Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
ich bauen. Peter Tempe Terra - der Fels im Land der Zeit. Der neue Mensen, der homo martialis. Der sie verraten hatte. Denk dran!
Sie fuhr weiter nach Süden, den Hang des Tharsis- Buckels hinauf, bis der Kegel von Ascraeus in Sicht kam. Ein Gebirgskontinent, der den Horizont markierte. Pavonis war wegen seiner äquatorialen Lage und des kleinen Vorteils, den ihm das Aufzugskabel gab, überschwemmt und zu groß geworden. Aber Ascraeus, nur fünfhundert Kilometer nordöstlich von Pavonis, war in Ruhe gelassen worden. Niemand wohnte dort. Nur ab und zu ein paar Areologen, um seine Lava und pyroklastischen Aschenflüsse zu studieren, die beide das Rot fast schwarz färbten.
Sie fuhr auf die niedrigeren Hänge zu, die sanft gewunden in der Sonne lagen. Ascraeus war wegen der Albedo einer der klassischen Namen gewesen, da er so groß war, daß man ihn leicht von der Erde aus sehen konnte. Ascraeus Lacus. Das war während der Kanalmanie gewesen, und darum hatten man ihn für einen See gehalten. Pavonis hatte man Phoenicus Lacus, Phönix-See, genannt. Ascra war, wie sie gelesen hatte, die Geburtsstätte von Hesiod gewesen, »gelegen rechts von Mount Helicon auf einer hohen und rauhen Stelle«. Obwohl man ihn also für einen See gehalten hatte, wurde er nach einem Berg benannt. Vielleicht hatten sie im Unterbewußtsein die teleskopischen Bilder letztlich doch richtig verstanden. Ascraeus war im allgemeinen ein poetischer Name für das Hirtengedicht. Helicon war der Berg in Böotien, der dem Apollo und seinen Musen gewidmet war. Hesiod hatte einstmals von seinem Pflug aufgeschaut und das Gefühl gehabt, eine Geschichte erzählen zu müssen. Seltsam ist die Geburt von Mythen, seltsam sind die alten Namen, die lange gelebt hatten und vergessen wurden, während man die alten Geschichten immer wieder erzählte.
Er war der steilste der vier großen Vulkane; aber es gab keine ihn umgebende Böschung wie bei Olympus Mons. Darum konnte Ann den Rover in einen kleinen Gang schalten und hochjagen, als ob sie in Zeitlupe in den Weltraum starten wollte. Sie lehnte sich zurück und machte ein Nickerchen. Den Kopf auf der Kopfstütze, entspannen. Aufwachen bei Ankunft in 27 Kilometern über Meereshöhe, der gleichen Höhe, die die anderen drei Großen hatten. Das war so hoch, wie ein Berg auf dem Mars im Grunde werden konnte. Es war die isostatische Grenze, an der die Lithosphäre unter dem Gewicht des aufgetürmten Gesteins abzusacken begann. Die vier Großen hatten das Maximum erschöpft. Sie hatten nicht höher werden können. Ein Zeichen ihrer Größe und ihres hohen Alters.
Sehr alt, gewiß, aber gleichzeitig war die Oberflächenlava von Ascraeus eine der jüngsten vulkanischen Gesteinsanhäufungen auf dem Mars und durch Wind und Sonne nur leicht verwittert. Bei ihrer Abkühlung waren die Lavamassen langsamer heruntergeglitten und hatten flache krumme Buckel gebildet, an denen sie hochstiegen oder vorbeiflossen. Eine alte Piste von Roverspuren zog sich im Zickzack den Hang hinauf und vermied die steilen Abschnitte am Boden dieser Flüsse, und nutzte statt dessen ein großes Netz von Rampen und Rückstaustellen. Überall, wo ständig Schatten herrschte, hatten sich anfängliche Nebelschwaden zu Bänken aus schmutzigem dichtgepacktem Schnee abgesetzt. Die Schatten zeigten jetzt ein zartes geschwärztes Weiß, als ob sie durch ein fotografisches Negativ führe. Ihre Stimmung sank unerklärbar, während sie immer höher hinaufkam. Hinter sich konnte sie immer mehr von der konischen Nordflanke des Vulkans erkennen und dahinter im Norden Tharsis bis hin zum Echus-Wall, einer niedrigen Linie in mehr als hundert Kilometern Entfernung. Vieles von dem, was sie sehen konnte, war fleckig durch Schneedriften, Windtafeln und Firn. Weiß gesprenkelt. Die schattigen Seiten von Vulkankegeln waren oft schwer vereist.
Dort auf einer Steinfläche hell smaragdenes Moos. Alles wurde grün.
Aber als sie Tag für Tag weiter und schließlich über alle Vorstellung aufstieg, wurden die Schneeflecken dünner und seltener. Schließlich befand sie sich zwanzig Kilometer über der Bezugshöhe - über Meeresniveau - fast siebzigtausend Fuß über dem Eis! Mehr als doppelt so hoch wie der Everest über den Ozeanen der Erde. Und immer noch ragte der Kegel des Vulkans über ihr auf, noch volle siebentausend Meter mehr! Direkt hinauf in den dunkler werdenden Himmel, direkt in den Weltraum.
Weit unten breitete sich eine glatte flache Wolkenschicht aus und
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