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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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meinen, jetzt jede Sekunde kleine rote Männer zu sehen.«
    Der Mann lachte bei diesem Gedanken und schickte sich an, in den nächsten Wagen weiterzugehen.
    Nirgal rief: »He! Warten Sie!«
    Aber der Mann sagte nur kurz über die Schulter: »Nein, nein. Ich wollte mich nicht aufdrängen. Das ist sowieso alles, was ich weiß. Vielleicht sollten Sie sich in Sheerness nach ihr umsehen.«
    Und dann fuhr der Zug pfeifend in den Bahnhof Klein Scheidegg ein. Der Mann sprang im nächsten Waggon aus einer sich öffnenden Tür; und als Nirgal sich daran machte, ihm zu folgen, kamen andere Leute dazwischen, und seine Begleiter erklärten ihm, daß er direkt nach Grindelwald hinunterfahren müßte, wenn er an diesem Abend noch heimkommen wollte. Dagegen war nichts zu sagen, aber beim Blick aus dem Fenster, als sie aus der Station rollten, sah er den Briten, der ihn angesprochen hatte, munter auf einem Pfad in das unten liegende dunkle Tal marschieren.

N irgal landete auf einem großen Flughafen in Südengland und wurde in nordöstlicher Richtung zu einer Stadt gefahren, die die Begleiter Faversham nannten und hinter der die Straßen und Brücken überschwemmt waren. Er hatte es so eingerichtet, daß er unangemeldet ankam; und seine Eskorte hier war ein Polizeiteam, das ihn mehr an Sicherheitseinheiten der UNTA zu Hause erinnerte als an sein Schweizer Gefolge. Es waren acht Männer und zwei Frauen, schweigend, umsichtig, selbstsicher. Als sie hörten, was er vorhatte, hatten sie nach Hiroko forschen wollen, indem sie Leute aufstöberten, um sie nach ihr zu fragen. Nirgal war sicher, daß sie dadurch in ein Versteck getrieben würde, und er bestand darauf, ohne großes Getös nach ihr zu suchen. Schließlich konnte er sie überreden.
    Sie fuhren in einer grauen Morgendämmerung zu einer neuen Meeresküste hinunter, die unmittelbar zwischen die Häuser vorgedrungen war. An manchen Stellen waren Reihen aufgestapelter Sandsäcke zwischen durchnäßten Mauern zu sehen, anderswo waren die Straßen bloß so weit das Auge reichte feucht mit dunklem Wasser. Hie und da waren einige Planken über Schlamm und Pfützen gelegt.
    Auf der anderen Seite einer Reihe von Sandsäcken konnte man braunes Wasser ohne Gebäude erkennen. Einige Ruderboote waren an einem Gitter befestigt, das ein halb von schmutziger Gischt überspültes Fenster schützte. Nirgal folgte einem seiner Begleiter in ein großes Ruderboot und begrüßte einen hageren Mann mit rotem Gesicht, der eine dreckige Mütze tief in die Stirn gezogen hatte. Offenbar eine Art Wasserpolizist. Der Mann drückte schlapp seine Hand, und dann waren sie fort, über trübes Wasser rudernd. Drei weitere Boote waren hinter ihnen, in denen der Rest von Nirgals besorgt aussehenden Wächtern saß. Nirgals Ruderer sagte etwas; und Nirgal mußte ihn bitten, es zu wiederholen. Es hatte sich angehört, als ob der Mann nur eine halbe Zunge besäße. »Ist das Cockney, Ihr Dialekt?«
    »Cockney«, bestätigte der Mann lachend.
    Auch Nirgal lachte und zuckte die Achseln. Das war ein Wort, an das er sich aus einem Buch erinnerte. Er wußte nicht, was es eigentlich bedeutete. Er hatte schon tausend verschiedene Arten von Englisch gehört; aber das hier war wohl ein echter Dialekt, und er konnte ihn kaum verstehen. Der Mann redete langsamer, was die Sache jedoch nicht besser machte. Er schilderte die Nachbarschaft, von der sie sich mit einzelnen Ruderschlägen langsam entfernten und zeigte, daß die Häuser fast bis zu den Dächern überschwemmt waren. Er sagte ein paarmal »Brents« und zeigte mit dem Ruder-Ende Richtung Land.
    Sie kamen zu einem Schwimmdock, das an etwas festgebunden war, das wie ein Verkehrszeichen aussah, und dessen Aufschrift >OARE< lautete. An dem Dock waren mehrere größere Boote angebunden oder schaukelten in der Nähe an Ankertauen. Der Wasserpolizist ruderte zu einem dieser Boote und zeigte auf die an seiner Seite angeschweißte rostige Leiter. »Da geht's rauf!«
    Nirgal kletterte die Seite des Bootes hoch. Auf Deck stand ein Mann, der so klein war, daß er hochlangen mußte, um Nirgal die Hand zu schütteln, was er mit einem zermalmenden Griff tat. Er sagte: »Sie sind also ein Marsianer«, mit einer Stimme, die wie die des Ruderers tönte, aber viel leichter zu verstehen war. »Willkommen an Bord unseres kleinen Forschungsschiffs!
    Wie ich höre, sind Sie gekommen, um nach der alten asiatischen Lady zu suchen?«
    »Ja«, erwiderte Nirgal mit beschleunigtem Pulsschlag. »Sie ist

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