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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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blinzelten bei dieser albernen Bemerkung. Aber sie führte ihn in die Gruppe hinein und diente so ihrem Zweck.
    Nach einiger Zeit gingen sie in den Speisesaal hinunter, um Pasta und Tomatensoße zu verzehren und dazu frisch gebackenes Brot. Sax blieb am Haupttisch, aß und redete so viel wie die anderen und tat sein Bestes, den schwer definierbaren Regeln gesellschaftlicher Konversation nachzukommen. Er hatte diese nie gut verstanden, und um so schlechter, je mehr er darüber nachdachte. Er wußte, daß man ihn immer für exzentrisch gehalten hatte. Er hatte die Geschichte gehört von den hundert transgenen Ratten, die sein Gehirn übernommen hätten. - Es war ein seltsamer Moment gewesen, als er im Dunkeln vor der Labortür gestanden hatte und hörte, wie diese Geschichte mit großem Vergnügen weitererzählt wurde von einer Generation Promovierter zur nächsten. Er hatte dabei das seltene Unbehagen empfunden, sich als jemand anderen zu sehen, der höchst drollig war.
    Aber jetzt Lindholm. Er war ein sympathischer Bursche. Er wußte, wie man zurechtkam. Jemand, der sich an einer Flasche guten kalifornischen Weins beteiligen und seinen Teil dazu beitragen konnte, daß eine Dinnerparty zu einem Fest wurde. Jemand, der intuitiv die geheimen Algorithmen guter Kameradschaft verstand, so daß er das System bedienen konnte, ohne überhaupt daran zu denken.
    Also rieb Sax sich den Rücken seiner neuen Nase und trank den Wein, der wirklich sein parasympathetisches Nervensystem so weit hemmte, daß er weniger verklemmt und mehr genießbar wurde. Er plauderte sehr erfolgreich, wie er meinte, dahin, obwohl er mehrfach dadurch alarmiert wurde, wie er von Phyllis ins Gespräch gezogen wurde, die ihm am Tisch gegenübersaß - und die Art, wie sie ihn anschaute und wie er zurückblickte! Auch für so etwas gab es Protokolle; aber die hatte er nie im geringsten begriffen. Jetzt erinnerte er sich daran, wie Jessica sich im Cafe Owen an ihn gelehnt hatte. Er trank noch ein halbes Glas, lächelte, nickte und dachte unbehaglich über sexuelle Anziehung und deren Ursachen nach.
    Jemand stellte Phyllis die unvermeidliche Frage, wie sie von Clarke entkommen wäre. Und als sie mit der Geschichte anfing, schaute sie oft Sax an, als ob sie ihm versichern wollte, daß sie das hauptsächlich für ihn erzählen würde. Er paßte höflich auf und widerstand einem Drang zu schielen, was sein Unbehagen hätte verraten können.
    Phyllis sagte zu dem, der ihr die Frage gestellt hatte: »Es gab keinerlei Warnung. In der einen Minute umkreisten wir den Mars am oberen Ende des Aufzuges und waren erschüttert über das,- was auf der Oberfläche geschah, bemüht, nach unseren besten Kräften eine Möglichkeit zu finden, der Unruhe ein Ende zu setzen; und in der nächsten Minute gab es einen Stoß wie ein Erdbeben, und wir waren unterwegs hinaus aus dem Sonnensystem.« Sie lächelte und machte eine Pause während des folgenden Gelächters. Sax merkte, daß sie diese Geschichte schon oft genau so erzählt hatte.
    Jemand sagte: »Sie müssen einen Schrecken bekommen haben.«
    »Nun«, meinte Phyllis, »es ist seltsam, daß in einer Notlage gar keine Zeit für so etwas vorhanden ist. Sobald wir erkannten, was passiert war, wußten wir, daß jede Sekunde, die wir auf Clarke blieben, unsere Überlebenschancen um Hunderte von Kilometern verminderte. Also kamen wir im Befehlszentrum zusammen, zählten die Köpfe und besprachen alles und machten Inventur von allem, was uns zur Verfügung stand. Das war hektisch, aber nicht panisch, wenn ihr versteht, was ich meine. Jedenfalls stellte sich heraus, daß im Hangar die übliche Anzahl von Erde-Mars-Frachtern waren; und die Computerrechnung, daß wir den Schub von allen diesen brauchen würden, um uns wieder so rechtzeitig in die Ebene der Ekliptik zu bringen, daß wir das Jupitersystem kreuzen würden. Unsere Bahn führte ebensosehr nach außen wie nach oben, aber in die allgemeine Richtung auf Jupiter. Das war ein Segen. So war es jedenfalls, als es verrückt wurde. Wir mußten alle Frachter aus den Hangars bringen, neben Clarke fliegen, miteinander verbinden und mit allem beladen, was sie von Luft, Treibstoff und so weiter von Clarke fassen konnten. Und wir waren in diesem improvisierten Rettungsboot nur dreißig Stunden nach dem Start unterwegs, was heute, wenn ich daran zurückdenke, fast unglaublich ist. Diese dreißig Stunden ... «
    Sie schüttelte den Kopf, und Sax sah, daß in ihre Erzählung plötzlich eine

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