Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
Fremde, die immer noch sein Handgelenk umklammert hielt, als ob sie die Hand wegschleudern wollte. »Aber jetzt bist du einfach hier, um mich zu besuchen.«
»Ja. Ich wollte...« - er suchte krampfhaft nach einem Schluß dieses Satzes - »...reden! Ja, dir - einige Fragen stellen. Ich habe Schwierigkeiten mit meinem Gedächtnis. Ich fragte mich, ob wir hier miteinander sprechen könnten. Marschieren oder...« - er schluckte - »oder klettern. Könntest du mir etwas von der Caldera zeigen?«
Sie lächelte. Wieder war es eine andere Ann. »Du kannst mit mir klettern, wenn du willst.«
»Ich bin kein Kletterer.«
»Wir werden auf einer leichten Route aufsteigen. Wangs Gully hinauf und über den großen Kreis zum Nordkreis. Ich wollte ohnehin dort hinauf, solange es noch Sommer ist.«
»Es ist jetzt Ls 200. Aber ich finde, das klingt gut.« Sein Herz machte ungefähr 150 Schläge in der Minute.
Es stellte sich heraus, daß Ann alle benötigte Ausrüstung hatte. Als sie sich am nächsten Morgen anzogen, sagte sie zu ihm: »Hier, nimm das ab!« Sie zeigte auf sein Armbandgerät.
»Oje, ist das nicht ein Teil des Anzugsystems?« Das war es und Sax war nicht begeistert; aber sie schüttelte den Kopf. »Der Anzug ist autonom.«
»Halbautonom, hoffe ich.«
Sie lächelte. »Ja. Aber es ist kein Armbandgerät nötig. Schau - dies Ding verbindet dich mit der ganzen Welt. Es ist deine Handfessel zur Raumzeit. Heute wollen wir bloß in Wangs Gully gehen. Das wird genügen.«
Es war genug. Wangs Gully war eine breite verwitterte Rinne, die durch steilere Klippen nach oben eingeschnitten war wie ein gigantischer defekter Abzugskanal. Den größten Teil des Tages folgte Sax Ann durch engere Rinnen innerhalb dieser großen. Er krabbelte hüfthohe Stufen hinauf und benutzte die meiste Zeit seine Hände, aber selten mit dem Gefühl, daß ihn ein Sturz töten würde oder mehr als einen verrenkten Knöchel einbringen könnte. »Das ist nicht so gefährlich, wie ich gedacht hatte«, sagte er. »Ist das die Art von Kletterei, die du auch sonst immer machst?«
»Das hier ist überhaupt kein Klettern.«
»Ah.«
Also stieg sie normalerweise steilere Hänge empor.
Schon jetzt mit Sax ging sie Risiken ein, die eigentlich unverantwortlich waren.
Und in der Tat, am Nachmittag kamen sie zu einer kurzen Wand, die von horizontalen Rissen durchzogen war. Ann machte sich daran, sie ohne Seile oder Haken hochzuklettern. Sax folgte zähneknirschend. Nahe der höchsten Stelle eines für Geckos geeigneten Anstiegs, die Stiefelspitzen und Finger in Handschuhen in kleine Spalten gepreßt, sah er hinunter auf Wangs Gully, der plötzlich im ganzen viel steiler wirkte als in jedem Abschnitt davor. Alle seine Muskeln zitterten plötzlich vor Erschöpfung und Erregung. Es gab nichts anderes, als ganz hinaufzuklettern. Aber er mußte immer wieder diese riskante Position einnehmen, während er sich beeilte, nach oben zu kommen. Die Griffe wurden gerade dann noch glatter, wenn er unbedingt schneller werden mußte, um ihr auf den Fersen zu bleiben. Der Basalt war leicht genarbt. Sein dunkles Grau war in Rost und Siena getönt. Er sah gebannt auf eine Spalte mehr als einen Meter über seiner Augenhöhe. Er würde diese Spalte benutzen müssen. War sie tief genug, daß seine Finger überhaupt einen Angriffspunkt fanden? Er mußte es riskieren. Sicher sein konnte er nicht. Also holte er tief Luft, langte hoch und probierte es. Und es zeigte sich, daß sie durchaus nicht tief genug war. Aber mit einem raschen Ruck, unfreiwillig bei der Anstrengung stöhnend, war er oben und daran vorbei. Er benutzte Griffe, die er bewußt nicht einmal sehen konnte. Und dann langte er schweratmend auf Händen und Knien dicht bei Ann an. Sie saß heiter auf einer schmalen Felsleiste.
»Versuche, deine Beine mehr zu benutzen!« schlug sie vor.
»Aha.«
»Es hat deine Aufmerksamkeit beansprucht, nicht wahr?«
»Ja.«
»Keine Gedächtnisprobleme, hoffe ich?«
»Nein.«
»Das ist es, was mir am Klettern gefällt.«
Später an diesem Tage, als das Gully etwas hinter ihnen lag und sich öffnete, sagte Sax: »Hast du also auch Gedächtnisprobleme gehabt?«
Ann sagte: »Laß uns darüber später reden. Achte auf diese Spalte hier!«
»O ja.«
In dieser Nacht lagen sie in Schlafsäcken in einem Pilzzelt, das groß genug für sie beide war. Auf dieser Höhe mit ihrer superdünnen Atmosphäre war es eindrucksvoll, die Stärke des Zeltstoffs zu bedenken, der 450 Millibar
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