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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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wieder ihrer Arbeit zu. Sax sagte: »Gut, ich nehme an, daß einige Fellfields recht bald zu alpinen Wiesen werden könnten.«
    »Oh, das sind sie schon«, sagte"Claire.
    »Wirklich?«
    »Nun ja, sie sind noch klein. Aber wenn du die Westkante etwa drei Kilometer hinunterkletterst - hast du das schon einmal getan? -, wirst du sehen. Alpine Wiesen und auch Krummholz. Das ist gar nicht so schwer gewesen. Wir haben Bäume gepflanzt, ohne sie auch nur sehr zu verändern, weil es sich zeigte, daß viele Arten von Fichten und Kiefern viel tiefere Temperaturtoleranzen haben, als sie in ihren Habitaten auf der Erde gebraucht hätten.«
    »Das ist seltsam.«
    »Ein Überbleibsel aus der Eiszeit, nehme ich an. Aber jetzt kommt es uns gerade recht.«
    »Interessant«, sagte Sax.
    Und er verbrachte den Rest des Tages damit, daß er in die Mikroskope starrte, ohne etwas zu sehen, in Gedanken verloren. Das Leben ist so viel Geist, pflegte Hiroko zu sagen. Es war eine ganz eigenartige Angelegenheit, die Vitalität lebender Dinge, ihre Tendenz zur Fortpflanzung, was Hiroko ihre grüne Woge nannte, ihre Viriditas. Ein Streben nach einem Muster, das ihn sehr neugierig machte.
     
    Bei der Morgendämmerung des nächsten Tages wachte er im Bett von Phyllis auf, die sich in die Laken neben ihm gewickelt hatte. Nach dem Dinner hatte sich die ganze Gesellschaft wie gewöhnlich in den Beobachtungsraum zurückgezogen; und Sax hatte das Gespräch mit Claire, Jessica und Berkina fortgesetzt. Jessica war sehr freundlich zu ihm gewesen, wie es ihre Art war. Phyllis hatte das gesehen und war ihm mit dem Aufzug in die Baderäume gefolgt. Sie hatte ihn mit jener verführerischen Umarmung überfallen, und dann waren sie schließlich in das Stockwerk der Schlafräume und zu ihrem Zimmer gegangen. Und obwohl es Sax nicht gefallen hatte zu verschwinden, ohne den anderen gute Nacht zu sagen, gab er ihrem Drängen nach, und sie liebten sich bis zur Erschöpfung.
    Als er sie jetzt ansah, erinnerte er sich mit Mißmut ihres überhasteten Aufbruchs. Es genügte die elementarste Soziobiologie, um so ein Verhalten zu erklären. Wettbewerb um Partner, eine sehr fundamentale animalische Aktivität. Natürlich war Sax noch nie vorher das Subjekt einer solchen Konkurrenz gewesen, aber es gab nichts, auf das er bei dieser plötzlichen Manifestation stolz sein konnte. Es geschah ganz sicher wegen Vlads kosmetischer Chirurgie, die seinem Gesicht ein anziehendes Aussehen verliehen hatte. Obwohl es ihm völlig unklar war, warum die eine Anordnung von Gesichtszügen attraktiver sein sollte als die andere. Er hatte über soziobiologische Erklärungen sexueller Attraktivität gehört, und er konnte sich vorstellen, daß manche davon eine gewisse Gültigkeit haben mochten. Ein Mann würde sich nach einem Weib mit breiten Hüften umsehen, damit es seine Kinder sicher zur Welt bringen konnte, mit beachtlichen Brüsten, um seine Kinder zu stillen, mit langen Beinen, um diese in Sicherheit zu bringen, wenn Gefahr drohte, und so weiter. Eine Frau würde sich nach einem starken Mann umsehen, um ihre Kinder gut zu ernähren und zu schützen und starken Kindern ein Vater zu sein, und so weiter und so fort. Das ergibt irgendwie Sinn. Aber nichts davon hat etwas mit Gesichtszügen zu tun. Für diese werden soziobiologische Erklärungen recht dünn. Weit auseinanderstehende Augen für besseres Sehvermögen? Gute Zähne zur Förderung der Gesundheit? Eine ausgeprägte Nase, um nicht so leicht einen Schnupfen zu bekommen? - Nein! So einfach war das nicht. Es war eine Sache zufälliger Konfigurationen, von etwas, das das Auge anspricht. Ein ästhetisches Urteil, in dem kleine nichtfunktionale Merkmale einen großen Unterschied ausmachen können, was darauf hinweist, daß praktische Anliegen keine Rolle spielen. Ein solcher Fall war ein Paar Zwillingsschwestern, die sich sehr ähnlich sahen; und dennoch war die eine unauffällig gewesen, die andere hingegen schön. Nein, es ging um Millimeter Fleisch und Knochen und Knorpel, die zufällig in Muster paßten, die gefielen oder nicht.
    Nun hatte Vlad also einige Veränderungen an seinem Gesicht vorgenommen, und jetzt wetteiferten Frauen um seine Aufmerksamkeit, obwohl er die gleiche Person war wie schon immer. Eine Person, an der Phyllis nie zuvor Interesse gezeigt hatte, als er so ausgesehen hatte, wie die Natur ihn geschaffen hatte. Es war schwer, deshalb nicht ein wenig zynisch zu sein. Begehrt zu werden - aber wegen Trivialitäten

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