mit Eismilch aus der Küche zu holen. »Hier, hilf mir damit!« sagte Phyllis und nahm zwei der Plastikbeutel, die ihm an den Fingern baumelten. Als sie sich dann hinunterbeugte (sie war einige Zentimeter größer als er), küßte sie ihn voll auf den Mund. Er küßte zurück; aber es war so ein Schock, daß er nicht richtig zur Empfindung kam, als sie sich abwandte. Dann war die Erinnerung an ihre Zunge zwischen seinen Lippen wie ein zweiter Kuß. Er versuchte, nicht sehr verwirrt auszusehen; aber aus der Art ihres Lachens erkannte er, daß er versagt hatte. »Ich sehe, du bist gar nicht der Ladykiller, nach dem du aussiehst«, sagte sie. Das alarmierte ihn bei der gegebenen Situation noch mehr. Tatsächlich hatte ihm noch nie jemand so etwas angetan. Er versuchte, sich zusammenzunehmen, aber der Aufzug bremste, und die Türen öffneten sich zischend.
    Während des Desserts und des Restes der Party näherte sich Phyllis ihm nicht wieder. Als aber der Zeitrutsch begann, ging er zu den Aufzügen, um wieder in sein Zimmer zu gelangen. Und als sich die Türen zu schließen begannen, schlüpfte Phyllis durch sie herein und küßte ihn wieder, als der Aufzug zu sinken anfing. Er legte die Arme um sie und küßte zurück, wobei er sich vorzustellen suchte, was Lindholm in einer solchen Lage tun würde und ob es irgendeinen Ausweg gäbe, der nicht zu Schwierigkeiten führte. Als der Aufzug bremste, lehnte Phyllis sich mit einem träumerischen unscharfen Blick an ihn und sagte: »Komm, bring mich in mein Zimmer!« Sax drehte sich etwas, ergriff ihren Arm wie ein empfindliches Laborgerät und ließ sich zu ihrem Zimmer führen, einer winzigen Kammer wie alle Schlafräume. In der Tür stehend, küßten sie sich wieder, obwohl Sax das sichere Gefühl hatte, daß dies seine letzte Chance zur Flucht war, elegant oder nicht. Aber er merkte, daß er ihre Küsse leidenschaftlich erwiderte. Und als sie sich zurückzog und murmelte: »Du könntest ebensogut hereinkommen«, folgte er ohne Widerrede. Tatsächlich hatte sich sein Penis schon halb versteift in seinem blinden Griff nach den Sternen, und alle seine Chromosomen brummten laut, die dummen Biester, bei seiner Chance zur Unsterblichkeit.
    Es war lange her, daß er mit jemand außer Hiroko verkehrt hatte; und diese Kontakte, obwohl freundlich und angenehm, waren nicht leidenschaftlich, sondern mehr eine Verlängerung ihres Badens. Hingegen war Phyllis, die an ihren Kleidern hantierte, während sie sich küssend auf ihr Bett fielen, deutlich erregt. Und diese Erregung übertrug sich auf Sax durch eine Art unmittelbarer Berührung. Seine Erektion sprang ihm prompt frei aus der Hose, als Phyllis sie an seinen Beinen herunterzog, wie zu einer Demonstration der eigenwilligen Gen-Theorie; und er konnte nur lachen und an dem langen Taillenreißverschluß ihres Pullovers ziehen. Lindholm müßte frei von allen Bedenken gewiß durch die Begegnung aufgereizt sein. Also galt das jetzt auch für ihn. Außerdem kannte er Phyllis, auch wenn er sie nicht besonders mochte. Da war das alte Band der Ersten Hundert, die Erinnerung an jene gemeinsamen Jahre in Underhill - es lag etwas Provokatives in der Vorstellung, mit einer Frau

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