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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Japanerin.«
    »Hmm.« Der Mann runzelte die Stirn. »Ich habe sie nur einmal gesehen, hätte aber schwören können, daß sie asiatisch ist. Vielleicht Bangladeshi. Die gibt es seit der Flut überall. Aber wer weiß?«
    Vier von Nirgals Begleitern stiegen an Bord, und der Bootseigentümer drückte auf den Knopf, der den Motor startete. Dann drehte er im Ruderhaus das Steuerrad und sah zu, wie das Heck des Bootes ins Wasser drückte. Das Boot vibrierte, und sie entfernten sich von der überschwemmten Gebäudereihe. Der Himmel war mit tiefhängenden bauchigen Wolken bedeckt. Himmel und Meer zeigten sich in einem bräunlichen Grau.
    »Wir werden über den Kai fahren«, sagte der kleine Kapitän.
    Nirgal nickte. »Wie lautet Ihr Name?«
    »Bly. B-L-Y.«
    »Ich bin Nirgal.«
    Der Mann nickte einmal.
    »Hier waren also die Docks?« fragte Nirgal »Das hier war Faversham. Da draußen waren die Marschen: Harn, Mägden. Größtenteils Marschland bis hin zur Insel Sheppey. War auch The Swale. Mehr Sumpf als Fluß, versteh'n Sie? Wenn man jetzt an einem windigen Tag hier rausfährt, is' es wie die Nordsee selbst. Und Sheppey ist nur noch dieser kleine Hügel, den Sie da draußen sehen; 'ne richtige Insel.«
    »Und dort haben Sie...?« Er wußte nicht, wie er sie nennen sollte.
    »Ihre asiatische Oma ist mit der Fähre von Vlissingen nach Sheerness gekommen, auf der anderen Seite der Insel. Sheerness und Minster haben heutzutage die Themse als Straße, und bei Flut haben sie sie auch als Dach. Wir sind jetzt über Mägden Marsh. Wir werden Shell Ness umfahren. Swale ist zu klumpig.«
    Das schlammfarbene Wasser um sie herum schwappte hierhin und dahin. Es war von langen, gebogenen Streifen gelblichen Schaums gesäumt. Am Horizont wurde das Wasser grau. Bly drehte das Steuerrad, und sie planschten über kurze steile Wellen. Das Boot schaukelte und bewegte sich im ganzen auf und ab, auf und ab. Nirgal hatte nie in einem gesessen. Über ihnen hing das Grau. Zwischen den Bäuchen der Wolken und dem bockigen Wasser war nur ein schmaler Keil von Luft. Das Boot hüpfte wie ein Korken hin und her. Eine flüssige Welt.
    »Es ist jetzt ein gutes Stück kürzer als früher«, sagte Kapitän Bly vom Ruder her. »Wenn das Wasser klarer wäre, könnte man Sayes Court unter uns sehen.«
    »Wie tief ist es?« fragte Nirgal.
    »Hängt von den Gezeiten ab. Die ganze Insel war vor der Flut ungefähr ein Zoll über Meeresniveau. Darum ist es jetzt genauso tief, wieviel sich der Meeresspiegel gehoben hat. Was sagen sie jetzt? Fünfundzwanzig Fuß? Jedenfalls mehr, als dies alte Mädchen braucht. Es hat nur geringen Tiefgang.«
    Er drehte das Rad nach links, und die Wellen trafen das Boot von der Seite, so daß es in raschen, ungleichmäßigen Stößen rollte. Er zeigte auf einen Pegel. »Da, fünf Meter. Typisch Marsch. Sehen Sie den Kartoffelfleck, das rauhe Wasser dort? Das wird bei hoher Tide raufkommen und sieht aus wie ein im Schlamm ertrunkener Riese.«
    »Wie ist jetzt der Gezeitenstand?«
    »Fast voll. In einer halben Stunde kehrt sie um.«
    »Es ist schwer zu glauben, daß der Mond den Ozean so viel herumzerren kann.«
    »Was, glauben Sie etwa nicht an Schwerkraft?«
    »O doch. Sie erdrückt mich ja beinahe. Es ist nur schwer zu glauben, daß etwas, das so weit entfernt ist, so stark ziehen kann.«
    »Hmm«, machte der Kapitän und blickte in eine Nebelbank, die die Sicht nach vorn blockierte. »Ich sagen Ihnen, was schwer zu glauben ist, nämlich daß ein paar Eisberge so viel Wasser verdrängen können, daß alle Weltmeere dermaßen angestiegen sind.«
    »Das ist wirklich schwer zu glauben.«
    »Es ist erstaunlich. Aber auf dem Beweis dafür schwimmen wir hier gerade. Ah, der Nebel kommt.«
    »Haben Sie schlechteres Wetter als früher?«
    Der Kapitän lachte. »Ich würde sagen, das hieße, Absolutes zu vergleichen.«
    Der Nebel zog in langen Schleiern an ihnen vorbei, und die bockigen Wellen dampften und zischten. Plötzlich fühlte Nirgal sich glücklich, trotz des Unbehagens in seinem Magen während der negativen Beschleunigung in jedem Wellental. Er war auf einer Wasserwelt zu Schiff, und die Helligkeit war endlich erträglich. Das erste Mal, seit er auf der Erde angekommen war, konnte er aufhören zu blinzeln.
    Der Kapitän drehte wieder sein großes Rad, und sie fuhren mit den Wellen direkt hinter ihnen Richtung Nordwesten in die Mündung der Themse. Zur Linken tauchte eine braun-grünliche Leiste, mit Häusern an ihrem Abhang,

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